Ich fragte mich, was Juliana davon halten würde, wenn sie wüsste, dass ich mit meiner Ex-Freundin in einem schicken Restaurant zu Abend aß.
Trotz Livs Mahnung, mir etwas Ordentliches anzuziehen, hatte ich meine Jeans und mein T-Shirt angelassen, damit sie sich mit mir bloß nicht zu wohl fühlte.
Allerdings führte es dazu, dass auch ich mich zwischen all den Anzugträgen und Frauen in schicken Kleidern nicht sonderlich wohl fühlte, aber es war schließlich nur für ein Essen. Das würde ich überstehen und ich wusste, dass es Liv unangenehmer war als mir.
Als ich die Speiskarte durchblätterte, sagte ich: „Ach, übrigens: Du zahlst."
Sie sah von den Seiten auf und lächelte. „Wie bitte?"
Ich sah nicht auf. „Du wolltest, dass ich mit dir hier herkomme, also zahlst du auch."
„Du verlangst von mir, dass ich dein Essen zahle?" Angesichts der Ungläubigkeit in ihrer Stimme, hätte ich beinahe lachen können.
„Es ist ja nicht so, als hättest du das Geld nicht."
„Weißt du, wie bescheuert es aussehen wird, wenn ich zahle?" Sie sah sich um. „Es ist schon schlimm genug, dass du dir kein Hemd anziehen wolltest! Du hast dich nicht mal rasiert. Reicht dir das nicht, um mich zu blamieren?"
„Ich kann auch wieder gehen", erwiderte ich unschuldig.
Sie biss die Zähne zusammen und senkte den Blick widerwillig auf die Speisekarte. „Schön. Dann zahle eben ich."
Meine Augen wanderten die Weinkarte auf und ab und versuchten, die teuerste Flasche zu finden.
„Spann den Bogen nicht zu weit", knurrte sie, weil sie mein Vorhaben erriet.
Eine überraschende Wehmut überrollte mich, weil Liv mich immer noch besser kannte als sonst jemand. Das hatte ich immer genossen, weil sie gewusst hatte, was ich gedacht oder gewollt hatte, ohne es aussprechen zu müssen. Es hatte uns verbunden und ein Teil von mir vermisste das.
Bevor ich schwach werden und mich an die guten Seiten unserer Beziehung erinnern konnte, klappte ich die Karte zu.
„Worüber willst du reden?", fragte ich ungeduldig.
„Über dich."
„Über mich?"
Sie klappte ihre Karte ebenfalls zu. „Naja, was hat sich so getan, seit..."
„Du mich im Schnee hast stehen lassen?" Sie sah mich ausdruckslos an und wartete auf eine Antwort. „Nicht viel. Weißt du, wenn man jemanden feuert, dann macht man sich im Normalfall nach ein paar Wochen auch nicht die Mühe, wieder nachzusehen, wie es ihm nach der Kündigung geht und ob er inzwischen einen neuen Job gefunden hat." Ich beugte mich vor. „Außer der Arbeitgeber hat bemerkt, dass er den Arbeitnehmer zu Unrecht gefeuert hat. Und will ihn zurückhaben."
Sie wollte gerade antworten, als der Kellner kam. Ich hätte mich noch ein bisschen mehr daneben benehmen können, indem ich vor ihr bestellt hätte, aber ich fand, dass ich bereits jetzt einen ziemlich guten Job machte.
Liv bestellte sich das gebratene Lachsfilet mit Selleriepüree und Bratkartoffeln. Ich hatte ein Auge auf das Kobe-Rindfleisch geworfen, aber ich hielt tapfer an meiner Wette mit Juliana fest und bestellte die Teigtaschen mit Pilzfülle und Ofengemüse. Und eine Flasche Rotwein, woraufhin Liv mich wütend anfunkelte, aber ich ignorierte es.
„Seit wann bestellst du dir kein Steak?", fragte sie.
„Hab eine Wette am Laufen", war meine Antwort.
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Der Stalker meiner Vormieterin
Teen FictionFür Simon hat eben erst ein neues Leben angefangen. Endlich frei von dem Dauerkrieg Zuhause und frisch von seiner Freundin getrennt, will er sich, nicht zu weit weg, ein eigenes Leben aufbauen, auch, wenn er noch nicht so recht weiß, wie das aussehe...