76

251 40 10
                                    

„Etwas zu viel Criminal Minds gestern geschaut, kann das sein?", fragte Rey, als ich ihm meine Gedanken am Montagnachmittag erzählte.

„Wenn du ein Stalker wärst-"

„Tolle Einleitung für dieses Beispiel", brummte er.

„Klappe." Ich schob die Palette mit Hundefutter im Lagerraum aus dem Weg, damit ich an das Katzenstreu herankam. „Wenn du ein Stalker wärst und die Person, die du so sehr haben willst -was offensichtlich Ziel dieses Stalkers ist; er liebt Alaina- plötzlich auszieht, welch bessere Möglichkeit gibt es denn, als sich dort einzunisten, wo sie gewohnt hat?" Er schwieg. „Es passt so perfekt. Er wusste, dass sie umgezogen ist. Denn er hat sie sofort wieder gefunden. Erst ihren zweiten Umzug hat er nicht bemerkt. Aber ihren ersten. Vielleicht hat er sich ihre ehemalige Wohnung oder das Haus, oder wo auch immer sie gewohnt hat, unter den Nagel gerissen um... keine Ahnung, jeden Tag in ihrem Zimmer zu masturbieren, oder so."

„Du bist ekelhaft."

„Ist doch wahr! Könnte das nicht sein?"

„Weißt du denn, wo sie früher gewohnt hat?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das hat sie mir nie erzählt."

„Tja, dann hast du ja jetzt deine neue Freizeitbeschäftigung gefunden, oder?"

„Und wie soll ich das herausfinden? Detective Cruz wird es mir aus Datenschutzgründen nicht verraten und mit dieser wagen Theorie wird sie nicht ihre Zeit verschwenden, während sie nach einem verschwunden Mädchen sucht."

„Was weiß ich, dir wird schon was einfallen. Dir fällt doch immer etwas ein. Du bist schließlich Parker."

„Und was soll ich sagen, wenn ich den Bewohner ihrer früheren Wohnung gefunden habe?" Ich klemmte mein Handy zwischen Schulter und Wange ein. „Entschuldigen Sie, haben Sie das Mädchen, das vor Ihnen hier gewohnt hat, zufälligerweise ein paar Jahre lang gestalkt und terrorisiert?"

Ich konnte förmlich spüren, wie Rey die Augen verdrehte. „Mach es, wie du willst. Ich muss jetzt Schluss machen."

„Wieso so eilig?" Bis jetzt hatte er immer ein offenes Ohr für mich gehabt, wenn es um Alaina gegangen war.

„Ich gehe mit Lia Mini-Golf spielen."

„Du- was?" Ich glaubte, mich verhört zu haben und der Sack Katzenstreu, den ich eben hatte in den vorderen Teil des Ladens schleppen wollen, glitt mir aus den Armen. Fassungslos nahm ich mein Handy wieder in die Hand. „Du gehst mit Juliana Mini-Golf spielen?"

„Ja. Wieso?"

Ich hätte ihm gerne gesagt, dass ich nicht wollte, dass er so viel Zeit mit meiner Freundin verbrachte, aber das brachte ich nicht über mich. Sollten die beiden doch so viel Zeit miteinander verbringen, wie sie wollten.

„Nichts", brummte ich trotzdem. „Viel Spaß!"

Ich legte auf. Mini-Golf! Wenn er mit mir Mini-Golf gespielt hätte, wäre das Eisen nicht auf der Kugel gelandet, so sauer war ich. Während ich versuchte, Alaina zu finden, wollte er mit seinem zweier-Eisen bei Juliana einlochen!

„Ich bring ihn um", knurrte ich.

„Was hat das Katzenstreu dir getan?", fragte Mal, der ins Lager kam. Ich antwortete nicht. „Wie oft muss ich dir sagen, dass du bei der Arbeit nicht telefonieren sollst?"

„Nur noch einmal", meinte ich und setzte einen Engelsblick auf, als mein Handy wieder in meiner Hosentasche vibrierte. Vielleicht Rey, der sich dafür entschuldigen wollte, mir meine Freundin auszuspannen.

Aber es war nicht Reys Nummer. Es war meine Freundin höchstpersönlich.

Malcom schüttelte angestrengt seufzend den Kopf und verschwand wieder, während ich noch überlegte, ob ich rangehen oder beleidigt sein sollte.

Nein, sie durfte ruhig wissen, dass mir nicht gefiel, dass sie mehr Zeit mit Rey verbrachte als mit mir. Ich konnte auch die beleidigte Leberwurst spielen, während ich mit ihr telefonierte.

„Mini-Golf, also", war das erste, das ich sagte. Sie ging nicht darauf ein.

„Können wir uns nachher treffen?"

Wir hatten seit dem Abend in der Bar nicht mehr miteinander gesprochen. Sie hatte sich nicht bei mir gemeldet und ich hatte völlig andere Sorgen gehabt und kaum daran gedacht.

„Nach dem Mini-Golfen?"

„Hör auf damit", sagte sie. „Wenn du dich die letzten Tage nicht tot gestellt hättest, dann hätte ich dich gefragt, ob du mit mir hin willst."

„Das heißt, du gehst mit meinem besten Freund Mini-Golf spielen, um mir eins auszuwischen? Wie war denn das Kino mit ihm?"

„Simon..." Sie stieß knapp angebunden den Atem aus. „Vergiss es."

„Nein, sag was du zu sagen hast", verlangte ich.

„Ich will wissen, was los ist", erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen. „Erst sagst du, zwischen dir und dieser Alaina läuft nichts, aber dann rennst du mitten in der Nacht ihretwegen davon und erklärst dich nicht einmal."

Ich ließ mich auf den umgefallen Sack Katzenstreu fallen. Wie die ganze Situation für sie aussehen musste, war mir klar.

„Ich kann dir das alles nicht übers Telefon erklären", sagte ich und das war die Wahrheit. Diese Geschichte war zu weitreichend und absurd und ich musste noch zwei Stunden arbeiten.

„Dann mach es persönlich", erwiderte sie kühl. „Nur... mach es endlich. Ich muss jetzt los. Diego holt mich gleich ab."

Damit legte sie auf.

Der Stalker meiner VormieterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt