Kapitel 29

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Severus Snape

Ruckartig schreckte ich aus einem tiefen Schlaf auf und sah mich orientierungslos um. Wo bei Merlin war ich? Dann fiel es mir wieder ein. Der Gryffindorturm. Da bemerkte ich den warmen Körper, der sich an mich schmiegte. In der letzten Woche war mir das so vertraut geworden. Neben ihr aufzuwachen und ihre Nähe zu spüren. Jedoch waren wir dabei eigentlich für gewöhnlich nicht angezogen... Wir mussten gestern wohl einfach eingeschlafen sein und irgendwie hatten wir es uns engverschlungen auf dem Sofa bequem gemacht. Doch da realisierte ich... Das war das erste Mal, dass wir Zeit miteinander verbracht hatten, ohne das Körperliche... Ohne miteinander zu schlafen... Verflucht! Sowas sollte doch erst recht nicht passieren. Es war schon genug, dass ich sie so an mich rangelassen hatte. Eigentlich hätte ich das ganze schon längst beenden sollen. Genau genommen, hätte ich das Ganze gar nicht erst anfangen sollen. Ich hätte sie gestern besser einfach allein gelassen. Hätte gehen sollen, als sie sagte, dass sie nicht in der Stimmung war. Eigentlich hätte ich noch nicht einmal in den Turm kommen sollen, um nach ihr zu sehen. Es war doch eindeutig, als sie nicht aufgetaucht war. Doch ich war bereits hier, ehe ich mich davon abhalten konnte. Ich hätte ihr zu verstehen geben müssen, dass sie nicht mehr für mich war, als Befriedigung. Dass ich ihr nicht mehr geben konnte. Aber sie wirkte bereits beim Abendessen so deprimiert. So traurig. Ich konnte nicht anders. Ich konnte sie nicht allein lassen. Und das war vermutlich ein Riesenfehler. Obwohl es sich so richtig angefühlt hatte.

Sie seufzte leise gegen meine Brust und ein mir mittlerweile so vertraut gewordenes Gefühl durchflutete meinen Körper. Zum ersten Mal hatte ich es richtig gespürt am ersten Schultag. Als ich sie davon abgehalten hatte in eine Schülermenge zu rennen. Als sie mir so nah war und mich mit ihren unschuldigen und mutigen Augen wütend anfunkelte... In diesem Moment setzte mein Herz zum ersten Mal wegen ihr zwei Schläge aus. Ich hatte bereits vorher mehr in ihrer Gegenwart gespürt als ich sollte, doch so nah wie in diesem Moment waren wir uns vorher nie. Doch mir fiel auf wie anders und doch gleich das Gefühl mittlerweile war. Ich fühlte nicht mehr die Kraft und Entschlossenheit in mir, mich weiter von ihr fernzuhalten. Ich fühlte mich, als gäbe es kein Leid mehr auf der Welt und als wäre – zumindest für den Moment – alles perfekt. Aber so war es nicht. Das Leben war nicht fair und schon gar nicht perfekt! So war es nie. Egal wie sehr man hoffte. Aber in ihrer Gegenwart vergaß ich das ganze einfach und gab mich dieser wunderbaren Illusion hin.

Doch so durfte es nicht sein. Ich konnte das nicht weiter zulassen. Denn es war so offensichtlich, dass sie nicht annähernd etwas ähnliches für mich empfand. Und genau deshalb verbat ich mir, genau darüber nachzudenken, was das war, das ich für sie fühlte. Und genau deshalb würde ich es nicht mehr weiter zulassen. Ich würde von ihr nehmen, was ich bekommen würde. Aber meine Gefühle würde ich niemals an die Oberfläche lassen. Ich würde sie benutzen. So wie sie es wollte... Nie wieder würde ich so einen Abend wie den gestrigen zulassen. Wenn ich stark und kein Feigling wäre, würde ich mich ganz von ihr fern halten... Doch das war ich nicht. Ich war ein elender Feigling. Zu lange hatte ich darauf gewartet, dass ich mal dran war. Das sich jemand für mich auch nur im geringsten interessierte. Genau deshalb brauchte ich noch ein paar letzte Augenblicke mit ihr, an die ich mich klammern konnte. 

Ich schloss meine Augen, atmete tief durch und verschloss meine Gefühle. Bis ich selbst davon überzeugt war, dass das alles nicht mehr als Lust und Spaß zwischen uns war. Und nach Weihnachten würde ich dem Ganzen ein Ende setzten. Ich führte mir alles vor Augen, was gegen uns sprach. Und war erfolgreich. Ich hatte mich selbst überzeugt. Und so rückte ich ruckartig von ihr ab, stand auf und verließ die Räume. Hinter mir knallte das Portrait zu. Und dabei rannte ich fast in Thorne rein. Auch das noch... Der hatte mir gerade noch gefehlt.

„Snape! Was hatten Sie im Gryffindorturm zu suchen?", fragte er vorwurfsvoll und ich konnte nur genervt die Augen verdrehen. „Ich wüsste nicht, was Sie das angehen sollte! Ich hatte etwas mit Miss Granger zu besprechen und jetzt verschwinden Sie!", knurrte ich bedrohlich.

Hermione Granger

Ich wachte auf, weil ich dachte, einen lauten Knall gehört zu haben. Verwirrt blickte ich mich um. Ich hatte auf dem Sofa geschlafen? Ich richtete mich langsam auf. Moment! War nicht Severus bei mir? Hatte er mir nicht vorgelesen? Aber wo war er jetzt? Hatte ich mir das ganze vielleicht nur eingebildet? Vermutlich war es wieder einer meiner viel zu realistischen Träume. Wieso hätte er das auch tun sollen... Doch ein entscheidendes Detail überzeugte mich, dass es Wirklichkeit war. Sein Geruch. Er umhüllte mich. Und der Platz neben mir war noch warm. Aber wieso war er jetzt weg? Traurigkeit überkam mich, als mich die Erkenntnis traf. Er bereute es. Eine einzelne Träne lief mir die Wange hinab. Das hätte ich kommen sehen müssen. Eigentlich hatte ich das ja auch. Aber trotzdem... Er hatte mir nie etwas vorgemacht. Er hatte doch gesagt, dass er mich lediglich benutzen würde. Und ich hatte ihm mein Einverständnis dazu gegeben. Gestern Abend hatte er sich vermutlich nur einsam gefühlt. Ich schluckte schwer und atmete tief durch. Ich würde damit klarkommen. Ich würde so viel von ihm nehmen, wie er mir geben würde. Ich würde das schaffen.

Das Portal öffnete sich schwungvoll und kurz durchströmte mich Hoffnung, dass er zurückgekommen war und ich lediglich über reagiert hatte. Doch das Ergebnis war ernüchternd. Thorne... Meine Innere Stimme meldete sich höhnisch zu Wort. Aber sicher doch... Damit kommst du klar.

„Ah Miss Granger! Wie schön zu sehen, dass es Ihnen gut geht. Ich hatte mir Sorgen gemacht. Ich hab diesen widerlichen Todesser aus dem Turm kommen sehen und dachte er hat Ihnen vielleicht etwas angetan. So eine gute Chance den Kopf des Goldenen Trios zu vernichten, würde er wohl nicht so schnell bekommen. Keiner hier außer Ihnen. Am besten ich bringe Sie in den Krankenflügel. Dann werden Sie gründlich durchgecheckt, ob er Ihnen auch wirklich nichts getan hat!", säuselte er. Ich konnte ihn erstmal nur fassungslos anstarren. Das hatte er gerade nicht gesagt, oder? Da ich noch immer nicht fähig war zu reagieren, trat er auf mich zu und umfasste meinen Oberarm. „Na, Na! Sie sind ja komplett verstört. Ich werde umgehend die Direktorin informieren und dieser Todesser wird von der Schule verwiesen und nach Askaban geschickt!"

Schwungvoll entriss ich ihm meinen Arm und zischte endlich wütend „Wagen Sie es nicht noch einmal mich anzufassen! Wagen Sie es nicht noch einmal Professor Snape einen Todesser zu nennen! Und wagen Sie es nicht noch einmal ihm irgendetwas lächerliches zu unterstellen! Und jetzt verschwinden Sie!"

Perplex starrte er mich an und wollte schon wieder ansetzten irgendetwas zu sagen, doch dann schien er es sich anders überlegt zu haben. Beleidigt verschwand er schneller als ich es für möglich gehalten hatte. 

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Sternchen nicht vergessen!

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