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Der Tierarzt hatte mich noch nie so verachtend angesehen, wie an diesem Tag, als ich ihm sagte, dass Loaf es mit ihrem Bruder getrieben hatte und nicht sterilisiert war.

„Sie hat keine Nierendysfunktion jeglicher Art, oder?", fragte er und ich schüttelte den Kopf.

„Nein."

„Wie lange ist es her?"

„Es ist erst gestern passiert."

„Dann ersparen Sie sich wenigstens die Sauerei", meinte er und setzte die Spritze an einer Nackenfalte an. Loaf winselte und ich streckte beinahe automatisch meine Hand aus und streichelte ihr Köpfchen, damit sie wusste, dass ich da war. Hatte der kleine Köter wirklich Beschützerinstinkte in mir geweckt? Oder war ich einfach nur gut gelaunt, weil Juliana und ich noch den restlichen Abend miteinander verbracht und auf meiner Couch bis um elf Uhr rumgemacht hatten.

„Nebenwirkungen können Erbrechen sein, Müdigkeit, Appetitlosigkeit. Aber das sollte nicht anhalten. Falls Ihre Hündin schwanger ist, dann ist sie es in spätestens sieben Tagen nicht mehr. Sie können jederzeit zu mir kommen, sollten Komplikationen auftreten, aber ich rechne damit, dass alles gut läuft."

Ich nickte. „Danke, Doc."

Als ich auf dem Weg nach draußen war, begegnete ich im Warteraum der hübschen Assistenzärztin, die bei meinem Besuch mit dem weißen Kaninchen hier gewesen war. Sie lächelte, als sie mich sah. Falls ich je nach ihrem Namen gefragt hatte, dann hatte ich ihn wieder vergessen.

„Geht es deinem Hund gut?", fragte sie und ich nickte. Außer uns war nur eine ältere Dame mit zwei Labradoren hier, die in einem Magazin blätterte.

„Ja, sie war nur etwas übereifrig. Mit ihrem Bruder", antwortete ich.

Sie nickte verstehend. „Dann solltest du sie sterilisieren lassen, bevor so etwas noch einmal passiert. Diese Spritzen haben Nebenwirkungen und sind keine Dauerlösung."

Ich seufzte, rieb mir den Nacken und blickte auf Loaf hinab, die sich dicht an mein Bein drückte, den Schwanz eingezogen hatte und offensichtlich weg von hier wollte. Ich wollte auch nicht, dass so etwas noch einmal passierte, aber ich hatte kein Geld für eine Sterilisation. Aber ich konnte ihr doch nicht den Kontakt zu A.T. verbieten.

Ich nahm ihr die Leine ab, nahm sie auf den Arm und sie vergrub die Schnauze in meiner Armbeuge.

„Man sieht sich", sagte ich zu der Assistenzärztin und öffnete die Türe.

„Warte!", rief sie mir zu, warf der älteren Dame, die uns keine Beachtung schenkte, einen flüchtigen Blick zu und eilte zu mir. „Ich..." Sie biss sich auf die Lippe. „Mein Freund und ich haben uns getrennt."

Erst fragte ich mich, was ich mit dieser willkürlichen Information anfangen sollte. Dann erinnerte ich mich düster daran, ihr spaßeshalber gesagt zu haben, dass sie mir Bescheid geben sollte, sobald sie sich von ihrem Freund trennte.

Ich nickte langsam. „Okay."

Sie lächelte. „Hast du immer noch Lust, mit mir etwas trinken zu gehen?"

Vor ein paar Wochen hätte ich sofort zugesagt. Vielleicht sogar noch vor ein paar Tagen. Und versteht mich nicht falsch, sie war unfassbar hübsch mit diesen großen Unschuldsaugen und der kleinen Stupsnase und eine Verabredung mit ihr hätte bestimmt im Bett geendet, wenn ich ihren gierigen Blick richtig deutete.

Aber mir war nicht danach.

Mir war nach Juliana.

„Nein", sagte ich daher schlicht und versuchte bedauernd dreinzuschauen. „Tut mir leid."

Mit diesen Worten und der zitternden Loaf auf dem Arm verließ ich die Tierarztpraxis und ließ die verdatterte Arzthelferin stehen.

Der Stalker meiner VormieterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt