XVI
„Hase?“, wandte sich Mark mit seinem schönsten Lächeln an ihn – auf seins ging er nur nicht wirklich ein. Paddy konnte auch noch so manches Mal nachhaken – er bekam immer nur ein belustigtes „Hase“ erwidert, während Mark ihre ineinander verschlungenen Hände hin und her schwingen ließ. Zu guter Letzt drückte Mark ihm auch noch einen Kuss auf den Handrücken und nahm ihn damit jegliche Wahrnehmung für ihre dunkle Umgebung hier mitten auf irgendeiner Straße in irgendeinem Teil Berlins.
Paddy grinste nur vor sich hin und versuchte selber, einen passenden Tiernamen für ihn zu finden – „Robbe“, „Elefant“, „Pinguin“ – nichts passte so recht. Aber es war auch nichts von Belang und dann erst recht nicht.
Auf einmal kippte die ganze Situation. In dem einen Moment hatte er noch Marks liebes Lächeln vor Augen und dann nur einen Ausdruck schierer Panik. Ehe Paddy sich versah, kamen irgendwelche dunkle Gestalten auf sie zu und riefen dabei immer wieder: „Schwuchtel!“, „Amk, ich stech' diese Zemmels ab!“, und „Tövbe tövbe, sie werden ihre gerechte Strafe bekommen“.
Vor lauter Schock konnte er sich nicht mehr regen – und auch nur dabei zusehen, wie diese Männer auf Mark losgingen und ihn mit einem heftigen Schlag mitten ins Gesicht direkt zu Boden brachten. Und während Mark gekrümmt und wimmernd auf der dunklen Straße lag, traten sie alle mit voller Wucht auf ihn ein; auf seinen Bauch, Brustkorb, Kopf und immer wieder mitten ins Gesicht, sodass das Glas seiner Brille zerbarst – und sein Herz gleich mit.
Dieser Schmerz hätte ihn auch zu Boden zwingen müssen. Alles tat so weh, dass Paddy keine Luft mehr bekam. Er wollte schreien, doch er konnte nicht. Er wollte etwas tun, doch er bekam sich nicht bewegt. Er wollte diese Männer eigenhändig nacheinander umbringen – aber er konnte nur dabei zusehen, wie diese Gestalten es bei seiner Liebe taten. Erst, als einer mit vollem Gewicht auf Marks Nacken kniete und ein anderer ein langes Messer zückte und damit immer wieder auf Marks Rücken einstach, kam wieder Leben in ihn.
Mit einem gellenden Schrei – oder es war Marks – stürmte Paddy auf sie zu, trat mit voller Wucht selber auf diese Männer ein, schlug um sich, rastete komplett aus – bloß, um dann selber attackiert zu werden. Der Mann mit dem Messer stand auf einmal vor ihm und holte immer wieder aus – er spürte nichts als seinen rasenden Puls und das bestens bekannte Gefühl, wie an ihm gezogen und gerissen wurde, bis alles schwarz um ihn herum wurde.
„Ma...!“, brach seine Stimme völlig. Schweratmend fuchtelte Paddy herum, griff in die warme Bettdecke und an seine Brust und verstand trotzdem erst nach gefühlten Ewigkeiten und schlichten Höllenqualen, dass es bloß ein Traum gewesen war. Es nahm ihm nur nicht diese Todesangst. Wieder starrte er nur vor sich hin, während ihm sein Herz aus der Brust zu springen drohte. Mit jedem hektischen Atemzug bekam er weniger Luft und wühlte irgendwann fahrig übers Bettlaken und registrierte kaum, dass es kurz vor sechs in der Früh war – das einzige, was ihn letztlich wieder halbwegs beruhigte, war dieses last seen today at 5:21 AM unter Marks Namen.
„Gosh“, presste Paddy schwer hervor – aber dann weinte er so heftig, dass er sich vor lauter Schmerz im Bett krümmte und nicht mal schluchzen konnte, bis er nur noch apathisch dalag und kraftlos einfach wieder wegnickte. Gott sei Dank träumte er nicht mehr großartig – bloß, um dann von etwas anderem aus seinem Schlaf gerissen zu werden.
Bis er begriff, dass es die Türklingel war, hatte ihn nur schon längst wieder eine latente Panik eingeholt und das mit jedem lauten penetranten Klingeln mehr. Er bekam einfach nicht begriffen, wer da jetzt vor seiner Tür stehen konnte – mit lebhaften Bildern vor Augen blieben ihm nur die Gedanken, dass er vielleicht doch nicht geträumt hatte und jetzt die Polizei kam.
DU LIEST GERADE
Desire
FanfictionFortsetzung zu ›Denial‹ - »„Jetz' warte doch, Mann!", rief ihm sein bester Freund nach - aber Paddy ließ sich erst vor der Haustür aufhalten, um sich Thomas' festem Griff wutentbrannt zu entwinden und ihm mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen...