XI.3

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Ohne jeglichen Fokus starrte er nach vorne. Sein Puls war noch immer viel zu hoch und mit jedem Pochen durchzuckte ein Schmerz seinen Schädel, der seine Sicht verschwimmen ließ. Er konnte auch nichts daran ändern. Paddy saß so lange zusammengekauert nur auf dem Hotelzimmerbett, bis das Unweigerliche eintreten musste und es an seiner Tür klopfte. Aber erst beim nächsten, deutlich lauteren Klopfen bekam er sich aufgerafft, aufzustehen und stark blinzelnd zur Zimmertür zu laufen – er bemühte sich kein bisschen, irgendetwas von seiner Stimmung und Verfassung zu kaschieren.

Unsanft riss Paddy bloß die Tür auf und hätte sich auch direkt wieder abgewandt. Mark lächelte aber so lieb, dass er lediglich innehalten konnte – und es ihm in der Seele wehtat, wie all diese freudigen Nuancen von seinen Zügen verschwanden und sein „Na“ auch völlig verhalten wurde. Immerhin überschattete dann der Drang, nicht auch noch Marks Laune ins Bodenlose mitzureißen, diese elendigen Kopfschmerzen.

„Hungover. My head's throbbing“, presste Paddy trotzdem nur völlig unterkühlt hervor, während er Mark im größtmöglichen Abstand an sich vorbeiließ und die Tür möglichst leise schloss.

„Oh“, seufzte Mark noch leiser auf und machte dann auch Gott sei Dank keine Anstalten, sich die Schuhe oder seinen Mantel auszuziehen oder ihm näherzukommen. Er musterte ihn nur in einer unerträglichen Mischung aus Beklommenheit und Sorge. „Schon was gefrühstückt? Aspirin genommen?“

„Ne“, verneinte Paddy beides knapp und wandte sich auch schon Richtung Zimmer ab. Er konnte es einfach nicht ertragen. Viel zu lebhaft hatte er noch vor Augen, wie Mark in der Nacht gestrahlt hatte – wie von seiner eigenen Euphorie war jetzt nicht mehr viel davon übrig geblieben.

„Dann hol'n wa dir gleich ma' was“, entgegnete Mark zwar recht unbeirrt, aber die unsicheren Nuancen in seiner Stimme ließen ihn noch unbehaglicher werden. Obwohl ihm speiübel war, nickte er einfach und lief zum Bett, widmete sich seinen restlichen Sachen und wich Mark völlig aus – mit den ganzen elefants in the room. Er wollte nicht darüber reden und nicht darüber nachdenken, bevor er wieder das Bedürfnis verspürte, ganz schnell ganz weit von hier zu flüchten. So sehr wie das Pochen seine Birne malträtierte, bekam er so langsam auch gar keinen klaren Gedanken mehr gefasst.

Aufseufzend packte Paddy nur seine letzten Sachen zusammen, massierte sich immer wieder seine Schläfen und trat auch einen Schritt nach vorne zur Bettkante, als er Mark dicht hinter sich spüren konnte.

Aufseufzend wandte der sich dann nur wieder ab und sah sich überall im Raum um; fand noch ein Shirt unter dem Bett und zwei Sachen aus dem Bad und nahm dann letzten Endes sowohl seinen normalen als auch seinen Gitarrenkoffer an sich. Mark schien es alles einfach hinzunehmen – zumindest nahm Paddy das so lange an, bis Mark abrupt vor der Tür innehielt, seine Sachen wieder abstellte, sich umdrehte und ihn beklommen musterte. „So schlimm? Warst ja gar nich' so betrunken eigentlich ...“

„Hm“, brummte Paddy bloß, weil seine Kopfschmerzen vielleicht auch nicht so schlimm gewesen wären, wäre er nicht abrupt aus seinem Schlaf gerissen worden, um dann eine halbe Panikattacke zu bekommen. Seine Beine waren immer noch ein wenig zittrig. Er würde nur den Teufel tun, jetzt das anzuschneiden, was ihm die meisten Kopfschmerzen bescherte.

„Weißte, was da noch hilft?“, schmunzelte Mark dann aber so verhalten lieb, dass ihm gar nichts anderes blieb, als einfach abwartend seinen Kopf zu neigen. Ganz sachte umfasste Mark seine Wangen und sah noch einmal zwischen seinen Augen hin und her, bevor er einfach seine Lippen sanft auf seine Stirn drückte und ihn im ersten Moment belustigt aufschnauben ließ. Danach lehnte Paddy sich nur völlig in diese zarte Berührung und umschlang seinen Oberkörper – auch wenn das Pochen kein bisschen besser wurde und die latente Übelkeit diese Nähe auch nicht wirklich angenehm machte, durchzog ihn einfach zu viel Liebe und Geborgenheit. Mark löste sich auch erst nach etlichen Momenten und das mit einem viel zu süßen Schmatzen, um dann noch breiter vor sich hin zu schmunzeln. „Schon viel, viel besser, ne?“

DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt