XI.2

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Tief atmete Paddy noch durch, klopfte leise und stockte doch wieder sofort, als er erblicken durfte, wie Mark in diesem noch kleineren Garderobenraum vollkommen in sich zusammengesunken auf einem Stuhl saß und weinte.

„Gosh“, entfuhr es ihm geschockt und doch kaum wahrnehmbar. Obwohl er schon irgendwie damit gerechnet hatte, ging ihm dieser Anblick durch Mark und Bein. Sein Herz hämmerte gegen seine viel zu enge Brust – anstelle, dass er jetzt auf ihn zustürmte, ging Paddy auch nur äußerst vorsichtig und verhalten auf Mark zu. Und dann gab er ihm noch so manche Momente – die Mark allesamt damit verbrachte, sich hektisch über seine Wangen zu streichen –, bevor er sich vor ihn hinhockte. Ganz sachte legte er auch seine Hände auf Marks Oberschenkel und fühlte dem kühlen Stoff der Anzughose nach – Mark zuckte trotzdem leicht zusammen.

Schwer verkniff Paddy sich sein Seufzen und gab ihm einfach lange die Chance, selber irgendeinen Anfang zu finden. Je länger er aber still und starr vor ihm hockte, desto mehr senkte Mark seinen Blick, sodass er dank seiner Cap, trotz des Höhenunterschieds, nicht mehr viel von seinem Gesicht sah.

„Please don't be ashamed“, war dann das erste, was Paddy flüstern musste. Erst schien Mark noch unbehaglicher, aber dann hob er seinen Kopf und tat nichts mehr gegen seine Tränen. Während eine nach der anderen über seine geröteten Wangen kullerten, sah Mark ihn nur an. Er hielt seinem Blick stand – aber auch wenn seine Sicht nicht zunehmend verschwommen wäre, hätte Paddy gerade einfach nicht richtig definieren können, was in Mark vorging. Ganz sanft umfasste er seine Hand und murmelte sein „Hey, what's wrong?“ noch vorsichtiger.

„Keine Ahnung“, krächzte Mark leise und zog appetitlich laut seine Nase hoch – bloß, um nach seinem Aufschnauben direkt darunter zu fahren. „Also wirklich keine Ahnung, ähm, warum ich grad so, äh, am Rad dreh' ...“

„Mhm“, brummte er und war selber kurz ein wenig überfordert. Aufseufzend sah Paddy sich dann in dem Garderobenraum mit den etlichen Schminktischen und Spiegeln um – der war nur völlig leergeräumt, sodass jegliche Suche nach einem Taschentuch oder Ähnlichem wohl vergeblich war. Mark zog aber schon munter immer wieder seine Nase hoch, bevor er sich einfach auffordernd auf seine Oberschenkel klopfte. Länger zögerte Paddy aber auch nicht, sich zu erheben und sich, wie gewünscht, seitlich auf Marks Beine zu setzen. Nicht mal zur Tür schielte er. Ihm war es einfach scheißegal, wenn jemand kommen würde. Es war eh schon viel zu eindeutig, dass er hier als einziger oben war. Er ließ sich nur völlig davon ablenken, wie dicht Mark ihn gleich an sich zog und wie viel das mit ihm machte.

Schmunzelnd nahm Paddy ihm nur die störende Kappe vom Kopf. Und bevor er wegen der ganzen Schweißtropfen auf Marks Stirn und seinen nassgeschwitzten Härchen seine Mundwinkel hätte verziehen können, wischte sich Mark mit seinem weißen Hemdärmel über sein gesamtes Gesicht. Schade war es ums Hemd auch nicht. Mark war völlig durchgeschwitzt, was er jetzt nicht nur riechen, sondern auch unter seinen Fingerspitzen fühlen konnte – und trotzdem war es ihm im eigentlichen Sinne vollkommen egal.

„Overwhelming alles, ne?“, murmelte Paddy beklommen an Marks rechte Schläfe und gab sich völlig mit seinem tiefen Brummen zufrieden. Er streichelte nur über die klammen Härchen in seinem Nacken und brauchte dementsprechend lange, um sich zu seinem „Panikattacke?“ zu überwinden.

„Ne“, verneinte Mark noch recht ruhig. In dem Moment, als Paddy sich von ihm weglehnte, tat Mark das aber auch und suchte seinen Blick. Ihm kam gar nichts anderes in den Sinn, als dass Mark jetzt irgendwie ablenken wollte – der sah ihm aber nur unablässig in die Augen und haderte bloß kurz, bevor er leise zu erzählen begann: „Na ja, fast ... vorm letzten Liedchen halt. Boah, ich dacht', ich kann des gar nich' singen ..., weil mir so die Luft weggeblieben is', ne. Ging dann aber doch irgendwie ... Hat sich dann auch richtig gut angefühlt, das zu singen und endlich loszuwerden, Mann.“

DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt