Natürlich passierte nichts davon.
Ich ging am nächsten Tag auch nicht zur Arbeit, sondern fuhr noch einmal zu Alaina nach Hause. Aber wieder öffnete sie mir nicht die Türe. Ich überlegte, noch einmal zur Polizeistation zu gehen, aber stattdessen rief ich erst einmal meine bessere Hälfte an und erzählte ihr alles, angefangen bei der Serviette, die ich dummerweise in meinem überstürzten Aufbruch hatte liegen lassen.
„Das klingt alles ziemlich eigenartig", bemerkte Rey.
„Was soll ich denn jetzt machen?"
„Hast du sie noch einmal angerufen?"
„Wozu? Sie hat nicht einmal meine Nachricht gelesen. Wenn ich dir doch sage, sie wurde entführt. Warum glaubt mir das keiner?" Erst der Polizist und nun fand Rey auch noch, dass ich überreagierte? „Stalking ist glaubhaft, aber eine Entführung eine Nummer zu groß?"
„Nein, darum geht es nicht..."
„Worum dann?"
Er schwieg einen Augenblick lang. Dann seufzte er. „Hör zu. An deiner Stelle würde noch einmal zur Polizei gehen. Melde dich bei dieser... Detective Cruz, oder wie sie auch immer heißt. Erzähle ihr, was passiert ist. Und dann lass es gut sein."
„Ich soll es gut sein lassen?" Ich hatte vieles von Rey erwartet. Aber nicht das. Er war doch der Moralapostel gewesen, der überhaupt erst von mir verlangt hatte, dass ich Alaina half und vor dieser Sache nicht die Augen verschloss.
„Ich meine damit, dass du ohnehin nicht mehr tun kannst. Lass die Polizei das erledigen."
„Die Polizei macht aber einen Scheißjob!", fluchte ich und Loaf, die ich mitgenommen hatte, damit sie gleich ihr morgendliches Geschäft verrichten konnte, drehte sich unsicher zu mir. „Ich kann mich nicht auf die Polizei verlassen, das kann ich nicht."
„Was willst du sonst tun? Auf eigene Faust ermitteln? Parker, wir sind in keinem Thriller. Du hast doch gar nicht die Möglichkeiten, die die Polizei hat."
Das stimmte, aber ich konnte nicht einfach herumsitzen und nichts tun. Ich hatte mir nicht sonderlich viel aus Alaina gemacht, nicht genügend Bedeutung in die Drohungen des Stalkers gelegt und nun war sie weg. Ich hatte doch niemals gewollt, dass so etwas passierte.
„Übrigens solltest du vielleicht wissen, dass Lia ein bisschen aufgebracht war, als du so plötzlich abgehauen bist und etwas von Alaina gemurmelt hast. Sie hat mir erzählt, dass sie euch schon Mal zusammen im Kino gesehen hat. Ich weiß nicht, ob es der Alkohol war, aber sie klang ziemlich verunsichert, wegen deines plötzlichen Abgangs."
Ich rieb mir die Schläfen. Auch das noch. „Was hast du ihr gesagt?"
„Na, was schon? Dass ich nicht weiß, wovon du redest. Ich finde, das solltest du mit ihr klären, nicht ich."
„Herzlichen Dank", knurrte ich. Er hätte sich ruhig etwas mehr Mühe geben können, um mich aus der Scheiße zu bugsieren.
„Aber ich habe ihr auch gesagt, dass ich meinen kleinen Finger dafür ins Feuer legen würde, dass du sie nicht betrügst."
Ich blieb entrüstet stehen und Loaf zerrte an ihrer Leine. „Für die Hand warst du dir wohl zu schade, was?"
„Nein, ich vertraue dir einfach nicht genug, um gleich meine ganze Hand zu verstümmeln."
Kurzerhand warf ich ihn aus der Leitung. Zum Scherzen war ich nicht aufgelegt. Erst verabredeten sich die beiden fürs Kino und dann drückte er ihr den Rachen hinunter, dass sie sich nicht zu viel Treue von mir erhoffen sollte. Was kam als nächstes?
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Der Stalker meiner Vormieterin
Teen FictionFür Simon hat eben erst ein neues Leben angefangen. Endlich frei von dem Dauerkrieg Zuhause und frisch von seiner Freundin getrennt, will er sich, nicht zu weit weg, ein eigenes Leben aufbauen, auch, wenn er noch nicht so recht weiß, wie das aussehe...