Paddy öffnete und schloss seinen Mund – und dann konnte er auch nichts mehr tun. Er verfolgte bloß regungslos, wie Marks Augen glasig wurden, Mark sich ruckartig erhob und dann zum Ende des Balkons lief, um erst mit voller Wucht gegen das Metallgeländer zu schlagen und sich dann mit einem „MANN!“ förmlich die Seele aus dem Leibe zu schreien. Als das Echo leise aus dem Innenhof zu ihnen widergehallt war, waren sie beide nur schon längst zusammengesunken.
Seine Fingerknöchel traten weiß hervor. Immer wieder hallte ihm Marks vor Wut verzerrte Stimme durch den Kopf und mit jedem Mal wurde er selber wütender und fassungsloser – bis er es einfach nicht mehr aushielt. Ruckartig erhob Paddy sich und verspürte von einer Sekunde zur anderen nur noch unendliche Sorge.
Schnell trat er an Mark heran und haderte dann trotzdem völlig. Er traute sich nicht einmal sonderlich, sich neben ihn ans Geländer zu stellen – und zuckte dann bei Marks Schnauben auch heftig zusammen. „Hab' ja gesagt, dass meine Laune dann im Arsch is' ...“
„Ach, Mann“, krächzte Paddy dermaßen brüchig und wollte erst Marks Schulter umfassen. Dann sah er nur, wie verkrampft Mark seine rechte Hand hielt – und mit dem Bild vor Augen, wie er mit voller Wucht auf das Metall geschlagen hatte, griff Paddy eher vorsichtig nach Marks Hand, als dass er darüber nachdenken konnte. Mark zuckte Gott sei Dank nur nicht weg und ließ ihn auch in Ruhe seine Finger begutachten – lediglich sein Handballen war leicht gerötet. Ganz vorsichtig fuhr Paddy darüber und bekam schon ein schwaches Kopfschütteln, bevor er überhaupt nach seinen Schmerzen fragen konnte. Für eine ganze Weile standen sie dann nur hier halb im Schatten seines Balkons und halb in der Sonne des schönen Juniabends. Er versuchte Mark nur irgendeinen Halt zu vermitteln, ohne ihn weiter zu irgendwas zu drängen – letzten Endes musste Paddy nur wieder ruckartig aufsehen. „Where's your sister then?!“
„Sie's bei der besten Freundin ... Hat erst letztens mit deren Hilfe den größten Teil ihrer Sachen zu denen geholt. Jetzt geht Nati erst mal noch weiterarbeiten und überlegt, was se macht“, murmelte Mark noch hörbar bemüht unbeirrt – diesen regelrecht schmerzerfüllten Unterton in seiner Stimme konnte Paddy nur einfach nicht ertragen. Vorsichtig ließ er von Marks Hand ab, um seinen Arm noch achtsamer um ihn zu legen – was ihm nur für keinen einzigen Moment reichte.
Genau wie Mark schmiegte er sich einfach von hinten an ihn und legte seine Arme um Marks Bauch – Mark machte dann nur alles andere als Anstalten, es nicht zu wollen oder zu brauchen. Er umfasste feste seine Unterarme und ließ zum ersten Mal offen seinen Schmerz in seiner leisen Stimme mitschwingen. „Weißte, es fucked mich einfach ab, dass sie nicht hier bei mir ist und kaum meine Hilfe annimmt. Weißte, ich mein' die ganze Zeit, dass sie einfach bei mir wohnen kann und dass se erst mal nicht arbeiten geht, sich ganz, ähm, auf ihre mentale Gesundheit konzentriert ... wie ich damals bei ihr. Aber jetz' lässt se es auch nur zu, dass ich hier in Berlin und auch in Zürich über Kontakte, ne, 'ne Wohnung suche und die jeweilige dann auch erst mal mitbezahlen würde, weil alles andere ja 'n Ding der Unmöglichkeit wär'. Sieht aber so aus, als ob Nati ihren Job und die gewohnte, äh, Umgebung nicht aufgeben will ... Na ja, jetz' sind die Miezen erst mal bei mir, weil der Mann von ihrer Freundin halt 'ne fette Tierhaarallergie hat und die auch nicht einfach Katzen in der Wohnung halten dürfen ...“
„Ach, Mann ...“, seufzte Paddy schwer und drückte seine Stirn in Marks leicht schwitzigen Nacken. Dieses beklommene Gefühl, das sich durch seinen ganzen Körper zog, bekam er schon gar nicht mehr definiert. Er wollte sich nur einfach nicht vorstellen, wie es Mark wohl gehen würde, wenn sich auch noch seine Schwester irgendwie gegen ihn entschied – auch wenn es wohl tausendmal verständlicher war als bei ihm selber.
„Ach“, seufzte Mark dann aber schon deutlich gefasster und setzte einen Schritt von ihm weg, um sich mehr ihm zuzuwenden. „Immerhin hat se sich jetz' ma' endgültig getrennt und wird auch nie wieder auf diese Manipulationen hereinfallen. Besser ein Ende mit Schrecken als, ähm, ein Schrecken ohne Ende. Jetz' muss sich nur was Passendes finden und sie sich, äh, vernünftig entscheiden, und dann wird schnell auch alles wieder gut.“

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Desire
FanficFortsetzung zu ›Denial‹ - »„Jetz' warte doch, Mann!", rief ihm sein bester Freund nach - aber Paddy ließ sich erst vor der Haustür aufhalten, um sich Thomas' festem Griff wutentbrannt zu entwinden und ihm mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen...