XIII.2

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„Komm, gib mal 'n bisschen Hackengas“, knuffte Mark ihm bei bester Laune in die Seite. 

„Mann, Mark“, jammerte Paddy mittlerweile nur schon latent aggressiv – und außer Atem.

„Mann, wie oft soll ich denn noch sagen: Bei deinem Muskelkater und den Fußschmerzen hilft nur Bewegung. Inner Stunde merkste davon nix mehr“, konterte Mark sofort – aber das auch wieder wie die Ruhe selbst. „Und die Steigung is' da hinten schon vorbei und dann kommt wieder Wald mit 'nem schönen Ausblick.“

„Mh“, brummte Paddy trotzdem nur widerwillig und richtete seinen Blick wieder auf die kleine Straße, die sie nach einem mittelalterlichen Torbogen aus Negreira führte – und das einen Berg hoch, der ihm gerade wie der Mount Everest vorkam. Die gestrigen Kilometer hatten es doch in sich gehabt – mit diesem Muskelkater, der sich von seinem Nacken bis in seine Waden zog, hatte er so aber auch nicht rechnen können. Und im besten Übergang schmerzten auch seine Füße schon nach den ersten zehn Metern aus der kleinen Pension. Gott sei Dank hatte er sich keine Blasen gelaufen – aber das war auch schon alles. Er fühlte sich dermaßen erschöpft, die Nacht war im Einzelbett auch nicht besonders gewesen und das, obwohl er schon um zehn von der einen Sekunde auf die andere weggenickt war.

„Sind wa jetz' inner Trotzphase?“, schnaubte Mark wieder bestens amüsiert auf und dann war Paddy sich nur noch zu schade, ihn weiter zu beachten. Gerade war er in einer Phase, wo er seinen Enthusiasmus und seine Entscheidung für den über hundert Kilometer langen Jakobsweg doch ein wenig bereute. Nichts kam ihm gerade schlimmer als die nächsten zwanzig Kilometer bis Santa Mariña vor – sein Magen rumorte auch schon nicht zu wenig. Gerade hätte er lieber sämtlichen Scheiß auf social media verkündet; sich geoutet und seine Beziehung zu Mark bekannt gegeben, um einfach nicht mehr so viel laufen zu müssen – wozu auch. Es lief eh alles auf diese beschissene Richtung hinaus. Dafür musste er sich hier nicht komplett verausgaben, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.

„Mann ...“, jammerte Paddy wieder leise und bekam nur schwer seinen liebsten und innigsten Gedanken unterbunden, sich wie ihr restliches Gepäck einfach zum nächsten Etappenziel kutschieren zu lassen. Wenn Mark unbedingt in diesem Affentempo laufen wollte, konnte er das ja auch alleine tun.

„Ja ja“, säuselte der aber nur wie ein Pilger in den besten Jahren – der er irgendwie ja auch war. Irgendwie wollte Paddy sich bei seiner Ruhe und Zuversicht ja auch zusammenreißen, aber dann übermannten ihn wieder alle Gedanken, die er so langsam auch nicht mehr richtig unterdrücken konnte. Wie und ob er zu seiner Scheidung stehen wollte, lenkte ihn dann immerhin für die nächsten Meter ab, bis sie auf eine kleinere, schon deutlich ländlichere Straße abbogen. Bei der Steigung tat sich nur nicht viel. Immerhin musste er dann an einer schmalen Wegkreuzung nicht nach einer Pause betteln, als zu ihrer Linken auf einem kleinen freien Wiesenstück ein Sockel mit Jesuskreuz stand und davor eine kleine, feine Steinbank. Den Gedanken, dass er sich fast genauso elendig fühlte, bekam er sich auch direkt verkniffen. Mit Blick zum alten Granit bemühte er sich einfach wieder um ein wenig Dankbarkeit – was schon nach wenigen Momenten wahre Wunder tat. Das Wetter war an diesem Dezembermorgen mit über zehn Grad auch einfach zu schön.

„Komm“, animierte er dann auch Mark zum Weitergehen – auf eine alte Steinkapelle mit deutlich weniger Steigung zu. So manche Sprüche schien sich Mark jetzt auch endlich mal zu verkneifen und dann ließ Paddy sich einfach wieder von der schönen ländlichen Umgebung ablenken, während sie erneut an einem Hórreo vorbeikamen; einem traditionellen Speicherbau für Feldfrüchte, der aussah wie eine langgestreckte Kapelle – auf etlichen steinernen Stelzen gut ein Meter über dem Boden.

„Das ist auf Galicisch, ne“, schmunzelte Paddy, als Mark ein Foto von einem brusthohen Steinsockel inmitten Häuserfassaden knipste, an dem ein Wegweiserschild mit der Aufschrift Camiño de Fisterra hing.

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