Desire is the point of everything, stand da schon längst in seinem Notizbuch geschrieben. Er kam nur einfach nicht weiter. Seufzend überkreuzte Paddy seine Beine und ging dann so manche Skizzen und Bildchen durch, bis er noch ein freies, zurechtgeschnittenes Papier von seinem Markerblock fand. Auf dem dünnen Papier des Notizbuchs taugten seine Acrylmarker nun mal nichts, weil die zu stark deckend waren und alles durchweichten.
Mit Blick zu seinen Markern und nach draußen zur kleinen Bucht hier am Ende der Welt wusste er aber auch nicht, was er noch malen sollte. Gerade fehlte ihm jegliche kreative Impulsivität und dann versteifte er, als Mark zu ihm in diese kleine Wohnküche des Apartments kam, irgendwas an der Spüle machte und doch fast umgehend zu ihm schielte.
Bei ihren sich treffenden Blicken schien er auch regelrecht zusammenzuzucken, bevor er dann nur ergeben aufseufzte und sich endlich zu ihm gesellte. Aber nur äußerst zögerlich setzte sich Mark zu ihm auf die kleine graue Couch und fummelte noch so manches Mal an dem Marker-Etui rum, das er ihm zum Geburtstag geschenkt hatte.
„Die gefallen dir richtig, ne“, säuselte Mark auch mehr, als dass er fragte – bei aller Offensichtlichkeit. Bei aller Offensichtlichkeit reagierte Paddy aber auch dementsprechend wenig, so oft wie er hier die letzten Tage gemalt hatte. Aber dann seufzte Mark wieder leise auf. „Bereuste's, deinen Ring weggeschmissen zu haben?“
„Hm?“, brummte Paddy wirklich irritiert und verlor auch nichts davon, weil er beim besten Willen nicht wusste, wann er ihm sowas vermittelt hatte. Lange hatten sie noch überwältigt auf den Felsen der steilen Landzunge gesessen, um sich anschließend im kleinen Leuchtturm einen letzten Stempel für ihren Pilgerpass abgeholt zu haben – wie die wunderschöne Pilgerurkunde. Nachdem sie an einer kleinen Bucht auf dem Rückweg nach Jakobsmuscheln gesucht hatten, waren sie für die Urkunde noch mal in eine Herberge gelaufen und zu einem kleinen Café gelotst worden.
Ihn durchzog immer noch so viel Stolz und Ruhe und das ließ gar keinen Platz für irgendeine Reue – die er aber wirklich nicht verspürte. Er hatte sich ohne große Zweifel entschlossen, seine Scheidung am Neujahrstag auf social media selbstbestimmt, und nicht durch die Presse gedrungen, öffentlich zu machen. Und mittlerweile fand er den Gedanken auch immer schöner, dass der Ring wahrscheinlich irgendwo am Meeresgrund lag – wenn Junia das Meer doch so viel bedeutete und er ihr damals auch einen Antrag am Meer gemacht hatte. Wenn auch nicht am Ende der Welt.
Nach all den Kilometern wollte Paddy auch gar keine Zweifel aufkommen lassen, sodass er Mark nur näher betrachtete und wieder genau wusste, warum er sich selber so zurückgezogen hatte. Nachdem sie sich heute Morgen quer durchs Bett gevögelt hatten, war Mark so komisch abweisend gewesen. Er war auch alleine einkaufen gegangen, bevor Paddy sich wirklich hatte erklären können, wie sehr ihm die letzten Kilometer und Tage in den Knochen steckten – vor allem in den Füßen. Er konnte und wollte jetzt heute an Heiligabend auch nicht viel unternehmen und vielleicht war Mark deswegen doch mehr eingeschnappt, weil ihm ohne neue Eindrücke und Bewegung wieder die Decke auf den Kopf fiel. Den Abstand hatte er ihm gegeben und auch gesagt, dass er ja alleine loskonnte – aber jetzt sah Mark nur noch bescheidener drein und dann seufzte Paddy selber auf. „Mark, du bist doch so komisch drauf.“
„Hm“, beschwichtigte Mark nicht mal und machte damit alles klar.
„So bad?“, fragte Paddy dann nur sanft und bekam glatt ein schlechtes Gewissen. „I mean ... we could walk around a little, but my feet are really killing me ... Und heute ist doch Christmas Eve und ...“
„Nein, nein“, winkte Mark sofort ab und zögerte trotzdem nur kurz, um komplett seine Oberschenkel zu fixieren. „Ich ... Ach, ich will dir nich' des Falsche vermitteln.“
DU LIEST GERADE
Desire
Fiksi PenggemarFortsetzung zu ›Denial‹ - »„Jetz' warte doch, Mann!", rief ihm sein bester Freund nach - aber Paddy ließ sich erst vor der Haustür aufhalten, um sich Thomas' festem Griff wutentbrannt zu entwinden und ihm mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen...