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Leise vor sich hin summend räumte Harry seinen Arbeitsplatz zusammen. Vor ein paar Minuten hatte er einem kleinen Hund ein neues Zuhause geschaffen und er war jetzt dabei, den Schlafplatz des Welpen zu säubern.
Harry liebte seine Arbeit in dem Tierheim, das er selbst gegründet hatte. Es war immer sein Traum gewesen irgendwie mit Tieren zu arbeiten und welche bessere Möglichkeit gibt es, als ein Heim zu eröffnen. Jedoch legte Harry besonderen Wert auf die Unterkunft der kleinen Rabauken und so gab es in seinem Tierheim kaum Käfige, sondern er hatte eigene Räume für sie eingerichtet. So gab es jetzt einen Hunderaum, den Harry spielerisch Welpenbau nannte, und einen damit verbundenen Raum für ältere Hunde, die ihre Ruhe haben wollten. Dann gab es da noch den Katzenraum, der den Namen Kletterhöhle trug. (Harrys Tierheim beschränkte sich auf diese beiden Tierarten, da sein Geschäft am Rand einer Stadt war, umgeben von ein paar anderen Läden und es war schwer, hier viele Tiere zu halten.)
Mit einem Lächeln auf den Lippen wuschelte Harry dem kleinen Welpen, der gerade an seiner Hose schnüffelte, über den Kopf.
"Na, du kleiner Streuner, wie gehts denn?", fragte Harry den Welpen, welcher, als er die Stimme hörte, zu fiepen begann. Der Lockenkopf musste leise lachen und setzte sich zu dem kleinen Hund auf den Boden. Sofort versuchte der rabenschwarze Hund auf seinen Schoß zu klettern, doch er war noch so ungeschickt, dass er es nicht schaffte. Vorsichtig half Harry ihm wieder auf, als der Kleine abrutschte und umfiel und hob ihn auf seinen Schoß. Sobald der Welpe auf ihm herum tapsen konnte, ließ er sich fallen und rollte sich auf Harrys Beinen zusammen.
Lächelnd streichelte Harry über das Fell des kleinen Hundes. Ja, er liebte seinen Job.
Das Geräusch der Klingel an der Tür ertönte, signalisierte, dass jemand hereingekommen war. Seufzend hob Harry den Welpen von ihm runter, kraulte ihn noch mal am Ohr und ging dann durch die Tür raus aus dem Welpenbau, um den neuen Kunden zu begrüßen.
Das Erste, was ihm auffiel, waren hellbraune, verwuschelte Haare. Sie gehörten einem jungen Mann, der etwa in Harrys Alter sein musste. Der Fremde war Harry sofort sympathisch, obwohl er ihn noch nicht einmal ein Wort hatte sprechen hören.
"Hi," rief Harry dem jungen Mann zu, der sich abrupt zu ihm umdrehte, als er seine Stimme hörte.
"Hallo, ich wollte fragen, wo ich-", begann der Fremde zu reden, doch als seine Augen auf Harrys trafen, stockte er und brach ab.
Harry sah ihn verwirrt und etwas belustigt an. Was wollte der Fremde wissen? Er ging etwas näher zu ihm hin und sah ihn fragend an.
Der junge Mann öffnete den Mund, doch es kam nichts heraus. Harry zog seine Augenbrauen verwirrt hoch. Warum sagte er denn nichts?
"Ähm . . . ich wollte w-wissen, ob . . . du hier kleine Katzen verkaufst.", stieß der Fremde dann hervor. Harry konnte sich nicht davon abhalten und musste leise lachen. Der Mann vor ihm war irgendwie süß. Und Harry musste zugeben, dass ihm diese wachen, blauen Augen eine einzigartige Ausstrahlung verliehen. (Und die Haare waren auch nicht zu verachten, sahen sie doch so unglaublich weich aus.)
"Das ist der Sinn dieses Geschäfts.", antwortete Harry dann frech und lächelte als sich ein leichter Rotschimmer über die Wangen des Fremden zog. Dieser trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und stotterte herum.
Bald bekam Harry Mitleid mit dem jungen Mann und nahm die Sache selbst in die Hand.
"Willst du dir die Katzen anschauen?", fragte er und der Blauäugige nickte erleichtert.
Sofort drehte Harry sich um und deutete dem Fremden, er solle ihm folgen. Der Lockenkopf ging die wenigen Schritte zur Kletterhöhle, dem "Heim" der Katzen. Vorsichtig stieß er die Tür auf, um keines der Kätzchen zu treffen. Und dann standen sie in dem geräumigen Zimmer, das für die Katzen wohl ein Paradies sein musste.