48. Ravenclaw- Durchblick

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Der Samstag lief rasend schnell an Elenora vorbei, und ebenso der meiste Teil des Sonntags. Wie ein Wochenende hatte sich diese Zeit sowieso nicht angefühlt, bei dem Berg an Arbeit, den die neue Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste erwartet hatte. Elenora hatte sich seit dem Frühstück nicht von ihrem Stuhl hinter dem Schreibtisch bewegt und schrieb fleißig Notizen in ihr Unterrichtsmanuskript. Mit einem Mal schwang die Tür zu ihrem Büro auf und Aria Eastwood kam fröhlich pfeifend hereingerauscht. „El, du sitzt doch nicht etwa immer noch an diesem einen Manuskript?", fragte die Professorin für Verwandlung und starrte ihre Freundin ungläubig an. Diese rümpfte unzufrieden die Nase und pustete sich eine Haarlocke aus dem Gesicht. „Doch, leider.", antwortete sie dann und Aria schüttelte den Kopf. „Himmel, was gibt es daran noch zu feilen? Ich bin sicher, es ist bereits perfekt! Komm doch lieber mit raus! Es ist wunderschönes Wetter für eine Runde um den See!" Ohne auf eine Antwort zu warten, schnappte Aria sich Elenoras Mantel und warf ihr ihn entgegen. Widerwillig stand Elenora auf und warf einen letzten wehleidigen Blick auf ihren Arbeitsplatz, dann ließ sie sich von ihrer Freundin aus dem Zimmer ziehen. Die Ravenclaw hatte Recht, ein wenig frische Luft würde nicht schaden, und so konnte Elenora wenigstens kurz den Kopf freibekommen. Aria steuerte in Richtung des Lehrerzimmers, mit der Erklärung: „Ich habe meinen Mantel dort, lass uns noch kurz reinschauen." Die beiden Frauen betraten zusammen das Lehrerzimmer, wo zu Elenoras Unwillen schon Aaron ó Racghnail mit Poppy Pomfrey am Tisch saß und Tee trank. „Guten Tag, die Damen! Auch eine Tasse?", fragte der Rothaarige und grinste seine Kolleginnen breit an. Elenora verdrehte innerlich die Augen und bevor Aria etwas erwidern konnte, sagte sie schnell: „Nein danke, wir sind schon anderweitig beschäftigt." Mit einem gekünstelten Lächeln schnappte sie sich Arias Mantel, zog ihre Freundin dann am Arm rückwärts aus dem Lehrerzimmer und ließ einen verdatterten ó Racghnail zurück. „Was sollte das denn?", wollte Aria wissen, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war. Elenora drückte ihr den Mantel in die Hand und erklärte: „Ich kann ihn zurzeit einfach nicht sehen." Verwundert sah die Ravenclaw ihre Gryffindor-Freundin an und wollte wissen: „Was hast du denn gegen Aaron? Meiner Meinung nach ist er sehr nett, zu jedem. Sogar Snape hat er schon rumgekriegt!" „Severus! Wirklich?", forschte Elenora nach, aber Aria nickte bestätigend. „Ich habe sie letztens dabei beobachtet, wie sie sich über den Nutzen irgendeiner Seepflanze unterhalten haben. Ganze 20 Minuten lang!" „Mhm.", gab Elenora nur von sich und knöpfte ihren Mantel zu, als die beiden Freundinnen das Gebäude verließen. Aria hakte sich bei ihr ein und so spazierten sie am Seeufer entlang, die wärmenden Sonnenstrahlen genießend. „Also, was ist jetzt mit ó Racghnail? Habt ihr euch etwa schon gezankt?" „Nein, gar nicht, er ist einfach nur so..." Elenora suchte vergebens nach dem richtigen Wort, um den Hufflepuff zu beschreiben. „Ach, ich weiß doch auch nicht. Die ganze Sache mit dem Fachwechsel macht mich fertig, und dank seiner frühen Anreise muss ich jetzt auch noch den Babysitter spielen!" Genervt stieß sie die Luft aus und bemerkte nur am Rande, wie sich ihre Augenbrauen zusammenzogen. Von Arias Seite folgte zunächst nur ein nachdenklicher Blick, dann meinte die Professorin: „Hör mal, ich glaube, ich weiß, was dich so wurmt." Sie pausierte kurz, dann fing sie an zu erklären: „Du bist in letzter Zeit allgemein leicht genervt und sehr energisch, El. Der verfrühte Fachwechsel und die ganze aufgekommene Arbeit stressen dich immens, das ist kein Geheimnis. Noch dazu musstest du deine alten Klassen ganz unerwartet abgeben, sodass du kaum Zeit hattest, dich an die neue Situation zu gewöhnen. Da Aaron dich ersetzen wird und überhaupt Teil dieser ganzen Aktion ist, lässt du jetzt deinen ganzen Frust an ihm aus. Du musst aber bedenken, dass er nichts dafürkann und wir eigentlich froh sein sollten, dass er so kurzfristig Zeit für die Stelle hatte.", beendete Aria ihre Erklärung und sah Elenora erwartungsvoll an. Der Gryffindor wurde schlagartig bewusst, dass ihre Freundin in jedem Punkt Recht hatte, das zeigte allein schon ihre barsche Reaktion auf Ethan Isaacs letzten Freitag. Sie hatte sich wirklich unfair gegenüber dem Neuling verhalten, obwohl er stets höflich zu ihr gewesen war. Diese Erkenntnis traf sie so unerwartet, als hätte jemand einen Eimer Eiswasser über ihr ausgekippt. „Du hast Recht.", murmelte sie und starrte auf die glitzernde Wasseroberfläche des schwarzen Sees. Die junge Frau musste lächeln, als sie zu Aria sagte: „Du kennst mich mittlerweile zu gut, was? Deine analytische Begutachtung war sehr präzise." Aria grinste. „Was soll ich sagen, ich bin eben eine Ravenclaw." Beide Frauen verfielen in ein einstimmiges Lachen und Elenora schmiegte sich kurz dankbar an ihre Freundin. „Ich sollte mich später bei ihm entschuldigen, meinst du nicht?" „Ja, wäre vielleicht keine schlechte Idee.", antwortete Aria und so setzen die beiden ihren Spaziergang um den See herum fort. „Wie läuft es eigentlich so mit der Hochzeitsplanung?", wechselte Elenora das Thema. Diese Frage zauberte Aria ein Lächeln aufs Gesicht. Erst vor kurzem hatte die Lehrerin für Verwandlung einen Heiratsantrag von ihrem jetzigen Verlobten bekommen, dem sie natürlich mit Freuden zugestimmt hatte. „Oh, ganz wunderbar! Joseph hat schon ein wunderschönes Plätzchen für die Feier gefunden, ganz in der Nähe von Romford!", erzählte die Ravenclaw begeistert. Elenora grinste und gab hinzu: „Sag Bescheid, wenn du Hilfe beim Aussuchen des Hochzeitskleides brauchst!" Mit freudiger Überraschung rief Aria aus: „Würdest du das wirklich tun? Ich hatte sowieso vor, dich zu fragen, aber ich wollte dir nicht noch mehr Zeit stehlen..." „Ach, Unsinn! Wofür sind denn Freundinnen da?" „Oh, du bist die Beste!" Aria grinste glücklich bis über beide Ohren und Elenora wurde von ihrer Fröhlichkeit angesteckt. Lachend liefen die beiden über die grüne Wiese, die schon erste Krokusknospen offenbarte. Ein frischer Wind streifte Elenoras Wange und sie sog die Frühlingsluft tief in ihre Lungen. Dieser Spaziergang hatte wirklich gutgetan und deshalb war sie doch sehr froh, dass Aria sie aus ihrem Büro gezerrt hatte. Blieb nur noch die Sache mit ó Racghnail, um den letzten Punkt von ihrer heutigen Liste zu streichen. Die Freundinnen betraten den steinernen Innenhof von Hogwarts und liefen geradewegs auf die offene Doppeltür zu. „Lass uns nachsehen, ob Aaron noch im Lehrerzimmer sitzt, dann kannst du die Sache gleich hinter dich bringen", schlug die Ravenclaw vor und Elenora nickte. Während sie wieder ihren Mantel öffnete, machte sich ein Gefühl der leichten Nervosität in der jungen Frau breit. Ach was, du gehst da rein, entschuldigst dich, und die Sache ist vergessen, machte sie sich selbst Mut, als Aria die Tür zum Lehrerzimmer öffnete. Tatsächlich saßen Aaron und Poppy immer noch am Tisch und lachten über etwas, als ihre Kolleginnen in den Raum traten. „Oh, guten Tag, noch einmal.", begrüßte ó Racghnail sie. Aria stupste Elenora unauffällig an, die zögernd zwei Schritte auf den Professor zumachte. „Äh, könnte ich Sie kurz sprechen, Professor?" Der Hufflepuff sah sie erstaunt an und erhob sich. „Natürlich." Zusammen traten sie auf den Flur hinaus und Elenora knetete nervös ihre Hände. „Nun, ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen." „Wieso das?", fragte der große Mann, sichtlich verwirrt. Elenora fuhr fort: „Ich war nicht wirklich sehr nett zu Ihnen, seit Sie hier angekommen sind, und das tut mir leid. Es ist so, dieser Fachwechsel hat mich unglaublich gestresst, und da habe ich wohl unterbewusst meinen Frust an Ihnen ausgelassen... Verzeihung, Professor." Zu Elenoras Überraschung fing ihr Gegenüber nur an zu Lachen. „Ach, keine Sorge, das war halb so wild. Sehen Sie es als vergeben und vergessen an. Und bitte, nennen sie mich Aaron." Perplex sah die Gryffindor ihn mit großen Augen an. „Ich...danke Ihnen!" Ò Racghnail schmunzelte und erwiderte: „Sicher doch. Haben Sie jetzt Lust auf eine Tasse Tee?" „Sehr gerne!" 

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