Kapitel 28

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Nachdenklich aß ich mein Abendbrot, während ich seine verstohlenen und ungeduldigen Blicke auf mir spürte. Er wartete darauf, dass ich endlich fertig wurde. Dabei war er es doch, der mich überredet hatte zum Essen zu gehen. Eigentlich wollte ich keine Minute des Abends verschwenden. Unserer gemeinsamen Zeit. Es war nun eine Woche vergangen, seit unserer Begegnung auf dem Flur. Die vergangene Woche hatten wir uns jeden Tag gesehen. Genauer hatte ich jede Nacht bei ihm geschlafen. Mit ihm geschlafen. Es war überwältigend. Doch wie jedes Mal, sobald ich etwas Abstand gewonnen hatte und wieder klar denken konnte, überkamen mich Zweifel. Zweifel daran, was das zwischen uns war. Wie es weiter gehen sollte. Und was passieren würde, wenn das irgendwer herausfinden würde. Aber was mir noch viel mehr Sorgen machte, war, was mit mir passieren würde, je länger wir das zu mit uns weiterlaufen ließen. Ich merkte bereits jetzt, wie ich Stück für Stück mein Herz an ihn verlor. Wie ich immer näher an den Abgrund kam, den ich zweifelsohne irgendwann hinunterstürzen würde. Ich träumte immer mehr von ihm. Träume die sich beinahe wie Erinnerungen anfühlten. Es wäre das Beste, es auf der Stelle zu beenden. Um den Schaden noch möglichst klein zu halten. Doch dafür hatte ich einfach nicht die Willenskraft. Ich genoss jeden Augenblick mit ihm zu sehr. Und meine Hoffnung, dass er auch mehr für mich empfinden würde, hielt mich davon ab. Es gab Momente, in denen war ich mir absolut sicher, dass er mich auch liebte...

Ich riss meine Augen auf. Verschluckte mich und hustete laut los. Alle Augen waren auf mich gerichtet und das Mädchen, welches neben mir saß, klopfte mir unbeholfen auf den Rücken. Ich versuchte mich zu beruhigen, trank ein Schluck Wasser und krächzte heißer mit hochrotem Kopf „Danke geht schon wieder..."

Hatte ich das gerade wirklich gedacht?! Oh verdammt... Ja... es ist so offensichtlich. Die ganze Woche und sogar schon davor wollte ich es mir dich eingestehen. Doch ich war bereits verloren. Ich hatte mich bereits in ihn verliebt. Genau deshalb brachte ich nicht den Mut und die Kraft auf das mit uns zu beenden. Deshalb konnte ich nicht locker lassen, bis das mit uns geklärt war. Ich bemerkte seinen stechenden und fragenden Blick auf mir, wich ihm allerdings aus. Wieso musste mir diese Erkenntnis ausgerechnet jetzt kommen... Bei Merlin! Weiter in Gedanken versunken stocherte ich in meinem Essen herum.

Ein Räuspern ließ mich hochschrecken. Ich blickte direkt in seine schwarzen Augen und tausend kleine Schauer durchfuhren mich. „Wollen Sie noch länger mit Ihrem Essen spielen, Miss Granger, oder sind Sie endlich fertig. Falls Sie es nicht bemerkt haben, die anderen sind bereits alle weg! Haben Sie vor die Nacht hier zu verbringen?!", scharrte er genervt, jedoch hörte ich einen gewissen Unterton heraus, der mir verriet, dass er es nicht so meinte. Er war nur ungeduldig. Und wollte wie jeden Abend mit mir in seine Räume. Nur half mir das gerade überhaupt nicht. Denn genau so etwas ließ mich denken und hoffen, dass es mehr als nur 'Benutzen' war. Denn wieso wollte er ausgerechnet mit mir seine Nächte verbringen, wo er doch bestimmt super leicht so ziemlich jede haben könnte. „Severus!", mahnte McGonagall empört. „Schon gut", brummte ich schlecht gelaunt. Ruckartig stand ich auf und verließ schnellen Schrittes den Saal. Allerdings ging ich nicht in seine Räume, sondern in den Gryffindorturm.

Ich war noch nie so froh, wie jetzt gerade, die einzige Gryffindor zu sein, die über Weihnachten hier war. Im Gemeinschaftsraum lief ich unruhig auf und ab und raufte mir die Haare. „Ich bin so dämlich... So verflucht dämlich... Wieso... Wieso nur... Es war so klar, dass das Passieren musste... verflucht...", murmelte ich - wütend auf mich selbst - vor mich hin. Ich musste mich von ihm fernhalten. Mein Herz schützen. Aber wie?

Gerade als ich mir die Hände vor das Gesicht schlug, um dieses verzweifelt darin zu vergraben, schwang das Gemälde auf und jemand trat ein. Schnell blickte ich auf. Ich versuchte meine Verwunderung zu unterdrücken und mir fiel auf, dass meine Haare bestimmt schrecklich aussahen, da ich so wütend durchgefahren war. „Was machst du hier? Wie kommst du denn hier rein? Woher hast du das Passwort?", fragte ich und band mir dabei wie beiläufig die Haare zu und trat leicht nervös etwas von ihm weg.

„Ich bin ein Lehrer. Ich komme in jeden Gemeinschaftsraum", beantwortete er zumindest meine eine Frage und beobachtete mich genau. Kurz breitete sich eine unangenehme Stille zwischen uns aus. „Du warst nicht in meinen Räumen", stellte er fest. Ich sah ihn nur an und erwiderte nichts darauf. Also sprach er weiter, „Ich wollte sehen, ob es dir gut geht." „Ja alles bestens" sagte ich mit reservierter Stimme. Ich wusste nicht, wie ich seine Nähe weiter ertragen sollte. Mein Herz pochte nur allein durch seine Anwesenheit wie wild und meine Knie wurden butterweich. Ich wollte nichts mehr, als ihm nah zu sein, doch stattdessen machte ich ein paar weitere unauffällige Schritte weg von ihm. Mit großen Schritten trat er auf mich zu, blieb dicht vor mir stehen und strich sanft eine Strähne hinter mein Ohr. Unfreiwillig bekam ich eine Gänsehaut und wollte nichts mehr, als mich gegen ihn zu lehnen. Ich richtete meinen Blick auf den Boden, weil ich seinem nicht mehr standhalten konnte.

Sanft durchbrach seine dunkle, melodische Stimme die Stille „Hey. Was ist los? Ist es wegen vorhin beim Essen? Das war doch nicht so gemeint..." Mein Inneres kribbelte. Es schien ihn wirklich zu interessieren. Halt! Vermutlich wollte er mich einfach eine weitere Nacht in seinem Bett haben. „Ich weiß. Das ist es auch gar nicht", erwiderte ich kühl und nahm all meine Kraft zusammen, um von ihm wegzutreten. Doch er ließ nicht locker „Was ist es dann?" Hatte er es so nötig? Ich verschränkte die Arme vor der Brust und ließ mich auf das große Sofa sinken und brummte „Ach nichts!"

„Hermione! Komm schon!" „Ich bin halt nicht in der Stimmung OKAY?!", zischte ich wütend. Ich rechnete damit, dass er jetzt gehen würde, doch stattdessen setzte er sich neben mich auf das Sofa und nahm ein Buch, welches auf dem Tisch davor lag. Entgeistert starrte ich ihn an. Er öffnete das Buch, sagte „Ist angekommen", griff nach meiner Hand, verschränkte unsere Finger ineinander und begann zu lesen. Was bei Merlin! Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Mein Herz allerdings dachte zu verstehen. Es machte freudige Sprünge. Das musste doch etwas bedeuten. Ich musterte sein Gesicht genau, beobachtet, wie seine Augen schnell über die Buchstaben flogen und versuchte schlau aus ihm zu werden. Wollte er tatsächlich einfach bei mir bleiben? Ohne das Körperliche? Einfach bei mir? „Willst du mich den ganzen Abend anstarren?", murmelte er, den Blick auf das Buch gerichtet, während sein Daumen sanfte Kreise auf meiner Hand zog.

Mein Kopf war wie leergefegt und so übernahm mein Körper einfach die Kontrolle. Ich löste unsere Hände, was ihn fragend aufschauen ließ, legte mich dann allerdings schnell seitlich hin und bettete meinen Kopf auf seinem Schoß. Ich spürte seinen Blick auf mir und begann sanfte Kreise auf sein Knie zu malen. Ein leises Seufzen entfuhr ihm. Verlegen nuschelte ich „Liest du mir vor? Oder hast du vor mich den ganzen Abend anzustarren?" Er räusperte sich leise und begann dann tatsächlich laut zu lesen. Seine Hand fuhr neben zu in zarten Linien über meine Seite und er hörte nur kurz zum Umblättern auf und machte dann gleich wieder weiter. Genießerisch schloss ich meine Augen. Bei Merlin, wie ich seine Stimme liebte...

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