105. Flugzeuge im Bauch

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Sehr spät, ich weiß, es tut mir leid! Ich gebe mir alle Mühe, das wieder gradezubiegen!
Das Gespräch (:
Mal schauen, wie es ausgeht. Ich hoffe, euch geht es gut!!!
Nothin' is enough
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Pov Franzi

Dad schloss die hölzerne Tür meines gemütlichen, alten Kinderzimmers durch einen etwas zu kräftigen Ruck und sie fiel mit einem Knallen ins Schloss. Oma hatte das sicher bis in die Küche gehört und war jetzt erschrocken zusammengezuckt. Wären keine Gäste im Haus, hätte sie halb wütend und halb resigniert nach mir gerufen, um mir das Versprechen abzunehmen, die Türen stets leise zu schließen. Dass ich das immer nach ein paar Minuten wieder vergessen hatte, war ihr dabei egal. Und dass mein Vater derjenige war, der hier die meisten Türen knallte, nahm sie mir sowieso nicht ab.

Dad wandte sich mit einem Gesichtsausdruck zwischen Verwirrung und Genervtheit zu mir um.

,,Worüber wolltest du mit mir sprechen, Franzi?"

Ja, worüber denn nur? Vielleicht über das Wetter.
Ich seufzte. Meine sarkastische Ader würde diesem Gespräch ziemlich sicher nicht gut tun, gar nicht gut. Mein Vater verstand Ironie entweder gar nicht oder als schreckliche Provokation und wenn ich eine ehrliche Entschuldigung und Verständnis wollte, sollte ich kein Pulverfass so nah ans Feuer stellen.

Ich überlegte kurz, ob ich mich aufs Bett pflanzen sollte, ließ es das aber bleiben. Wenn ich auch nur ein kleines bisschen Autorität haben wollte, wäre das keine gute Idee. Dad nahm mich vermutlich sowieso nicht ernst.

,,Franziska? Mir ist das echt ein bisschen zu blöd, also...", begann Dad und ich spürte, wie sich mir alle Nackenhaare ausstellten. Nicht mal eine Minute Zeit konnte er sich Kommentarlos nehmen, um mir einen Moment zum Sammeln zu geben. Und meinen Namen musste er auch nicht so furchtbar betonen.

,,Warum wolltest du mich so dringend loswerden?"
Besser direkt als nie, hm?

,,Bitte?"

,,Warum du mich loswerden wolltest. Willst. Ist doch offensichtlich, dass du mich deshalb auf einen anderen Kontinent ins Exil geschickt hast." Mein Tonfall rutschte jetzt schon ins Bittere und ich zwang mich dazu, ruhig zu atmen. Wenn mir schon nach ein paar Sätzen die Tränen in die Augen stiegen, würde er mich niemals ernst nehmen.

,,Ich habe dich doch nicht verbannt!"

,,Gezwungen. Verbannt. Ins Exil geschickt. Ist doch alles dasselbe, du hast mich gegen meinen Willen abgeschoben."

Dad seufzte offensichtlich genervt und ließ sich auf mein Bett sinken, wobei er sich direkt auf eine der roten Rosen, die die Tagesdecke zierten, setzt. Der wunderschöne Stoff warf Falten wie das Meer die Wellen im Sturm. Streit, Sturm.

,,Franziska, diese Diskussion hatten wir letzten Sommer tausend mal. In Australien hättest du auch für die Oberschule nach Sydney gehen müssen und das Bildungsniveau in Großbritannien...", fing er mit seiner durchgekauten Rede an, die ich aber sofort unterbrach. Da kam mir ja fast schon das Frühstück wieder hoch, verdammt. Oder die Tränen. Aber die hatten hier nichts verloren.

,,Blödsinn. Ich hab dir schon gesagt, dass das die Worte eines Lügners sind, erinnerst du dich? Deine Ausrede, Nils gegenüber und auch mir. Vielleicht auch dir selber, hm? Es ist nicht so, als hätte Sydney schlechte Chancen auf Bildung, Nils kommt da schließlich her und er ist in London genauso wenig aufgeschmissen gewesen wie ich, wenn es nur um die Schule geht. Kein Unterschied."

Gut. Das war vielleicht nicht hundertprozentig richtig, aber die Sache mit der Schule war für mich kein Grund, eine Teenagerin allein ans andere Ende der Welt zu schicken.
Ich erinnerte mich an den Tag, als Dad mir verkündet hatte, dass er mich nach London zu Nils schickte. Ich hatte geschrien, ich hatte ihn beschimpft und gewusst, dass das keine Aktion eines liebendes Vaters, sondern die eines überforderten Witwers mit neuer Freundin war, die von der Tochter nicht akzeptiert wurde.

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