II.2

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„Geh doch ran!“, wimmerte Paddy aggressiv vor sich hin und versuchte es seit den letzten zwanzig Minuten dann einfach zum vierten Mal, Mark zu erreichen. Mit jedem weiteren Tuten trieb es ihm nur schwerere Tränen in die Augen, bis er sein Handy wutentbrannt auf seinen Beifahrersitz donnerte und seinen Ellenbogen am Autofenster anlehnte und sein Gesicht mit seiner Hand abstützte. Er heulte einfach drauflos und bekam sich für so manche Minuten auch nicht mehr ein. Wieder war alles zu viel – so viel, dass er sich nicht mal an Gott widmen konnte. Erst nach und nach beruhigte er sich – bloß, um sich nur noch über sich selber aufzuregen. Wie ein Psycho kam er sich vor und nahm sich auch entsprechend sein Handy wieder zur Hand, bevor Mark noch wer weiß was dachte.

„Sorry, just wanna talk“, begann Paddy einfach eine Sprachnotiz – bloß, um jene gleich wieder zu löschen, seine Nase lautstark hochzuziehen, sich zu räuspern und sich zu wiederholen und verhalten fortzufahren: „War, ähm, gerade bei meiner Frau im Krankenhaus. Alles gut so weit ... Nich', dasse denkst, dass, ähm ..., irgendwas wieder is' ... Wir haben sogar ganz gut geredet und sie ... Well, nothing really changed. Sie will mich nich' verlieren, ich sie auch nich' ... Sie aber auch nich' Debbie und Thomas und ... Mann, ich dich noch weniger ... Well, vielleicht willst du ja reden. Just call me back oder so ... Muss jetz' einkaufen und der ganze Scheiß und dann noch alles wegen den, äh, nächsten Wochen und Monaten klären, obwohl ich überhaupt keine Ahnung habe ... Well, whatever. Bis dann.“

Mit einem Seufzen nahm Paddy seinen Finger vom Display, schickte die Nachricht ab und vergrub wieder sein Gesicht in seinen Händen. Es war doch nur noch absurd, was dieser Kerl mit ihm machte – und es wurde auch nichts besser, als er am späten Abend genau wieder auf diesem Parkplatz stand und sich Mark nicht mal seine scheiß Nachricht angehört hatte.

Wieder starrte Paddy nur vor sich hin und kam mit diesem ganzen Gefühlschaos nicht klar, sodass er sich beinah einfach nur diese dumpfe Leere zurückwünschte. Es zerriss ihn einfach, gerade nicht mit Mark reden zu können, ihn nicht bei sich zu haben und so von ihm ignoriert zu werden – weil es auch nur das Beste war. Er war ein viel zu schlechter Einfluss und vielleicht verstand er nach dem gestrigen Morgen umso mehr, warum Daniel so wenig von ihm hielt.

Mit Blick zum Krankenhaus hätte Paddy gerade auch alles dafür gegeben, Junia jetzt neben sich sitzen zu haben. So sehr sie sich gerade auch gefreut hatte, dass er noch zwei Vasen gekauft und sie damit besuchen gekommen war, hatte er ihr genau angesehen, wie sehr die ganze Situation sie bedrückte. Daran hatte Brigitte auch nicht viel ändern können, so lieb und herzlich wie die auch war und wie gut sie sich unterhalten hatten und sie ihn wohl doch erkannt hatte, aber genug Anstand besaß, ihn nicht darauf anzusprechen oder sonst irgendetwas zu tun.

„Lord“, seufzte Paddy auf – aber er konnte sich bei seinem abartigen Verhalten nicht mal tiefer fallen lassen wollen. Er verspürte bloß Reue und wieder diese latente Schuld, dass er allein durch Mark alles ins Rollen gebracht hatte. Mit tränenverschwommenem Blick starrte er bloß in den dunklen Januarabend und brauchte auch lange, um sich zu beruhigen und halbwegs gefasst loszufahren. Keine halbe Stunde zu Hause, verging ihm dann nur wieder alles.

„Bissi viel alles mit der, äh, Clubtour, ne. Geht übermorgen schon los, gell ... Ich meld' mich, ja?“, hatte Mark ihm eine Sprachnachricht zurückgeschickt und klang dabei so verhalten und gestresst, dass Paddy all dem sofort jegliche Eindringlichkeit nehmen wollte. So oft wie er sich dann nur die paar Sekunden anhörte, störte er sich immer mehr an den Hintergrundgeräuschen und Stimmen, die er nicht so recht eingeordnet bekam und dabei trotzdem völlig eindeutig waren. So lange wie er dann brauchte, dieses ziehende Gefühl in seinem Bauch einzuordnen, verdrängte er diese absurde Eifersucht umso schneller. Seine Reue und Sorge halfen ihm nur ungemein. Gerade konnte er nur bezweifeln, dass Mark wirklich auf der Höhe für seine Tour war – und dann konnte er wieder nicht viel gegen den Drang tun, mehr mit ihm reden und sich erkundigen zu wollen, wie es ihm ging.

DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt