Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln und mir genau zu überlegen, was ich ihm jetzt antworten würde. Ich hoffte inständig, dass er mein Schweigen als Erschöpfung von dem Eben geschehenen deutete. Dass er dachte, ich bräuchte noch ein paar Minuten, um mich von dem ganzen zu erholen. Ich starrte eine gefühlte Ewigkeit, welche in Wahrheit vermutlich nur zwei Minuten waren, auf mein Wasserglas und dachte angestrengt nach. In meinem Kopf bildete sich langsam eine Ausrede, die er mir mit etwas Glück abkaufen würde. Eine recht simple Ausrede, um ehrlich zu sein. Darauf hätte ich echt auch schneller kommen können, aber ich mich ließen diese Erinnerungen, die plötzlich in meinem Kopf aufgetaucht waren und noch immer darin herumschwirrten, sich aber einfach nicht kontrolliert greifen lassen wollten, sondern einfach so erschienen, einfach nicht klar denken. So konnten mir meine Erinnerungen wohl auch nicht dabei helfen, die passende Ausrede zu finden, denn ich hatte sie ja schon einmal erfolgreich anwenden müssen, oder? Sonst könnte all dies hier gar nicht geschehen. Oder irrte ich mich da? Ach bei Merlin! Dieser ganze Zeitreisequatsch war schon echt mehr als verwirrend. Aber jetzt musste ich mich erst einmal darauf konzentrieren, Severus dazu zu bringen, mir zu glauben. Meine Gedanken konnte ich auch noch später in Ruhe ordnen.
Ich hob meinen Blick und traf auf seine besorgt wirkenden Augen, die mich ausgiebig und abwartend musterten. Ich war ihm echt dankbar, dass er mir diesen Freiraum gegeben hatte. Ich seufzte leise und hoffte, dass er mir einfach ohne große Probleme Glauben schenken würde. „Ganz ehrlich? Ich habe absolut keine Ahnung, was das gerade war", antwortete ich ihm und ich stellte fest, dass meine Stimme tatsächlich recht überzeugend klang. Jetzt musste ich nur hoffen, dass sie überzeugend genug für ihn war. Sein Blick durchbohrte mich regelrecht, als schien er zu überlegen, ob ich wirklich die Wahrheit gesagt hatte, aber ich hielt dem Stand. Der Gedanke an ihn und dass er leben musste, ließ es zu, dass ich ihn ohne mit der Wimper zu zucken anlügen konnte. Ich hatte nun keine Zweifel mehr daran, dass er mich niemals gehen lassen würde, wenn er die Wahrheit wüsste. Lieber würde er mich vorher obliviieren.
Und es schien zu wirken! Ich hatte ihn überzeugt. Er hatte zwar noch nichts gesagt, aber ich erkannte es eindeutig an seinem Blick, der noch weicher geworden war. Das war ja einfach. Genau genommen war es zu einfach. Ich hatte mir eigentlich noch viel mehr Worte zurechtgelegt gehabt und mich schon innerlich auf ein kleines Kreuzverhör eingestellt. Wieso war es so leicht?Und dann fiel mir plötzlich wieder ein kleines Detail ein, was ich beinahe durch seine Frage vergessen hätte. „Und was ist mit dir?" fragte ich. „Was meinst du?" wich er aus, doch ich wusste, dass ihm klar war, wovon ich redete. „Du hattest auch irgendwas! Du hattest Schmerzen! Was war das?" „Da war nichts. Das hast du dir bestimmt nur eingebildet!", erwiderte er etwas zu schnell. „Komm schon, Sev! Sag es mir!", drängte ich ihn. Ich musste einfach sichergehen, dass er nicht auch irgendwelche Erinnerungen wiedererlangt hatte, was erklären würde wieso er mir so schnell glaubte. Allerdings hätte ich dann mit etwas mehr Widerstand von ihm gerechnet. Vielleicht wäre es ja doch kein Problem mit ihm über die ganze Thematik zu reden und er würde sich gar nicht so querstellen, wie ich und vor allem McGonagall gedacht hatten. Alles könnte so viel einfacher sein. Aber erst musste ich Gewissheit haben.
„Also schön...", begann er zögerlich „Dieser Anfall den du hattest. Er kam mir recht bekannt vor. Ich hatte solche Anfälle in den letzten Monaten häufiger. Und ich kann einfach nicht herausfinden, woran das liegt. Manchmal fühle ich mich so, als würden meine jüngsten Erinnerungen verlieren. Alles was nach der Schlacht passiert war, um genau zu sein. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu realisieren, dass es sich nur um diese handelt und ich finde einfach keine plausible Erklärung dafür. Und ein Gefühl der Schwäche durchströmt mich. War es bei dir das Gleiche? Hattest du das auch schon öfter? Hermione du hättest damit echt zu mir kommen müssen! Wir werden eine Lösung finden. Wir werden herausfinden, was das war...!"
Ich starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Wenigstens wusste ich jetzt, warum er mir so schnell geglaubt hatte, denn das lag keines Wegs an meinen begnadeten Schauspielkünsten. Aber Verflucht! Schuldgefühle durchströmten mich. Ich hätte ihm diese Qualen ersparen können. Nur wegen mir, musste er ständig diese Anfälle durchmachen. Weil ich nicht früher gehandelt hatte. Okay... Seit Monaten wusste ich es nun auch wieder nicht, aber immerhin seit einer Woche. Ich hätte ihm eine Woche Leid ersparen können.
Ich bemerkte seinen abwartenden Blick auf mir. Er erwartete eine Antwort. „Ähm... Ja genau... so hat sich das angefühlt", log ich ihn an. „Aber das war wohl mein erster... Anfall... Aber wieso hast du mir bitte nichts gesagt!", erwiderte ich und wurde gegen Ende leicht wütend. Vielleicht hätte mir dieses Wissen meine Entscheidung, ob ich der Direktorin Glauben schenken konnte, erheblich erleichtert. Vielleicht hätte ich auch schon früher den Rat von der alten Hexe eingeholt, um etwas über seinen Zustand zu erfahren und sie hätten mir schon viel früher Bescheid geben können. Okay vermutlich eher weniger... Immerhin hätte ich das mit Sev und mir dann verraten. Aber er hätte das wenigstens nicht die ganze Zeit über allein durchmachen müssen.
Aber eine Antwort von ihm darauf würde ich wohl nie erhalten. Zumindest nicht in nächster Zeit, denn genau in diesem Moment verzog sich sein Gesicht und seine Qualen waren deutlich zu erkennen. Und dieses Mal sah ich es ganz deutlich. Seine Umrisse verschwammen und es wirkte beinahe so, als würde er sich auflösen. Er sah schon fast aus wie ein Geist. „Severus!", schrie ich panisch auf, doch er reagierte nicht. Es schien, als würde er nichts um sich rum wahrnehmen. Und es hörte einfach nicht auf. Nun begann sein Körper auch noch unkontrolliert zu zucken und krachend fiel er auf den Boden.
Hilfe! Ich brauchte Hilfe! Aber wer... Dumbledore! Nein... Professor McGonagall! Panisch zog ich meinen Zauberstab und versuchte einen Patronus heraufzubeschwören. Aber es wollte mir einfach nicht gelingen. Wie könnte ich jetzt bitte eine glückliche Erinnerung festhalten, wenn der Mann, den ich liebte gerade dabei war sich regelrecht in Luft aufzulösen.
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anything you've been dreaming of
FanfictionNach dem Krieg kehren die Schüler und Schülerinnen wieder zurück nach Hogwarts. Darunter auch Hermione Granger, Kriegsheldin und beste Freundin von Harry Potter. Auf unerklärliche Weise hat der dunkle Professor Snape überlebt, wird als Held gefeiert...