„Hey, Mione! Warte doch mal!", keuchte Ginny hinter mir. Ich war so tief in Gedanken versunken, dass ich sie ewig nicht bemerkt hatte, doch nun blieb ich stehen. „Hey, Gin, was gibt's?", fragte ich. „Wo warst du in letzter Zeit? Ich habe dich kaum gesehen", antwortete sie besorgt, jedoch ließ sie mir nicht wirklich Zeit, darauf zu antworten und stellte mir bereits die nächste Frage. „Was machst du eigentlich nächste Woche?", abwartend blickte sie mich an. Nächste Woche? Was war nächste Woche? Verständnislos sah ich sie an. „Weihnachten? Die Ferien gehen morgen los?", erklärte sie. Moment was? War wirklich schon bald Weihnachten?!
Ich hatte die letzten Wochen – wobei Monate traf es wohl eher – wie in einer Blase gelebt. Es stellte sich recht bald raus, dass Snape sich wohl doch nicht so schnell wieder einkriegen würde. Er wurde mir gegenüber noch fieser im Unterricht und gab sich immer die größte Mühe, mich aus dem Konzept zu bringen. Er brummte mir auch wegen jeder Kleinigkeit Nachsitzen auf. Allerdings nicht bei ihm, sondern bei Filch. Auch außerhalb des Unterrichts ließ er es sich nicht nehmen irgendwelche miesen Kommentare mir gegenüber fallen zu lassen, sobald wir uns irgendwo im Flur begegneten. Natürlich hatte ich auch ein paar Mal versucht mit ihm zu reden, doch das blockte er immer ab. Irgendwann hatte ich schließlich aufgegeben und angefangen, mich immer mehr in meine Schularbeiten zu stürzen und ihm so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Wenigstens hatte er sich in der Hinsicht irgendwann eingekriegt und mich nicht mehr weiter schikaniert. Eher ignoriert. Das Ganze tat mir mehr weh, als ich gedacht hätte. Und so schien die Zeit wohl dahin gegangen zu sein...
„Hermione?? Hast du mir überhaupt zugehört?", sagte Ginny und klang dabei leicht genervt. „Sorry ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?", entschuldigte ich mich. „Ich hoffe echt, dass du bald bereit bist mit einem von uns darüber zu reden, was dich so beschäftigt... Jedenfalls hab ich gefragt, ob du bei deinen Eltern bist über die Ferien oder Mum hat gefragt ob du mit zu uns kommen möchtest", erklärte sie mit einem merkwürdigen Tonfall. „Naja, also meine Eltern sind nicht da. Wir hatten schon in den Sommerferien ausgemacht, dass ich in der Schule bleiben würde... Und ehrlich gesagt habe ich auch noch echt viel zu tun... Es ist wirklich nett, dass ihr mich einladet, aber ich denke ich bleibe hier", erwiderte ich verlegen. Ich wollte es unbedingt noch ein letztes Mal versuchen mit ihm zu reden. Was würde sich da besser eignen, als die Weihnachtsferien. „Ist gut... Aber wenn es dir nach den Ferien nicht besser geht, verlange ich endlich zu erfahren, was mit dir los ist!", brummte sie, drehte sich um und ließ mich stehen.
Ich setzte also meinen Weg zum Gryffindorturm fort. Wo Gin hin wollte, war mir ein Rätsel, schließlich war es kurz vor Sperrstunde, aber sie würde schon wissen, was sie tat. Im Gemeinschaftsraum breitete ich meine Schulsachen erneut aus und begann meinen Aufsatz, welchen ich in der Bibliothek nicht mehr fertigstellen konnte, weiter zu bearbeiten. Offensichtlich hatten die anderen in den letzten Wochen beschlossen, mich in Ruhe zu lassen, denn seit einiger Zeit unterbrach mich auch keiner mehr, wenn ich abends meine Hausaufgaben machte, um mich zu fragen, ob ich bei irgendeinem Spiel mitmachen wollte. Ich musste echt was ändern. Es ging nicht, dass ich mich wegen so etwas von meinen Freunden abwendete. Weit nach Mitternacht, nachdem der Raum bereits geleert war, machte ich mich auf den Weg ins Bett. Im Schlafsaal musste ich feststellen, dass Gin scheinbar noch nicht zurückgekehrt war. Ich war echt eine schlechte Freundin. Früher hatte sie mir immer erzählt, wo sie hingegangen war, aber vermutlich hatte ich den Eindruck vermittelt, dass es mich nicht wirklich interessieren würde.
Ich musste versuchen Gin, Ron und Harry morgen noch vor der Abfahrt zu erwischen, um mit ihnen zu reden und mich zu entschuldigen. Mit dem Gedanken schlief ich ein. Und wie seit längerem jede Nacht, verfolgte mich derselbe Traum. Alles war dunkel. Wie Obsidian. Geborgenheit durchströmte mich. Eine Ewigkeit wurde ich umhüllt von dieser Wärme. Bis sich wieder eine Iris daraus zu formen. Und weiter, bis ich das ganze Auge sah. Und dann schreckte ich keuchend aus meinem Traum auf. Verflucht! Das war auch ein Rätsel, welches ich nicht lösen konnte! Na ganz toll! Ich blickte auf die Uhr und musste feststellen, dass ich viel zu lange geschlafen hatte. Der Hogwartsexpress war schon weg... Dann musste mein Gespräch mit den dreien wohl noch warten. Aber ich musste auf jeden Fall noch Geschenke für sie besorgen und vermutlich würde ich einen langen Brief an jeden dazu schreiben.
Jetzt musste ich aber erstmal noch mit einer ganz bestimmten Person reden. Und dieses Mal würde ich mich nicht so leicht abwimmeln lassen. Ich musste das einfach klären. Wir sollten uns zumindest verstehen. Mir war klar, dass nicht mehr zwischen uns laufen würde. Aber ich wollte, dass das zumindest nicht mehr zwischen uns stand.
Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, machte ich mich auf den Weg in die Kerker. Nervös stand ich vor seiner Tür und sortierte noch einmal die Worte, welche ich mir vorher sogfältig zurechtgelegt hatte, in meinem Kopf. Dann klopfte ich bestimmt. Ein dunkles „Herein!", ertönte und so drückte ich die Klinke runter und trat ein.
„Granger! Was tun Sie hier?! Raus!", knurrte er augenblicklich, als er mich sah. Das versetzte mir einen Stich. Am liebstem wollte ich seinem Befehl nachkommen und gehen, aber ich war der festen Überzeugung, erst wieder normal sein zu können, wenn ich es ein letztes Mal wirklich versucht hatte.
„Nein! Ich muss mit Ihnen... mit dir reden! Das geht so nicht weiter!", sagte ich bestimmt. Jetzt durfte ich bloß keine Schwäche zeigen. Bevor er auch nur irgendwas weiter erwidern konnte, hatte ich bereits weitergesprochen. „Es tut mir leid, okay... Ich wollte deine Privatsphäre nicht verletzten. Ich habe einfach nicht verstanden, wieso Harry dich immer verteidigt, obwohl du dich so verdammt mies mir gegenüber verhältst, aber Harry wollte ja auch nicht mit der Sprache rausrücken. Ich konnte ja nicht ahnen, was ich da alles sehen würde, allerdings versteh ich nicht, wieso du nicht willst, dass jeder weiß, was für ein wunderbarer Mensch du sein kannst!", ich war erstaunt, dass ich all das sagen konnte, ohne unterbrochen zu werden.
„Das geht Sie überhaupt nichts an! Warum ich was tue ist meine Sache! Nur weil Sie etwas nicht verstehen, haben Sie kein Recht, sich die Informationen auf diesem Weg zu beschaffen!", zischte er. „Sie denken nur, sich dankbar erweisen zu müssen, nachdem Sie das mit ihren Eltern erfahren haben! Und wahrscheinlich haben Ihnen die darauffolgenden Erinnerungen die Idee gegeben, wie Sie sich dankbar erweisen könnten! Aber das können Sie sich sonst wohin schieben. Das habe ich nicht nötig!", fügte er noch wütender hinzu. „Ich weiß nicht was sie meinen... Ich... Also ich habe nicht mehr weiter geschaut, nachdem ich das mit meinen Eltern erfahren hatte...", sagte ich verwirrt. Er riss seinen Kopf nach oben und fixierte mich mit seinen dunklen Augen. Und genau da traf es mich wie einen Schlag. Wie konnte ich das so lange nicht bemerken?!
Obsidian! Es waren seine Augen, die mich nachts verfolgten!
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Denkt an das Sternchen!
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anything you've been dreaming of
FanfictionNach dem Krieg kehren die Schüler und Schülerinnen wieder zurück nach Hogwarts. Darunter auch Hermione Granger, Kriegsheldin und beste Freundin von Harry Potter. Auf unerklärliche Weise hat der dunkle Professor Snape überlebt, wird als Held gefeiert...