XVII
„Tüdü!“, stieg Paddy breit grinsend in Marks Wagen und kicherte mit geschlossener Autotür gleich heiser drauflos.
„Tüdelü heißt des und is' auch eher 'ne Verabschiedung“, korrigierte Mark ihn schon ein wenig verhalten und lehnte sich dann auch von ihm weg, als Paddy gerade zu einem Begrüßungskuss ansetzen wollte.
„Hm?“, brummte er und fühlte, wie jede gelassene Nuance von seinem Gesicht wich – oder so mancher Alkohol aus seinem Kopf. Er kam sich schlagartig nüchtern vor und das noch mehr, als Mark direkt losfuhr und sich unbeirrt auf den späten Sonntagabend zu konzentrieren schien.
„Ach“, winkte Mark erst ab, als Paddy ihm seine Hand auf den Oberschenkel legte – und gar nicht wusste, was los war. Zwar hatten sie sich das letzte Mal erst vor zwei Tagen bei ihm zu Hause gesehen. Und vielleicht musste Mark nicht vor Freude ausrasten, wie Paddy es fast getan hatte, als er erinnert worden war, heute nach Berlin zu müssen, da seine Truppe und viele Verantwortliche der Show den Duettabend zusammen angesehen hatten. Die letzten zwei Tage nach ihrer Beziehungsbekanntgabe waren alleine nämlich alles andere als leicht gewesen. In dem Sinne brummte Paddy dann einfach so lange fragend, bis Mark erst gereizt und dann resigniert aufseufzte. „Ach, hast dich ja gerade mit so vielen Leuten getroffen, ne ...“
„And?“, brummte Paddy und war immer noch schwer von Begriff. Oder es gab auch nichts zu begreifen, als Mark irgendwas mit Corona daher murmelte. Wieder war er ein wenig nüchterner und setzte so auch an: „Ja, selbst wenn ich mich, äh, angesteckt habe ..., dauert es doch ein paar Tage, bis ich dich ... Bis dahin bin ich doch wieder weg ...“
„Ja“, kam es nicht wirklich einsichtiger oder gelassener zurück und dann dauerte es auch bis zu einer großen Kreuzung inklusive langer Ampelphase, ehe Mark leise aufseufzte. „Ach, Bärbel hat Corona. Hat heute ihre Testergebnisse bekommen. Meine Laune is' echt im Arsch.“
„Oh“, seufzte Paddy schwer und bekam nicht mal hervorgebracht, dass Mark das auch gleich hätte sagen können. Mit Blick ins dunkle Berlin durchzog ihn solch eine Schwere – und unvorbereitet auch eine gewisse Angst, dass er leicht in sich zusammensank. Aber er konnte direkt definieren, warum er sich so unfassbar unbehaglich fühlte. Die letzten Tage und Wochen war er so beschäftigt und vereinnahmt von seinem Outing gewesen, dass er seit den steten Lockerungen ab Mai alles Richtung Corona gut verdrängt hatte. Auch wenn es in seinem etwas entfernteren Umfeld hier und da Fälle gegeben hatte – aber immer eher mild und vor allem nie bei älteren Personen. Schwer musste er schlucken und dementsprechend wurde sein „How she doing?“ auch noch verhaltener.
„Nich' so gut, ne“, kam es so leise und ungewohnt mitgenommen zurück, dass Paddy noch mehr in sich zusammensank und auch seine Hand zu sich nahm. „Weiß nich', ob des was mit 'm Urlaub jetz' wird ...“
„Why?“, hakte Paddy sofort nach, so sehr wie er schon den Urlaub in Österreich vor Augen hatte – immerhin wollten sie in sechs Tagen schon los. Aber dann zuckte er selber weg und wurde fast wütend. „Hattest du Kontakt mit ihr und deswegen ... Why are you so bothered with me, aber du —“
„Nein, ich war gestern nur für sie einkaufen und hab' ihr die Sachen vor die Tür gestellt“, unterbrach Mark ihn sofort. „Aber wer weiß, vielleicht bin ich ja Kontaktperson oder so ... Aber sie braucht halt die Unterstützung mit 'm Einkaufen und wahrscheinlich auch mit 'm Kochen und so. Weiß nich', ob des die anderen Nachbarn machen wollen ... Und fühl' mich schon 'n bisschen, äh, zuständig, ne ... Also so oft, wie se mal auf die Miezen aufgepasst hat oder meine Blümchen gegossen hat über die ganzen letzten Jahre und so ...“

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Desire
FanfictionFortsetzung zu ›Denial‹ - »„Jetz' warte doch, Mann!", rief ihm sein bester Freund nach - aber Paddy ließ sich erst vor der Haustür aufhalten, um sich Thomas' festem Griff wutentbrannt zu entwinden und ihm mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen...