37. Weihnachtsferien

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Die nächsten zwei Tage verbrachten die vier Freunde mit Spaziergängen durch Cliffsend, lustigen Zaubererschach-Runden und Eislaufen auf einem nahegelegenen Teich, der über die letzten Nächte zugefroren war. Für Elenora war diese Zeit wie ein heilender Segen, denn sie konnte zur Abwechslung mal ihre Seele baumeln lassen und an nichts anderes denken als an Weihnachtsplätzchen und Schachstrategien. Leider neigte sich ihr kleiner Urlaub schneller dem Ende zu als ihr lieb war und bald war der Tag der Abreise gekommen. Charlie und Elenora standen gerade im Flur und zogen sich ihre Reiseroben an, als Bill den Flur betrat, dicht gefolgt von seiner Frau, die zwei Päckchen in der Hand hielt. „Eure Weihnachtsgeschenke", sagte Fleur lächelnd und drückte ihren Gästen die Pakete in die Hand. Elenora riss die Augen auf. „Du meine Güte, das hätte ich beinahe vergessen!" Schnell kramte sie in ihrer Tasche nach den Geschenken für die anderen und verteilte sie. „Oh, und Bill, wärst du so freundlich und richtest deiner Mutter Grüße von mir und Minerva aus? Dem Rest der Familie natürlich auch." „Wird gemacht. Grüße zurück!", lächelte Bill. Nachdem Charlie und Elenora sich verabschiedet hatten, verließen sie das kleine Häuschen und traten hinaus auf die Straße. Alles war von einer dicken Schneeschicht verdeckt und so stapfte Elenora hinter ihrem Freund her, die Straße hinauf bis zum Ortsschild. Dort blieben sie stehen und Charlie zog eine kleine Uhr aus seiner Tasche. „Mein Portschlüssel sollte jede Minute auftauchen.", erklärte er und drehte sich dann zu Elenora um. „Ich wünsche dir und deiner Tante frohe Weihnachten!" „Ich euch auch." Die Gryffindor umarmte Charlie fest zum Abschied, als ein leises Blopp hinter den beiden ertönte. Der Portschlüssel in Form eines alten Schuhs war aufgetaucht und der junge Mann räusperte sich. „Also dann. Auf Wiedersehen, El." „Auf Wiedersehen!" Charlie trat einen Schritt auf den Schuh zu, berührte ihn mit der Hand und war innerhalb eines Wimpernschlages verschwunden. Zurück blieb Elenora, die sich jetzt selber auf das Apparieren zurück nach London vorbereitete. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich kurz, und als sie die Augen wieder öffnete stand sie erneut in der dunklen Seitengasse Londons, aus der sie vor drei Tagen abgereist war. Da in den Ferien allerdings keine Züge zurück nach Hogwarts fuhren, hatte sie jetzt gar keine andere Wahl, als sich zu porten. Zum Glück gab es in London einen dauerhaften Portschlüssel nach Hogwarts, der nur den Lehrern zur Benutzung zustand. Er befand sich unweit vom Bahnhof entfernt, weshalb Elenora sich jetzt zu Fuß auf den Weg dorthin machte. Der morgendliche Verkehr war schon in vollem Gange und die Fußgängerpassagen waren gefüllt von Pendlern, Anzugträgern und alten Frauen mit Einkaufstaschen. Elenoras Weg führte sie auf das Fabrikgelände gleich hinter dem Bahnhof, wo sie schnurstracks auf ein verlassendes Wärterhäuschen zulief. Die Wände waren vollgesprüht mit etwas Farbigem namens „Graffiti"; zumindest hatte ihr das Aria einmal erklärt. Ihre Kollegin war nämlich zur Hälfte Muggel und in London aufgewachsen, weshalb sie sich bestens mit den sonderbaren Muggelgewohnheiten auskannte. Die Tür zum Wärterhäuschen ließ sich nur schwer öffnen und drinnen war es schmutzig und dunkel. Einzig durch das kleine Fenster weiter oben drangen ein paar Sonnenstrahlen in den winzigen Raum, in dem auf den ersten Blick nur ein paar Kisten standen. War man jedoch ein paar Sekunden lang still, konnte man das leise Rauschen eines alten Radios vernehmen, das auf einem der Kistenstapel stand. Dieses Radio war der Portschlüssel, der einen direkt vor die Tore von Hogwarts brachte, vorausgesetzt, man konnte die Identifikationslinie überschreiten, die um den Kistenstapel gezogen war. Elenora machte einen Schritt über die schwach leuchtende Linie und schluckte ihre Nervosität herunter. Alte Erinnerungen von ihrem letzten Port kamen in ihr hoch, doch sie schüttelte sich kurz, nahm dann allen Mut zusammen und legte ihre Hand auf das Radio. Sofort wurde ihr Körper leicht und alles drehte sich rasend schnell, bis sie plötzlich anfing zu fallen. Instinktiv richtete Elenora ihren Körper gerade auf und konzentrierte sich darauf, das Gleichgewicht zu halten, sodass sie sanft auf dem Boden landete. Als das Schwindelgefühl weg war, fokussierte sie ihren Blick auf ihre Umgebung und hielt sich kurz an dem eisernen Tor fest, was vor ihr aufragte. Geschafft! dachte die junge Professorin erleichtert und richtete ihre Robe. Dann öffnete sie mit einem Schwung ihres Zauberstabs das Tor der Schule und trat ein. Die Bäume zu beiden Seiten der Allee waren schwer mit Schnee bedeckt und Elenora musste ab und zu ein paar Schneeladungen ausweichen, wenn die Äste unter dem Gewicht der weißen Masse nachgaben. Bald schon war das Schloss auf dem Berg zu sehen und Elenora lächelte selig. Dieser Anblick war immer wieder schön anzusehen, vor allem weil die neuen Fenster der Großen Halle in der Morgensonne glänzten. Die Gryffindor lief vorbei am Großen See und machte sich an den Aufstieg, als ihr Blick auf Hagrids Hütte fiel, aus dessen Schornstein wie immer kleine Rauchwolken in die kalte Luft aufstiegen. Ich glaube, ich statte meinen Schützlingen mal einen Besuch ab, überlegte Elenora und bog in Richtung der steinernen Hütte ab. Sachte klopfte sie an die schwere Hüttentür, hinter der natürlich sofort Gebell erklang. Sie ging auf und Hagrid steckte seinen Kopf heraus. „Ah, guten Morgen Professor! Schon zurück aus London?", rief er überrascht und machte einen Schritt zur Seite, damit Elenora eintreten konnte. „Ja, es war nur ein kurzer Urlaub", lächelte sie und wollte ihren Mantel öffnen, als ein schwarzer Schatten aus der Ecke hervorschoss und ihr entgegensprang. Es war Diablo, der sie fröhlich wiehernd begrüßte, dicht gefolgt von Geist, die ihr kleines Köpfchen an Elenoras Bein schmiegte. „Ohh, sie haben dich vermisst!", sagte Hagrid und strich Diablo auch kurz über den Kopf. Ungläubig begutachtete Elenora die beiden Thestral-Fohlen. „Sag mal, kann es sein, dass die beiden gewachsen sind?" Hagrid lachte und zuckte mit den Schultern. „Das kann gut sein, in dem Alter geht das schnell." „Aber ich war doch erst vor...weniger als zwei Wochen hier!", rief Elenora erstaunt und kraulte Geist die Ohren. „Sie werden so schnell groß" sagte Hagrid mit beinahe emotionaler Stimme und verschränkte die Hände. Elenora streichelte die beiden Jungtiere noch eine Weile, erhob sich dann und lief zurück zur Tür. „Ich sollte jetzt ins Schloss gehen, schließlich weiß noch keiner, dass ich wieder hier bin. Bis später!", erklärte sie und verabschiedete sich von Hagrid. Die junge Gryffindor setzte ihren Weg zum Schloss fort, während sie über die beiden Thestrale nachdachte. Wenn sie weiterhin so schnell wachsen sollten, könnte es bald an der Zeit sein, sie zurück in den verbotenen Wald zu bringen. Schließlich mussten sie Anschluss zu einer der dort ansässigen Herden finden, die ihnen dann hoffentlich das Jagen beibringen würde und wo sie gut aufgehoben waren. Elenora wusste, dass sie die beiden vermissen würde, denn sie waren ihr trotz ihres furchterregenden Aussehens doch ans Herz gewachsen. Die Professorin erreichte die Schulmauern und trat durch einen der Nebeneingänge in den Korridor, der zur Großen Halle führte. Sie beschloss, erst ihre Sachen zu verstauen und sich dann auf die Suche nach ihrer Tante zu machen, weshalb sie den gewohnten Weg zu ihren Gemächern entlanglief. „Ah, Professor McGonagall! Wie war Ihr Urlaub?" „Ausgezeichnet, Angus, vielen Dank!", antwortete Elenora dem Portrait neben ihrer Tür und trat dann in ihr Zimmer ein. Mit ein paar Bewegungen ihres Zauberstabes öffneten sich die Vorhänge und der Kamin entzündete sich, sodass nach wenigen Minuten wieder die gewohnte Wärme im Büro der Gryffindor herrschte. Diese hatte währenddessen ihr Freizeit-Outfit angezogen, was sie während der Schulzeit gerne an Wochenenden oder eben in den Ferien anstelle ihrer Lehrerrobe anzog. Elenora steckte die beige Bluse in den schwarzen Stiftrock, der ihr bis zu den Knien ging und drehte ihre Haare zu einem unordentlichen Dutt, dann verließ sie wieder ihre Gemächer. Zu dieser Tageszeit war Minerva entweder in ihrem Büro oder im Lehrerzimmer, sodass ihre Nichte beschloss, zuerst dort ihr Glück zu versuchen. Als sie sich dem Raum näherte, drangen schon mehrere Stimmen an ihr Ohr, dann schwang die Tür auf und Minerva kam zusammen mit Poppy aus der Tür gerauscht. „Wenn ich dir doch sage, dass du ihn genauso gut als Aushilfe gebrauchen könntest-" Ihre Tante brach ab, als sie ihre Nichte auf dem Gang erblickte. „Elenora, du bist ja wieder da!" Sie drückte ihrer Nichte kurz den Arm, und Poppy tat es ihr gleich. „Wie war's?" „Großartig, Cliffsend ist wirklich bezaubernd! Oh, Grüße von Bill und Fleur." Minerva lächelte und nickte dankend. „Das ist schön zu hören. Vielleicht sollten wir den Weasleys eine Weihnachtskarte schicken, was meinst du?" Die Direktorin zwinkerte und Elenora musste lächeln. Ihre Tante fügte noch hinzu: „Apropos Weihnachten, ich habe uns für die Feiertage einen Portschlüssel nach Forsinard besorgt, direkt zum Herrenhaus. Malcolm kommt übrigens auch." Elenoras Gesicht erhellte sich, als sie die guten Neuigkeiten hörte. Forsinard war ein winziges Dorf am Rande der schottischen Highlands, unweit dessen ihre Großmutter Isobel McGonagall wohnte. Wie jedes Jahr reisten Minerva und Elenora über die Feiertage dorthin, um gemeinsam mit ihr Weihnachten zu feiern. Malcolm, Minervas verbliebener Bruder, schaffte es leider nicht jedes Jahr mit seiner Familie aus Amerika herzukommen; vor allem während Voldemorts Schreckensherrschaft hatten sie eine Weile lang aus Sicherheitsgründen kompletten Kontaktabbruch gehabt. Aber dieses Jahr würde nach Ewigkeiten einmal wieder die ganze Familie McGonagall an Weihnachten zusammen sein. „Das sind wunderbare Neuigkeiten! Ich kanns kaum erwarten, die Anderen wiederzusehen!", freute sich die junge Frau und grinste glücklich bis über beide Ohren. Selbst die Aussicht, einen so weiten Port vor sich zu haben, konnte ihre Laune jetzt nicht trüben. 

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