X

269 13 1
                                    

                       

X

                               

„Lord, I'ma ...“, krächzte Paddy aggressiv und verschlafen und hätte, nachdem er schwer blinzelnd und fahrig sein Handy neben sich in der Sofaritze gefunden hatte, den Anrufer auch wissen lassen, was er davon hielt, geweckt zu werden. Bei dem angezeigten Namen zögerte er trotzdem keinen Moment lang, ranzugehen – sein „Natalie?“ gab er nichtsdestotrotz leicht stöhnend von sich. 

„Ich weiß echt nicht mehr, was ich noch sagen soll“, kam es dann aber in solch einer Tonlage zurück, wohingegen all seine vorherigen Laute noch eher Freudenschreien geähnelt hatten. Auf der Stelle war er hellwach und spürte gleich sein Herz kräftiger schlagen – und bei ihrem tonlosen „Er nimmt wieder Drogen“ völlig in sich zusammensinken. Für etliche Momente starrte Paddy auch nur durch das Wohnzimmer und begriff erst bei seinen Kopf- und Nackenschmerzen, dass er auf Theas Couch lag.

„What?“, keuchte Paddy schwer und dachte noch irgendwie an die Joints oder ans Kokain, das Mark mal irgendwann vage mit „Scheiße“ umschrieben hatte. Entsprechend wenig bekam er dann für so manche Augenblicke Natalies wieder so ausdrucksloses „Starke Beruhigungsmittel“ eingeordnet.

„Xanax?“, seufzte Paddy dann auch mehr, als dass er nachhakte. „Also, äh, Alprazolam, ne?“

„Ja“, kam es seltsam nüchtern zurück, sodass er ihren skeptischen wie anklagenden Blick lebhaft vor sich hatte.

„I fucking knew it!“, verzog Paddy sein ganzes Gesicht und ließ sich aggressiv wieder nach hinten gegen die Sofalehne sinken – und bekam dann auf sein resigniertes „Ich hab' ihm gesagt, wie scheiße die sind ...“ gar nichts mehr erwidert. Natalie brauchte aber auch nichts sagen, damit er diese anklagende Frage, woher er das alles wusste, bestens mitbekam – und sich nicht lange zusammenreißen musste, um jene einfach so ruhig wie möglich zu beantworten: „Well, wir waren da ja zusammen ..., ähm, Anfang Mai in Amerika, da hat er auch schon, äh, kinda heimlich so 'ne Pille geschluckt ..., nachdem Stress mit meiner Frau war und ich ihn von mich gestoßen habe, weil wir in 'n Beachhouse von 'n Kumpel waren und ... Well, ich habe Mark halt schnell aus den Haus weggeschickt, damit der Freund nicht mitbekommt, dass wir halt, ähm, da zusammen ...“

Beschämt schielte Paddy nur zur Zimmerdecke und zu einer der aneinandergereihten Lampenfassungen, in der keine Birne drinsteckte. Aber wieder sagte ihre Stille mehr als tausend Worte, dass er glatt kein einziges gefunden hätte – weil es auch vollkommen unverhältnismäßig zu dem war, wie er Mark vor zwei Tagen bei seiner Show behandelt hatte. Er wollte gar nicht wissen, was Mark gemacht hatte, nachdem er da aus seinem Hotelzimmer abgehauen war – er flüchtete sich einfach in diese Erinnerungen an Amerika und in seine latente Wut.

„Er hatte halt 'ne Panikattacke dann im Auto, I guess ... Oder kurz davor, weil er halt keine Ruhe hatte ... Ich war sofort angepisst, dass er so 'ne Scheiße schluckt. Mark meinte, das wären so Notfalltabletten, die er, äh, verschrieben bekommen hat, damit er ohne Probleme diese große Arena-Tour da im April ... Mann, fuck, ey!“, regte Paddy sich laut auf und dachte nicht im Entferntesten daran, sich irgendwie zu entschuldigen. Gerade war er nur leicht fassungslos, wie sehr er sich wieder von Mark hatte täuschen lassen – oder doch nur zu wenig nachgedacht, zu viel verdrängt und sich ihm nicht weiter gewidmet hatte. Sein „What did he say?“ kam ihm dann auch schon von alleine über die Lippen.

„Ja, gar nichts wieder!“, schnaubte Natalie genauso involviert auf. „Er ist gestern erst um halb zwölf heimgekommen ..., na ja, geschlichen. Ich habe ihm noch die Chance gegeben, etwas zu sagen. Als er meinte, alles sei Tutti Frutti ... Paddy, ich konnte nicht mehr. Wir hatten ja gestern Morgen miteinander telefoniert und er hat einfach gar nichts dazu gesagt ... Dann hab' ich ihm die Tabletten unter die Nase gehalten, da konnte er auf einmal reagieren ... Er ist wütend geworden, dass ich jetzt auch noch in seinen Sachen wühlen würde – die Schachtel lag aber halb unterm Bett, als ich in seinem Staubloch gesaugt habe. Hätte er vielleicht am Morgen nicht direkt abhauen sollen ...“

DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt