Kapitel 66

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Ich rückte langsam von ihm ab. Wieso musste er das jetzt ansprechen? Konnte er es nicht so wie sonst auch immer einfach ignorieren? Sonst wollte er doch auch nie über die Dinge reden. Also wieso dieses Mal?! Ich wollte keine Erklärung von ihm. Es war besser, es nicht zu hören, was auch immer er sagen wollte. Ich hatte es mir schon selbst erklärt und vermutlich gefiel mir meine Version besser. Und im Anbetracht der Sache, die auf dem Spiel stand, würde ich mir das nicht noch einmal kaputt machen lassen und mich von ihm stoßen. Was würde ich denn tun, wenn er sagen würde, dass meine schlimmsten Befürchtungen wahr waren. Oder wenn er sagen würde, dass Lily ihm einfach zu viel bedeutet und er die Sache mit uns für beendet ansehen würde, da er denkt, ich würde zu viel hineininterpretieren. Nein. Es war besser nicht darüber zu reden.

„Wieso bist du einfach abgehauen? Lag es an dem Zettel? Das...", setzte er an. „Welcher Zettel?", unterbrach ich ihn. Ich war mir nicht sicher gewesen, ob er darauf schließen würde, dass ich ihn gefunden hatte. Wenn ich nun aber einfach so tun würde, als wäre das nicht der Grund gewesen... Und es schien zu wirken, denn Verunsicherung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Er antwortete auf meine Frage mit einer Gegenfrage, „Weswegen bist du dann einfach so verschwunden?" „Ich hielt es einfach für das Sicherste nicht zu lange bei dir zu bleiben", ich bemühte mich möglichst fröhlich und überzeugend zu klingen. Doch er sah keineswegs so aus, als würde er mir das abkaufen. „Und was war dann bitte mit dem Tee?", fragte er kühl und hob eine Augenbraue. Mist. Das hatte ich schon wieder vergessen. „Ähm... Mir ist das Risiko einfach erst danach wieder bewusst geworden", entgegnete ich, doch es klang leider eher nach einer Frage. „Hermione! Lüg mich nicht an! Wem willst du bitte etwas vormachen?!", fauchte er wütend. Ich blickte auf den Boden und suchte nach einer guten Erklärung.
Das könnte funktionieren. Ich sah ihn nicht an, während ich sprach „Ich... Es ging mir nicht sonderlich gut. Ich hatte schlecht geträumt und erst hatte ich gedacht eine Tasse Tee würde mir helfen meine Nerven zu beruhigen, doch dann... Ich weiß auch nicht... Dann hat mich die Trauer einfach übermannt. Ich habe meine Zeit, meine Freunde und Familie einfach so vermisst. Ich wollte einfach allein sein. Es tut mir leid. Bitte, können wir es einfach auf sich beruhen lassen?" Beim letzten Satz blickte ich zu ihm auf und Tränen schimmerten in meinen Augen. Ich war ja doch nicht so schlecht im Schauspielern, wie ich immer dachte. Wobei, vermutlich lag es eher daran, dass es nicht komplett gelogen war. Ich vermisste meine Freunde und Familie tatsächlich und gerade jetzt war es mir wieder schmerzlich bewusst geworden. Wie gern hätte ich mit Ginny über die Sache geredet.

Er sah mich prüfend an, als endlich sein Blick weicher wurde. Er schien es mir zu glauben. Zumindest halbwegs, denn ich konnte erkennen, dass ich ihn nicht gänzlich überzeugt hatte. Zweifel schimmerte in seinen Augen, aber da er nickte, reichte mir das.

„Was machst du überhaupt hier in Hogwarts?", fragte ich ihn schließlich. „Nun, ich wurde zum neuen Schulleiter ernannt, was bedeutet, ich habe von nun an die Erlaubnis jederzeit hier her zu kommen. Und da die Carrow-Geschwister ab sofort Lehrer sind und sie sich entschieden hatten das Schloss schon einmal auszukundschaften, dachte ich es wäre das Beste, wenn ich gleich mitkäme, falls du dich irgendwo auf den Gängen rumtreiben solltest. Und damit hatte ich ja irgendwie recht. Außerdem – und das ist die offizielle Version vor dem Dunklen Lord - wollte ich austesten, ob ich überhaupt in das Büro des Schulleiters hineinkomme, nicht, dass so etwas, wie bei Umbridge damals geschehen würde." Oh ja stimmt. Ich erinnere mich noch genau, wie entsetzt Harry, Ron und ich damals waren, als im Propheten stand, dass Sev der neue Direktor wird. Oder es bald sein würden, in dieser Zeit. Vermutlich war es noch nicht einmal offiziell darin erschienen. Ich konnte mich nicht genau erinnern, wann der Artikel erschienen war.

Da ich nichts sagte, setzte Severus fort „Wir müssen noch viel vorsichtiger sein, wenn ab sofort Todesser hier im Schloss unterwegs sein werden. Gerade die Carrows. Vielleicht wäre es das Sicherste, wenn du im Raum der Wünsche bleiben würdest." „Nein! Das geht nicht", sagte ich. „Und wieso bitte nicht?", fragte er. „Das kann ich dir nicht sagen. Glaub mir bitte einfach!", ich konnte ihm ja schlecht verraten, dass sich dort bald die Schüler, die auf Hogwarts nicht mehr sicher waren, verstecken würden. „Okay", sagte er gedehnt, „dann eben nicht. Gut, dann wäre es vermutlich das Beste, du bleibst hier. In den Schulleiterräumen wäre es zu gefährlich. Ich werde den Raum hier so versiegeln, dass nur ich hinein und hinaus kann." Ich protestierte. Er konnte mich hier doch nicht einfach einsperren! Ich würde vorsichtig sein und wirklich nur rausgehen, wenn niemand auf den Gängen sein konnte. Doch er schien auf meinen Widerspruch vorbereitet gewesen. Er blieb hart und unnachgiebig. Dieses Mal schien ich verloren zu haben. Zumindest vorerst. Das würde ich nicht so auf mir sitzen lassen. Aber vielleicht sollte ich das auf einen anderen Tag verschieben.

„Das war nicht das letzte Wort, dass wir darüber gesprochen haben, habe ich recht?", seufzte er und fügte genervt hinzu „Warum bist du nur so stur?" Eine Weile standen wir uns gegenüber und funkelten uns gegenseitig wütend an. Dann trat er auf einmal auf mich zu, strich mir eine lose Strähne hinters Ohr und sah mir tief in die Augen. Ich konnte nichts für die Reaktion von meinem Körper darauf, auch wenn ich es ihm eigentlich nicht so leicht machen wollte. Langsam beugte er sich zu mir hinunter und wir begannen unseren Kuss von vorhin fortzusetzten. Unsere Wut war vergessen. Stöhnend packte ich seinen Hemdkragen und zog ihn näher zu mir. Severus ließ seine Hände unter mein Shirt wandern und strich sanft über meine Haut, die sofort anfing zu brennen, wo er mich berührte. Er brachte mich um den Verstand. Doch schon wieder unterbrach er unseren Kuss.

„Ich sollte besser gehen. Es gibt noch einiges zu erledigen", keuchte er atemlos. Ich hielt meine Augen geschlossen, spürte seine Lippen noch ganz sanft über meine streichen. Widerwillig nickte ich langsam, doch dann lag sein Mund plötzlich wieder auf meinem, mit einem Ruck hatte er mich hochgehoben und trug mich in Richtung Schlafzimmer.

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