Mister X

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8:

Die Türklingel schellte und ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es genau halb sieben am Abend war. Ich sprang auf und lief zur Tür, die ich sofort aufriss.

Niemand stand davor.

Ich schaute auf den Boden und sah einen Brief da liegen mit einer einzelnen roten Rose darauf.

Mist, ich war schon wieder zu spät.

Für was?
Um denjenigen zu sehen, der mir seit fast zwei Wochen jeden Tag einen süßen, wunderschönen Brief mit einer Blume brachte.

Immer irgendein Kompliment und eine Blume.

Nie dasselbe.

Vorsichtig hob ich die Rose und den Brief auf und schaute mich noch ein letztes Mal um. Nichts.

"Danke," flüsterte ich in den Abend hinaus, nur für den Fall, dass der Überbringer dieser Botschaften noch da war und mich hören konnte. Ich bekam keine Antwort. Nicht, dass ich eine erwartet hätte, es wäre nur schön gewesen, zu wissen, wer hinter all dem steckte.

Seufzend drehte ich mich um und ging in das Haus zurück, hinauf in mein Zimmer. Ich stellte die Rose zu den anderen Blumen in eine Vase.

Lilien in verschiedenen Farben, gesprenkelte Pfingstrosen, bunte Tulpen und dazwischen steckte nun eine rote Rose.
Ich musste lächeln und sog den Duft der Blumen ein. Erfrischend und wohltuend. Entspannend und angenehm. Ich liebte den Geruch.

Lächelnd setzte ich mich auf mein Bett und öffnete vorsichtig den Briefumschlag um den gefalteten Zettel heraus zu nehmen. Ich strich ihn glatt und begann die kleine Nachricht zu lesen.

Louis,

Ich wollte dir schon immer sagen, wie sehr ich deine Augen liebe.
Die Farbe erinnert mich an den Himmel und sie beruhigt mich. Ich weiß immer, was in dir vorgeht wenn ich dir in die Augen schaue, denn sie sind der Schlüssel zu deiner Seele.

Love,
Mr X xxx

Während dem Lesen waren meine Wangen rot angelaufen und ich konnte das dumme Lächeln gar nicht mehr aus meinem Gesicht verbannen.

Irgendwie klang das alles so, als würde er mich besser kennen als ich mich selbst und obwohl mir das Angst machen sollte, fühlte ich mich nur geschmeichelt. Es war süß.

Ich würde nur zu gerne wissen, wer es war.
Schon seit einer Woche versuchte ich herauszufinden wer er war. Doch er war immer schneller als ich.

Mit dem Brief, sorgsam zusammen gefaltet in der Hosentasche ging ich wieder nach unten, am Wohnzimmer vorbei und in die Küche, in der meine Mutter gerade unser Abendessen kochte.
Sie war tagsüber immer arbeiten, deshalb aßen wir erst abends.

"War dein heimlicher Verehrer schon wieder da?", fragte sie verschmitzt grinsend, als sie mich bemerkte. Ich spürte wie meine Wangen mal wieder rot anliefen und als meine Mutter das sah, wusste sie Bescheid.

Ich erzählte ihr alles. Wir hatten keine Geheimnisse vor einander und das war auch gut so. Ich konnte auf sie zählen, wenn ich sie brauchte und umgekehrt.
Das war wahrscheinlich auch notwendig, denn wir lebten alleine. Mein Vater hatte uns verlassen, als ich noch nicht einmal sieben Jahre alt war. Er hatte keine Erklärung abgegeben, sondern war einfach eines Abends nicht mehr nach Hause gekommen und nach einer Woche war sein ganzes Gewand und seine Sachen aus unserem Haus verschwunden. Er musste sie irgendwann in der Nacht geholt haben.

Ich hatte nur wenige Erinnerungen an ihn, aber das hinderte mich nicht daran ihn zu hassen. Meine Mutter hatte ihn geliebt und er hatte uns verlassen. Einfach so.

Larry <3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt