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XI

                 
    
„Mann", brummte Paddy immer wieder, während er versuchte, seine Haare im leicht beschlagenen Hotelbadezimmerspiegel zu bändigen. So schlichtweg aufgeregt wie er war, machte er mittlerweile alles nur noch schlimmer. Wenn er eine Strähne mit noch mehr Haargel fixieren wollte, fiel die nächste schon wieder hinab. Seine Gedanken glitten dabei andauernd zu den kommenden Stunden – die er sich bestens ausmalen konnte und doch nicht genug, damit er sich irgendwie beherrscht bekam.

Aufseufzend sah er sich im kleinen, aber außerordentlich schicken Bad um; zur Dusche mit den schwarzen Kacheln, den hellen Wänden und wieder zurück zu dem kreisrunden Spiegel mit dem großen silbernen Rand – er wollte schon gar nicht mehr ausmachen, ob es jetzt die richtige Entscheidung war, in Paris zu sein. Er wollte nur richtig ausmachen können, wie er sich gleich in Marks Gegenwart geben sollte, wenn so viele Leute um sie herum sein würden und es eigentlich keinen einzigen guten Grund gab, warum er für Mark extra in die Stadt der Liebe angereist war – zumindest keinen, den er einfach so preisgeben wollte. Er konnte Mark aber auch nicht fragen, weil es ihm die Überraschung nehmen würde und er ihn nicht mit diesen pathetischen Fragen irgendwie enttäuschen wollte.

Noch schwermütiger seufzte Paddy auf und schmiss das Haargel, obwohl er danach greifen wollte, von der dünnen Marmorplatte des Waschbeckens – die trotzdem sehr massiv war, wie er es feststellen durfte, als er sich bückte und danach seinen Hinterkopf an der Kante stieß.

„Mann", jammerte Paddy wehleidig und ruinierte seine Haare noch mehr – er wusste auch, dass er viel zu viel nachdachte und das schon seit Tagen. Er konnte es aber auch einfach nicht ändern. Kopfschüttelnd ließ er seine Hand sinken und traute sich gar nicht, wieder in den Spiegel zu sehen. Als ihn dann keine halbe Minute später ein dumpfes Geräusch zusammenzucken ließ, war er beinah froh – zumindest so lange, bis er registrierte, dass es ein Klopfen an der Zimmertür war und er eigentlich noch eine gute Stunde hatte, bis Natalie ihn abholen kommen würde.

Fluchend taumelte Paddy aus dem Bad, durch den schmalen Flur zum Queensize-Bett, das nach anderthalb Stunden Aufenthalt schon aussah wie nach anderthalb Wochen. Dass allein dadurch schon zu viel vom feinen französischen Flair des Zimmers verloren ging, war ihm auch egal, als er sich schnell seine Jogginghose anzog und genauso charmant die dunkle Zimmertür aufriss – bloß, damit ihm sein „Didn't you ..." direkt im Hals steckenblieb.

Neben Natalie stand einfach Mark – und überraschte ihn selber so sehr, dass er auch nur sein „Ey, I wanted to surprise you ... not the other way around" vor sich hin gemurmelt bekam.

„Ach, Paddy", strahlte Mark nur übers ganze Gesicht und zögerte danach keinen einzigen Moment, ihn ganz eng in seine Arme zu ziehen und so schnell auch nicht mehr loszulassen.

„Bonjour, Mark", schmunzelte Paddy und war schlichtweg benommen von seiner Nähe und der Innigkeit seiner Umarmung und säuselte noch auf Französisch, wie es ihm ging und ob er aufgeregt war und dass er sich selber fast in die Hose schiss – natürlich in der Annahme, dass Mark ihn nicht sonderlich verstand. Reagieren tat der in den ersten Momenten auch nicht sonderlich.

„Mann, ich freu' mich so", raunte Mark bloß tief an sein Ohr und löste sich lediglich für wenige Zentimeter, um seinem Gesicht ganz nah zu sein, ihn zu betrachten und dann halbwegs typisch zu schmunzeln. „Warum hast 'n nichts gesagt, ma chérie?"

„Well ...", schmunzelte Paddy belustigt und dachte gar nicht daran, jetzt anzuschneiden, dass die Entscheidungsmöglichkeit, hier doch nicht aufzutauchen, ohne Mark damit bodenlos zu enttäuschen, die letzten paar Tage doch so manche Aufregung in Schach gehalten hatte. Er schielte nur zu einem der Hauptgründe, warum er jetzt hier tatsächlich stand. Natalie hatte so lieb ihren Kontakt aufrechterhalten, ihm alles frühzeitig zum Hotel gesagt und ihn eben auch abholen wollen – sodass er sein „Warum du denn?" nicht sonderlich ernst fragte. Er lächelte sie bloß an und das in jeglicher Hinsicht dankbar für ihre Beharrlichkeit. Mark wirkte so glücklich, dass ihm alle lästigen Gedanken gerade einfach fernblieben.

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