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Zuerst gingen wir alle zu McDonald's und die Kinder bekamen ihr Happy Meal. Und obwohl ich selber knapp bei Kasse war, zahlte ich für alle Kinokarten und Popcorn. Es hatte ein kindgerechter Film sein müssen, denn Cora war erst sieben und Cal zehn. Aber Sophie und ich flüsterten ohnehin den ganzen Film miteinander und ließen unseren Ärger über unsere Eltern raus.

Mom und Dad waren keinesfalls Rabeneltern. Sie liebten uns über alles und wollten nur das Beste für uns. Es hatte auch nie eine Situation in meinem Leben gegeben, in der ich sie gebraucht hätte und sie nicht für mich da gewesen wären. Sie hatten mich immer unterstützt und würden es auch immer tun. Nur vergaßen sie leider oft, dass ihre Streitereien untereinander gerade auf Cal und Cora abfärbten. Als ich noch Zuhause gewohnt hatte, war Cora oft zu Sophie und mir gekommen, wenn sie etwas gewollt hatte, weil sie einen Streit zwischen unseren Eltern hatten verhindern wollen.

Cal war da leider ein bisschen anders... Bevor er jedoch begonnen hatte, seinen Vorteil aus den Diskussionen unserer Eltern zu ziehen, hatte auch er oft hilfesuchend und unsicher zu Sophie und mir gesehen, wenn unsere Eltern nach seiner Meinungen gefragt hatten, um die entspannte Stimmung nicht zum Kippen zu bringen. Mittlerweile wusste er aber sehr wohl, dass er zwar einen Streit auslösen konnte, aber nicht zwangsläufig dafür verantwortlich war.

Cora hingegen war einfach noch zu jung, um zu verstehen, dass Mom und Dad einfach nicht mehr miteinander auskamen, aber es ganz bestimmt nicht an ihr lag, wenn sie sich wieder einmal anschrien und sich nicht entscheiden konnten, was sie ihren Kindern erlaubten oder verbieten wollten.

Nur funktionierte ein Kindergehirn leider in etwa so: Ich-frage-Mama-und-Papa-ob-ich-auswärts-schlafen-darf-und-sie-beginnen-zu-streiten-also-frage-ich-sowas-nicht-mehr.

Und da unsere Eltern es sich vor etwa fünf Jahren zur Aufgabe gemacht hatten, nicht mehr einer Meinung zu sein, lässt sich dieses Beispiel auf jede beliebige Situation übertragen.

Ich bekam nicht mit, wie die zwei Raupen ihr Happy End bekamen. Dass der Film vorbei war, merkten Sophie und ich erst, als sich der Saal langsam leerte.

Auf dem Heimweg liefen die zwei Kleinen spielend durch die Straße. Wir hatten ihnen gesagt, dass sie nicht zu weit voraus laufen sollten, denn es wurde langsam dunkel. Sie blieben brav in unserem Sichtfeld.

„Und wie geht es dir so?", fragte Sophie irgendwann. „Wegen... Liv. Du weißt schon."

„Super", gab ich zurück und blickte starr nach vorne. „Seit sie Schluss gemacht hat, hab ich viel mehr Platz in meinem Bett."

Sie zog die Augenbrauen zusammen. „Wofür?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Mein Handyladekabel?"

Meine Schwester stieß mich mit dem Ellenbogen leicht in die Rippen. „Ich meine es ernst. Liv hat sich von dir getrennt und keine zwei Wochen später bist du ausgezogen und hast dich kaum noch blicken lassen."

„Ein Umzug geht eben nicht so schnell über die Bühne. Ich hab viel um die Ohren", behauptete ich, obwohl ich die meiste Zeit (wenn ich nicht gerade arbeitete) Zuhause auf der Couch saß und in meinem Kopf eine möglichst lange Liste zu erstellen versuchte.

Warum-Single-sein-besser-ist. Und der Bruder dieser Liste hieß: Warum-meine-Ex-Freundin-es-nicht-wert-ist-vermisst-zu-werden.

Nur leider stand auf beiden Listen noch nicht viel. Zumindest nicht genug, um mich davon zu überzeugen, dass ihre Überschriften absolut wahrheitsgetreu waren.

„Versprich mir einfach, dass du dich nicht abschottest", bat Sophie und verfolgte Cal und Cora, die weit voraus fangen spielten, mit ihrem Blick. „Dass du nicht alleine in deiner Wohnung hockst, die Vorhänge zugezogen hast und auf Fotos von ihr auf deinem Handy starrst."

„Ich bin doch keine Frau", gab ich mürrisch zurück.

„Nein, aber anscheinend hast du beschlossen dem Sexisten-Verein beizutreten." Sophie funkelte mich wütend an. „Du solltest dir ein paar Freunde suchen."

„Ich hab Freunde."

„Hast du nicht." Sie hatte recht. „Du solltest rausgehen. Dir ein Hobby suchen, oder so."

Ich seufzte angestrengt. Dass sie auf Liv herumritt schürte das Feuer des tiefsitzenden Frustes in mir. „Du weißt nicht, wovon du redest, Soph. Dave ist dein erster Freund und ihr seid in der Anfangsphase eurer Beziehung. Du denkst vielleicht, dass er die Liebe deines Lebens ist, oder was auch immer, aber das ist nicht so. Und mir geht es wirklich gut, seit Liv mit mir Schluss gemacht hat. Aber wir werden ja sehen, ob du deine eigenen tollen Ratschläge befolgst, sobald der Idiot mit dir Schluss macht."

Sie brachte Abstand zwischen sich und mich, aber ich konnte keine Sympathien für einen Kerl aufbringen, der schon zwei Mal wegen Drogen und illegalem Waffenbesitz gesessen hatte.

„Arschloch!", zischte Sophie noch, bevor sie schnellen Schrittes an mir vorbei ging, und zu den Kindern aufholte.

Der Stalker meiner VormieterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt