Where The Lonely Ones Roam

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53:

Vorsicht: Suizidgedanken und -versuch & Depressionen

Es machte doch keinen Sinn. Früher hatte ich geglaubt alles zu verstehen, den Sinn des Lebens zu verstehen, doch ich hatte mich gettäuscht. Alles war den Bach hinunter gelaufen und es gab nichts mehr, dass mich aufrecht hielt. Meine Mutter wollte mich nicht mehr sehen, gab meinen Schwestern keine Chance mich zu sehen und hatte nebenbei noch alle meine Freundschaften zerstört. Und das alles nur, weil ich ihr erzählt hatte, dass ich schwul war. Damit hatte ich mir auch noch das Einzige kaputt gemacht, dass mich irgendwie aufheitern konnte - meine Beziehung.

Mira war ein nettes Mädchen gewesen, doch ich schätze mal, es kam nicht so gut an, dass ihr Freund Schluss gemacht hatte, weil er realisiert hatte, dass er schwul war. Daraufhin wollte sie Abstand zu mir, ich verstand sie und gab ihn ihr. Damit hatte ich alle verloren, die mir jemals etwas bedeutet hatten.

Da war niemand, der mir helfen konnte.

Ich wollte einfach nicht mehr so leben. Ich konnte es nicht. Was hatte ich nur falsch gemacht, dass alles so enden musste?

Ohne die Kälte, die durch meine Knochen kroch, zu spüren, setzte ich mich auf den leicht gefrorenen Boden neben dem See. Gedankenverloren starrte ich auf das Wasser hinaus. Es musste kalt sein, eiskalt. Klar, es war ja auch fast noch Winter. Lange würde man es in dem Gewässer nicht überleben. Würde man eher ertrinken, oder doch erfrieren? Beides? Würde das weh tun? Würde es schnell gehen?

Zögerlich stand ich auf und ging näher an den See heran. Ich bückte mich und streckte eine Hand in das Wasser hinein. Fast wäre ich zurückgezuckt, als die kalte Nässe auf meine trockene, raue Haut traf. Ich fühlte wie sich die Eiseskälte ausbreitete, nur einen leichten Schmerz mit sich brachte und dann alles betäubte. Auf meinen Lippen war beinahe ein kleines Lächeln zu sehen, wie gut es doch tat, diesen verdammten Schmerz, den ich seit meinem Geständnis tragen musste, zu betäuben, loszuwerden.

Es würde aufhören. Der Schmerz wäre weg. Vielleicht sollte ich es wirklich tun, ich wäre alle Probleme mit einem Schlag los und müsste mich nicht mehr mit allem klar kommen. Ich könnte wieder selbst bestimmen was mit meinem Leben passieren würde.

Entschlossen stand ich auf und machte einen Schritt nach vorne. Das Wasser umspülte meine Schuhe.

Dann noch ein Schritt. Erste kleine Tropfen drangen durch das Material meiner Schuhe, trafen auf meine Haut.

Zuerst Schmerz, dann nichts.

Wunderbares Nichts.

Ich lächelte.

Ein nächster Schritt. Wasser wogte um meine Unterschenkel und ich spürte wie ich der Freiheit immer näher kam.

"Warte!"

Eine tiefe, melodiöse Stimme riss mich aus meiner Versunkenheit. Schnell drehte ich mich um und sah einen großen, jungen Mann auf mich zu laufen. Meine Augen wurden riesig, als er direkt auf mich zu kam und kaum einen Meter vor mir stehen blieb.

"Tu es nicht.", sagte er, leicht außer Atem.

Ich schluckte. Warum sollte ich es denn nicht tun? Es würde alle meine Schmerzen auslöschen und es würde besser werden.

"Warum sollte ich es nicht tun?", fragte ich. Meine Stimme klang rau, so als ob sie schon längere Zeit nicht mehr gebraucht worden wäre. Und das stimmte auch, mit wem sollte ich denn auch reden, ich hatte ja niemanden mehr. Es überraschte mich selbst, dass ich mit dem Fremden sprach. Was hatte er, das mich zögern ließ?

"Bitte, tu es nicht.", sagte er wieder. Zögerlich schaute ich zwischen dem erlösenden Wasser und dem jungen Mann hin und her. Er streckte eine Hand nach mir aus und das war es, was mich brechen ließ. Er wollte mir helfen. Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren war da jemand, der mir helfen wollte. Ich schluchzte einmal auf und griff dann zittrig nach der ausgestreckten Hand.

Larry <3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt