Mit tränenverschwommenem Blick starrte Paddy auf die dunkle Landstraße und bekam sich einfach nicht beherrscht. Er war jedoch so fassungslos, dass es ihn nicht im Geringsten kümmerte. Tiefer lehnte er sich nur nach hinten in den warmen Sitz von Junias Mercedes, ballte seine dumpf schmerzende Faust und schielte nach links zu Deboras Schwester. Nicht lange hatte Thea gerade gezögert, ihn weg von all der Scheiße zu bringen – und dann musste er sich wieder nach rechts zum Beifahrerfenster abwenden und so manche Tränen wegblinzeln. Er kam einfach nicht mehr klar.„Since ... Seit wann weißt du's?“, begann Paddy dann auch erst gefühlte fünfzehn Minuten später – und krächzte trotzdem noch immer tränenerstickt und nasal.
„Äh ...“, zögerte Thea und machte wieder solch einen beklommenen Eindruck, dass er glatt abgewunken hätte. „Hab' die Tage auf Jakob aufgepasst“, schmunzelte sie dann aber schon schwach. „Debbie erzählt mir alles ...“
„Alright“, nickte er, weil er auch überhaupt nicht anklagend oder wie auch immer wirken wollte. Trotzdem musste er sich dann wieder zu seinem Beifahrerfenster abwenden und letztlich auch schwer aufseufzen. Sein „I just don't understand why my wife ain't ...“ bekam er nur nicht halbwegs zu Ende gesprochen, weil er Junia doch selber viel zu oft nur Halbwahrheiten aufgetischt hatte – und dann wieder von Bildern übermannt wurde, wie sie sich von seinem besten Freund hatte ficken lassen. Er konnte es einfach nicht fassen.
Hörbar laut atmete Thea aus und trotzdem verblieb sie weiterhin still und starr hinter dem Lenkrad – aber was hätte sie auch sagen sollen. Es gab doch schon gar keine Worte mehr für die ganze Situation. Stillschweigend ließen sie dann auch noch die restlichen Meter durch den späten Weihnachtsabend hinter sich, sodass er auch erst begriff, dass sie bei ihm zu Hause angekommen waren, als Thea vor dem Gartentor hielt, sich schwerfällig räusperte und merklich unschlüssig wirkte.
„Well ...“, seufzte Paddy dann aber auch nicht anders auf, weil er nicht zu undankbar wirken wollte und trotzdem gerade nur alleine sein konnte.
„Dann“, nickte Thea und verstand ihn wieder bestens. Hadern tat sie trotzdem, bevor sie ihn auch schon schwach anschmunzelte. „Möchtest du nicht noch Gesellschaft haben? Wir könnten was trinken ... Drüben ist ja gar nichts mehr los ... außer Babygeschrei.“
„Well“, murmelte Paddy, weil es doch ganz verlockend klang. Aber wenn er nüchtern schon so drauf war, wusste er beim besten Willen nicht, was er an- oder betrunken tun würde. Dieses Risiko konnte er einfach nicht eingehen, sodass er nur kurz haderte und schwach schmunzelte. „Was is'n mit dein' Kevin?“
„Stimmt“, seufzte sie auf und starrte nur regungslos durch die Windschutzscheibe.
„Kevin ain't shit“, konnte Paddy sich dann auch einfach nicht mehr zurückhalten – und wich dann schon leicht weg, weil er nur eine empörte Reaktion erwartete. Thea sah ihn dann aber nur verhalten an und ließ ihn aufseufzen, während er sich abschnallte. „Ach, I just think you deserve someone way better. No need for unnecessary heartbreak ...“
Mit einem schwachen Nicken drehte Thea sich einfach zu ihm und hob vorsichtig ihren linken Arm – was Paddy dann gleich viel inniger erwiderte, sie feste umarmte, ihre warmherzige Nähe bloß genoss und ihr noch einen Kuss auf die Schulter drückte. Bevor er dann nur wieder drauflos heulte, verabschiedete er sich knapp und lief noch schneller zur Haustür – einmal in der Stille angekommen, schluchzte er jedoch direkt drauflos. Und dann nahm er sich seine eigenen Worte so zu Herzen, dass er vor lauter Wut den Schuhschrank umschmiss, demolierte, völlig ausrastete und letztlich auf Knien zwischen so manchen Schuhen klar wusste, dass er seine Frau nie wiedersehen wollte. Er könnte ihr niemals verzeihen, mit seinen tiefsten Wünschen gespielt und das alles jetzt mit seinem besten Freund zu haben – zumindest nahm Paddy das so lange an, bis er sich dann irgendwann aufgerafft bekam, sich doch kurz dem Whiskey widmete und sich mit schwummriger Sicht auf die Couch niederließ und nur eins wollte. Wieder brach er in Tränen aus – weil er sich gerade so sehr nach Mark sehnte, dass es ihn schlichtweg zerriss.

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Desire
FanfictionFortsetzung zu ›Denial‹ - »„Jetz' warte doch, Mann!", rief ihm sein bester Freund nach - aber Paddy ließ sich erst vor der Haustür aufhalten, um sich Thomas' festem Griff wutentbrannt zu entwinden und ihm mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen...