V
„Oh, Lord“, seufzte Paddy schwer und schloss kurz seine Augen. Ächzend stellte er dann all seine Sachen ab, lief mitten in der Nacht zur Garage, öffnete jene per Knopfdruck und durfte direkt erleichtert aufatmen, da Junias Wagen nicht neben seinem stand. Beinah schmunzelnd lief er zurück zur Haustür – was ihm im Hausflur nur wieder völlig ekelhaft vorkam, sich so über die Abwesenheit seiner Frau zu freuen.
Wieder seufzte er schwermütig auf, schob seine Sachen zur Seite und sah sich in seinem eigenen Zuhause um – was ihm nach diesen anderthalb Monaten fremd wie völlig vertraut vorkam. Der Geruch war zumindest derselbe – tief atmete Paddy ein und wurde direkt von anderen Zeiten und solch einer latenten Wehmut übermannt, dass er noch länger einfach herumstand und wieder so manch resigniertes Tönchen von sich gab.
Jegliche Entschlossenheit, die er in Marks und ihrem Sinne verspürt hatte, kam gerade noch mehr ins Wanken – und es fühlte sich selbst falsch an, dass er dagegenhalten und nichts bei seinem trauten Heim fühlen wollte. Aber das tat er einfach nicht.
Kopfschüttelnd brachte er seine Gitarre weg und zögerte erst wieder oben im Flur, ob er sich in sein Schlafzimmer oder ins Gästezimmer legen sollte. Wie eine direkte Entscheidung zwischen Mark und Junia kam es ihm vor – bis er seine Augen gereizt verdrehte und sich klarmachte, dass es nur ein scheiß Bett war.
„Gosh“, seufzte Paddy wieder – weil er sich so langsam selber nur noch auf die Nerven ging. Das wurde alles nur nicht besser, als er den Koffer ins Schlafzimmer geschoben hatte, im Bad gewesen war und unter der Bettdecke im dunklen Raum lag. Er war hellwach und seine Gedanken kreisten unaufhörlich – so sehr er sich abzulenken versuchte, sein Handy und dann seinen Rosenkranz zu Hand nahm und sich ruhige Schlafmusik anmachte, gab er dann nach sechs Uhr in der Früh schlichtweg auf.
›What did you say? Die Zeitverschiebung fickt?‹, schrieb er Mark und brauchte in Jogginghose nur nach unten zu laufen, sich einen Tee zu kochen und sich im schwachen Morgengrauen auf die Couch zu legen, um schon eine Antwort erhalten zu haben.
„Zeitverschiebung fickt rein, hab' ich wohl gesagt ... Kannste nicht mehr schlafen oder was?“, hatte Mark ihm per Sprachnachricht zukommen lassen – seine raue Stimme und der leicht belustigte Unterton machten gleich zu viel mit ihm. Ohne zu zögern, rief Paddy ihn normal an und brauchte nur wenige Momente zu warten, um direkt ein liebes „Na?“ erwidert zu bekommen.
„Na“, grinste Paddy grenzdebil zurück und genoss einfach die innige Wärme, die sich durch seinen ganzen Körper zog.
„Wirste doch noch zum earlybird oder warum hab' ich des Vergnügen?“, erwiderte Mark so belustigt, dass Paddy bestens sein liebes Lächeln vor sich hatte und für so manche Momente auch nichts anderes teilte.
„Ne, quite the opposite“, säuselte Paddy dann und nippte unbewusst an seinem viel zu heißen Fencheltee. Schwer verkniff er sich jeglichen Laut und seufzte letztlich nur leise auf. „Bin gestern viel zu spät in Germany gelandet und so, ne ... Musste direkt weiter nach Bremen zu dieser Talkshow fliegen ... Hab' dann noch 'ne Stunde vor der Aufzeichnung geschlafen, aber ... Hatte auch kein' Bock dazubleiben ... Man, I'm so tired, but I can't sleep ...“
„Mhm“, brummte Mark hörbar verständig – bevor er bloß aufschnaubte. „Und wie viel Mumpitz haste dann in der Show gelabert? Dasse, ähm, auch noch auf Opas stehst?“
„Mann“, lachte Paddy und nahm es nur gelassen. „Hab' im Flugzeug ganz gut geschlafen. Mit 'nem starken Espresso ging das ... Alle Antworten hab' ich eh schon lange auswendig drauf.“
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Desire
FanfictionFortsetzung zu ›Denial‹ - »„Jetz' warte doch, Mann!", rief ihm sein bester Freund nach - aber Paddy ließ sich erst vor der Haustür aufhalten, um sich Thomas' festem Griff wutentbrannt zu entwinden und ihm mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen...