Kapitel 77

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Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich nun schon schluchzend auf dem Boden lag und alle wirr auf mich einredeten. Ich verstand nicht was sie sagten und es war mir auch egal. Nichts war mehr wichtig. Sie sollten mich einfach nur alle in Ruhe lassen, doch die Kraft ihnen das zu sagen, konnte ich nicht aufbringen. Doch scheinbar war das gar nicht notwendig, denn nach ein paar Minuten realisierte ich, dass es still um mich geworden war. Endlich allein. „Hermione." Oder auch nicht. „Hermione! Komm schon steh auf!" Ich rührte mich nicht. „Jetzt mach die Augen auf!" Aber mir war nicht danach. Schließlich spürte ich, wie sich Arme unter meinen Oberkörper schoben und mich dann schließlich nach oben hievten. „Lass mich in Ruhe!", krächzte ich, obwohl ich eigentlich schreien wollte. Die Person schleifte mich etwas durch den Raum und ließ mich anschließend auf einen Sessel plumpsen. „Verdammt noch mal Hermione! Reiß dich zusammen!", zischte die Person und schüttelte mich an den Schultern. Ich sollte mich zusammenreißen?! Wut durchströmte mich augenblicklich. Wie sollte ich mich bitte zusammenreißen?! Ich hatte gerade rausgefunden, dass ich einfach alles verloren hatte. Mit einem Mal riss ich die Augen auf, bereit meinen Gegenüber anzuschreien. Zuerst waren alle Umrisse verschwommen und es dauerte etwas, bis sich das Gesicht von Harry scharfstellte.

„Na endlich! Geht doch!", brummte er. „Was fällt dir eigentlich ein!", ich versuchte mich vom Sessel zu erheben, was gar nicht so leicht war, denn meine Beine fühlten sich kraftlos an, doch die Wut die jetzt nur noch mehr in mir hochkochte gab mir die nötige Kraft. „Du wusstest es, nicht wahr?!", knurrte ich ihn an. Sein wissendes Grinsen, als er mir den Zeitungsartikel gegeben hatte. Es musste so sein. Er wusste es. Und sein Schweigen bestätigte mich. „Wieso?! Wieso hast du mir das angetan?! Wieso habt ihr mir das angetan?! Du und Dumbledore!", schrie ich, er wollte etwas erwidern, doch ich war noch nicht fertig. „Wie grausam müsst ihr bitte sein?! Hättet ihr mich nicht einfach unwissend lassen können? In dem Glauben leben und mit Ron glücklich werden lassen! Wieso habt ihr mir das angetan! Jetzt muss ich irgendwie mit dem Wissen was ich verloren habe weiterleben! Wie konntest du nur!", gegen Ende wurde meine Stimme immer schriller und schließlich versagte sie ganz.

„Mensch, Hermione! Du wärst doch niemals mit Ron wirklich glücklich geworden", sagte er mit seelenruhiger Stimme. „Ach ja?! Woher willst du das bitte wissen? Jetzt werde ich ganz bestimmt nie wieder glücklich!", fauchte ich verzweifelt. „Du bist wütend und das kann ich verstehen. Aber ich weiß, dass du das nicht ernst meinst. Und vielleicht könntest du mich auch mal ausreden lassen, damit..." „Und wie ich das ernst meine! Was bringt es mir zu wissen, was ich verloren habe, wenn ich es nie wieder bekommen kann...!", schluchzte ich. „HERMIONE! Wenn du mich mal ausreden lassen...!" „Geh einfach! Ich will allein sein", unterbrach ich ihn.

„Verdammt Hermione! Bist du nun eine Hexe oder nicht?!", brüllte Harry in einer Lautstärke, die mich zusammenzucken ließ. Mit aufgerissenen Augen blickte ich ihn an, doch ich verstand nicht, was er mir damit sagen wollte. Mit großen Schritten ging er zu dem Tisch und schnappte sich die kleine blaue Schachtel, aus welcher ich vorhin die Phiole hatte. Er kam zurück und hielt sie mir hin. „Was soll ich damit? Ich habe die Phiole bereits ausgepackt. Außerdem ist mir gerade echt nicht nach Hochzeitsgeschenken!", brummte ich. „Verdammt noch mal, wie kann sich ein Mensch nur so anstellen! Schau rein!", rief Harry mit einem Hauch Verzweiflung in der Stimme. Genervt riss ich ihm das Päckchen aus der Hand und hörte am Geräusch, dass tatsächlich noch etwas darin war. Ich hatte es vorhin wohl übersehen, da ich nur Augen für die Phiole hatte. Obwohl es mich eigentlich nicht interessierte, was Dumbledore mir sonst noch so schenken wollte, warf ich einen Blick hinein, damit Harry mich dann vielleicht endlich in Frieden lassen würde. Etwas Goldenes schimmerte mir entgegen.

Natürlich wie konnte ich nur so dumm sein. Ich hatte mich von meiner Trauer so vereinnahmen lassen, dass ich gar nicht mehr weiter darüber nachgedacht hatte. Ich hielt eine weitere Chance in meinen Händen. Ehrfürchtig zog ich den Zeitumkehrer aus der Box. Ich wollte ihn mir gleich über den Kopf ziehen und an dem Rädchen drehen, doch Harry, der meine Gedanken scheinbar gelesen hatte hielt mich zurück. „Warte! Du bist gerade noch viel zu sehr durch den Wind, außerdem müssen wir noch ein paar Sachen regeln, bevor du gehst." Ich nickte. Er hatte recht.

„Okay. Also ich habe genaue Anweisungen von Dumbledore. Du musst dieses Mal nicht so weit zurückreisen, denn dein anderes Ich ist bereits in dieser Zeit und deine Erinnerungen und vor allem der Brief beweisen endgültig, dass das nicht mehr nötig sein wird. Er liebt dich bereits, also gibt es nur noch das Problem mit dem Trank. Ich habe ihn in den letzten Monaten selbst gebraut, nur wie du vielleicht weißt, sind Zaubertränke nicht gerade meine Stärke, also gab es das ein oder andere Missgeschick, welches mich zeitlich etwas zurückgeworfen hat. Deshalb habe ich auch bis heute gewartet, um dir deine Erinnerungen zurückzugeben. Ginny ist gerade unterwegs und holt den Trank, nachdem ich heute die letzte Zutat hinzugefügt hatte und er noch eine Weile ziehen musste. Du kannst also genau zurückreisen zur Schlacht und den richtigen Moment abpassen. Und du solltest am besten direkt in der Heulenden Hütte zurückreisen. Also müssen wir erst noch dahin."

Ich nickte, doch etwas war mir aufgefallen. „Wieso hast du eigentlich trotzdem dreieinhalb Jahre gewartet, bis du mit dem Trank angefangen hast?"

„Ich wusste es nicht vorher. Ich hatte dich damals auf der Karte der Rumtreiber entdeckt im sechsten Schuljahr. Und ich musste gestehen ich war etwas verwirrt, wieso du bei Snape warst. Ich bin direkt zu Dumbledore gegangen, doch der hatte mir nur erklärt, dass du irgendeinen Auftrag hattest. Mehr nicht. Ich muss gestehen ich war etwas neugierig, aber ich hatte es bald darauf wieder vergessen, da sonst so viel passiert war. Bis wir auf der Jagd nach Horkruxen waren und ich gesehen hatte, dass du öfter bei ihm im Bett lagst. Ich kann nicht leugnen, dass ich total angewidert war, aber ich hatte wahrlich besseres zu tun zu dem Zeitpunkt, also hatte ich es aus meinen Gedanken wieder verdrängt. Bis vor ein paar Monaten. Kimmkorn hatte den Brief gefunden und hat bevor sie ihn heute veröffentlicht hat, monatelang nach jemandem Gesucht, der ihr mehr dazu sagen konnte. Sie wollte es eigentlich vermeiden den Brief ohne bahnbrechende Ergebnisse zu veröffentlichen. Ich bin sofort zu Dumbledores Portrait, als sie ihn mir gezeigt hatte." Er machte eine kurze Pause.

„Aber wir sollten jetzt keine Zeit mehr verschwenden und uns auf den Weg machen. Wir werden Ginny dort treffen. Die Hochzeit wurde etwas nach hinten verschoben, aber ich denke wir sollten schnell abhauen, bevor wir mehr Aufmerksamkeit als nötig erregen." 

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