Kapitel 64

528 42 5
                                    

Severus Snape:

Ein lauter Knall riss mich aus dem wohligen Schlaf. So gut hatte ich seit einem Monat nicht mehr geschlafen. Vollkommen frei von Alpträumen. Und dieser innere Frieden der mich überkam. Deshalb war ich nicht so wie sonst sofort handlungsfähig und in Alarmbereitschaft und konnte mich nur verwirrt im Raum umblicken. Dann fiel mein Blick auf Hermione, die die Hand der kleinen Elfe umklammerte. Doch ehe ich irgendetwas sagen oder tun konnte waren die beiden verschwunden. Langsam erhob ich mich und wischte mir den Schlaf aus den Augen. Im ersten Moment überraschte mich ihr versschwinden nicht unbedingt. Schließlich war ich das letzte Mal bei unserem Abschied nicht gerade freundlich zu ihr gewesen. Also hatte ich das wohl verdient. Allerdings hätte ich sie eher so eingeschätzt, dass sie noch irgendwie mit mir reden wollte, denn ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie mein Verhalten einfach so hinnahm. Aber offensichtlich hatte ich mich getäuscht.

Auch als ich feststellte, dass es noch mitten in der Nacht war, wunderte ich mich noch nicht. Vermutlich fühlte sie sich nicht so wohl neben mir zu schlafen, wie ich mich neben ihr. Der Gedanke versetzte mir einen Stich, aber wer könnte es ihr verdenken? Insgeheim hoffte ich, dass es vielleicht nur an diesem Ort hier lag, denn eigentlich hatte ich nicht das Gefühl, dass sie sich allzu unwohl in meiner Nähe fühlte. Aber was wusste ich schon. Außerdem war es besser so, denn es war schon ein großes Risiko sie bei Nacht hier zu haben. Tagsüber war es nämlich keine Seltenheit, dass ein paar Todesser hier auftauchten, auch wenn ich mir größte Mühe gab dies zu vermeiden.

Erst als mir ein Kräuterduft in die Nase stieg und ich ein Tablett mit einer dampfenden Kanne Tee und zwei unberührten Tassen dabei erblickte, kam mir das ganze seltsam vor. Wieso sollte sie Tee kochen und dann einfach verschwinden, ohne etwas davon zu trinken. Und ganz offensichtlich hatte sie mich auch mit eingeplant, was sehr danach aussah, als hätte sie mit mir reden wollen. So wie ich es mir gedacht hatte. Was bei Salazar war hier los? Es wirkte alles so, als wäre sie ein wenig überstürzt von hier abgehauen. Plötzlich erschien ihr Gesicht wieder vor meinem geistigen Auge, wie sie mich angeblickt hatte. Je länger ich daran dachte erschienen ihre Züge immer klarer vor mir und ich erinnerte mich an die Tränen, welche in ihren Augen geschimmert hatten. Oder bildete ich mir das möglicherweise nur ein? Welchen Grund hätte sie jetzt zu weinen? Ich hatte geschlafen, also bestand noch nicht einmal die Möglichkeit, dass ich irgendetwas falsches gesagt haben könnte.

Mein Blick fiel vor mir auf den Boden. Dort lag mein Hemd. Seltsam. Ich konnte mich nicht an allzu viele nebensächlich Details von gestern Abend erinnern, allerdings wusste ich mit Sicherheit, dass wir uns auf der anderen Seite vom Bett unserer Klamotten entledigt hatten. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt so über sie herzufallen, aber die letzten Wochen hatte mich die Sehnsucht nach ihr förmlich aufgefressen. Natürlich immer nur nachts, wenn ich allein war und mir erlaubte an etwas anderes zu denken, als den Krieg und den Dunklen Lord. Und da war immer sie in meinen Gedanken. Erst wollte ich es mir nicht eingestehen, aber immer, wenn ich an sie vor dem Einschlafen dachte, schien es als wären meine Alpträume nur halb so schlimm. Und gestern hatte ich es einfach nicht mehr ausgehalten. Auch wenn das absolut egoistisch von mir war, wollte ich sie bei mir haben, um nur eine Nacht Pause zu haben und ruhig durchschlafen zu können. Und als ich sie dann vor mir stehen sah, konnte ich nicht anders. Das Bedürfnis sie zu berühren hatte mich einfach übermannt. Ich hatte sie spüren wollen. Ich hatte den Beweis gebraucht, dass ich es mir nicht nur herbeigeträumt hatte.

Ich hob mein Hemd auf, untersuchte es und da sah ich einen Zettel aus der Tasche hervorlinsen. Vorsichtig zog ich ihn heraus und mit einem Schlag war mir alles klar. Ganz bestimmt hatte sie ihn gefunden und gelesen. Ich hatte bereits vollkommen vergessen, dass ich den Zettel in dieser Tasche hatte. Es war Wochen her, dass ich ihn gefunden und an mich genommen hatte. Wieso hatte ich mich ausgerechnet gestern dazu entschieden dieses Hemd anzuziehen... Ich konnte mir vorstellen, wie sie sich möglicherweise fühlte. Außer ich interpretierte zu viel hinein. Vielleicht war es ihr auch vollkommen egal und ihr Verschwinden hatte einen anderen Grund.

Hermione Granger

Leise schniefte ich vor mich hin und versuchte nicht daran zu denken. Ich wusste ja, tief in meinem Hinterkopf vergraben, was er für Lily empfand. Und dass diese Liebe zu ihr auch eine wichtige Rolle für Harry, Ron und mein Überleben spielte. Aber ich konnte nichts gegen die Eifersucht, die nun in mir aufstieg. Aber viel schlimmer war, dass ich mich von ihm benutzt fühlte. Seit einem Monat hatte ich nichts von ihm gehört, dann auf einmal findet er den Brief von ihr und um seine Lücke zu füllen ruft er mich zu sich wie ein billiges Flittchen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen.

Eine Packung Taschentücher erschien aus dem Nichts auf dem kleinen Tisch vor mir. Ich konnte mir ein kleines, klägliches Lachen nicht verkneifen. Schade eigentlich, dass der Raum der Wünsche kein Essen hervorbringen konnte. So ein Becher Eis wäre jetzt genau das Richtige für meinen Herzschmerz. Ich war direkt als ich zurückgekommen bin hierhin geflüchtet. Ich ertrug es einfach nicht, in seinen Räumen zu sein, umgeben von seinem Geruch. Das Erste was hier drinnen erschienen war, war auch eine Dusche, damit ich auch seine Spuren von mir waschen konnte. Außerdem wollte ich nicht riskieren, dass er mir hier ins Schloss folgen würde, denn ich wollte ihn erstmal nicht sehen. Auch wenn ich das für äußerst unwahrscheinlich hielt. Wieso sollte er mir folgen? Aber sicher war sicher.

„Hermione", ertönte die hohe Stimme von Tipsy neben mir. Ich hatte ihre Anwesenheit schon wieder vergessen, nachdem sie seit bestimmt zwanzig Minuten nichts mehr gesagt hatte. Ein wenig schämte ich mich, denn ich hatte ihr mein ganzes Herz ausgeschüttet und ihr alles erzählt. Irgendwem musste ich mich schließlich anvertrauen. Ich blickte zu ihr und erkannte den gequälten Ausdruck auf ihrem Gesicht. „Tipsy... Muss was erzählen. Herr hat es verboten... aber...", sie schien sichtlich mit sich zu ringen. Sie schluckte schwer, holte tief Luft und setzte dann mit festerer Stimme fort, „Herr hat sich auch jeden Tag danach erkundigt, wie es Hermione geht... und was Hermione macht!"

----------------------------
Bitte nicht vergessen zu voten!

anything you've been dreaming ofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt