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"Du musst dir echt keine Sorgen um mich machen, ich komme auch gut alleine klar", sagte Julia bissig. Na klar, sie hat ja bewiesen, wie gut sie auf sich selbst aufpassen kann. Gar nicht. Ich meine, statt wie normale Menschen vor Gefahren wegzurennen, rennt sie direkt in sie hinein. Wie soll ich mir denn unter diesen Umständen keine Sorgen um sie machen?! Ich nahm das Rezept, welches sie in ihrer Hand hielt und wollte gerade gehen, diese Diskussion würde eh zu nichts führen. Außerdem hätte ich, wenn Julia nicht mitkommt, die Möglichkeit, jemandem einen kurzen Besuch abzustatten. "Was machst du da?", fragte Julia misstrauisch und ich sah sie verständnislos an. "Ich löse das Rezept ein, du kannst meinetwegen wieder zum Auto gehen. Hier", ich warf ihr den Autoschlüssel zu und ließ sie stehen. 

Da ich in Duskwood aufgewachsen bin, kannte ich mich hier gut aus und war innerhalb von einer Minute an der Apotheke. Ich trat ein, wo mir eine junge Frau entgegenlächelte. "Hallo, was kann ich für Sie tun?", säuselte sie, was mich etwas verwirrte. Die Situation im Krankenhaus war vorhin schon gruselig genug, aber das hier ist nochmal ganz anders. Wie schade, dass ich Julia nicht mitgenommen hatte, dann wäre sie wahrscheinlich noch eifersüchtiger als im Krankenhaus geworden. Und sie ist nun mal verdammt süß, wenn sie eifersüchtig ist. "Ich würde gerne dieses Rezept einlösen", sagte ich höflich und gab der Frau das Rezept. Verwirrt sah sie mich an. "Ist das für Sie?", fragte sie und ich schüttelte den Kopf. "Ich hole das für.... eine Freundin ab. Das ist doch hoffentlich kein Problem, oder?" Was genau war Julia für mich? War sie wirklich nur eine Freundin? Waren wir überhaupt befreundet? Das Wort "Freundin" trifft es irgendwie nicht, zumindest nicht mit dem Artikel "eine". "Okay", riss mich die Frau aus meinen Gedanken und verschwand durch eine Tür. Gleich darauf kam sie wieder und meinte: "So, sie müssen das nicht bezahlen. Die Rechnung wird die Krankenkasse oder so übernehmen." Na die kennt sich ja in ihrem Berufsfeld super aus, wenn sie nicht einmal weiß, wer genau die Rechnung übernimmt. Sie reichte mir eine Tüte und stopfte den Kassenzettel und noch einen weiteren Zettel hinein. Ich bedankte mich freundlich bei ihr und verließ die Apotheke wieder. 

Schnell lief ich zum nächsten Geldautomaten und sah mich um, um sicherzugehen, dass mich in diesem Moment niemand beobachtete. Ich hob 100.000 $ von verschiedenen Konten ab und steckte sie so gut es ging in meine Hosentaschen, den Rest quetschte ich noch in das Tütchen von der Apotheke. Dann machte ich mich auf dem Weg zu dem Casino, welches ganz in der Nähe lag. 

Dort angekommen wurde ich bereits erwartet. Merkwürdig, eigentlich hatte ich mich erst für heute Nacht angekündigt. "Jake, mein alter Freund", begrüßte mich Darek und ich versuchte, mein Gesicht nicht angewidert zu verziehen, als er mir einen Arm auf meine Schultern legte und mich in sein Büro im Stockwerk über dem Casino führte. Zwei seiner Männer folgten uns und ließen mich nicht aus den Augen, aber diese Prozedur war ich schon gewöhnt. "Heute bist du aber früh dran", sprach Darek, sobald die Tür zugefallen war. "Ja, ich war gerade in der Nähe und dachte, ich bringe es jetzt schon hinter mich", antwortete ich. "Hmm", machte Darek desinteressiert, doch etwas ließ seine Augen aufleuchten. 

"Wo ist denn deine kleine Freundin?", fragte er mit einem anzüglichen Grinsen, welches ich ihm am liebsten aus seiner Fresse geschlagen hätte. Ich spannte mich automatisch an. "Sie ist nicht meine Freundin und das geht dich nichts an", zischte ich ihn wütend an, doch das interessierte Darek kein bisschen. Selbst wenn ich die Beherrschung verlieren sollte, wäre es ein leichtes für seine beiden Bodyguards, mich mit einer Bewegung umzubringen. "Wie schade, ich hätte echt gerne das Mädchen kennengelernt, welches aus dir so ein Weichei gemacht hat, aber dann eben ein andermal." Wütend biss ich die Zähne zusammen, ich wollte nicht, dass er Julia jemals kennenlernen würde.

"Weiß sie schon, was du vorhast?", fragte Darek spöttisch. "Nein, ich weiß ja auch nicht, ob das überhaupt funktionieren wird", erwiderte ich. Darek lachte auf. "Es wird eh nicht funktionieren, glaub mir. Die würden dich alle abknallen, dir nicht einmal eine Chance geben, dein Anliegen vorzubringen. Ich würde das an deiner Stelle nicht tun." "Ich wäre mir da nicht so sicher", sagte ich mit einem siegessicheren Lächeln. Ich hatte alles gut durchdacht. Klar musste ich dafür ein Risiko eingehen, aber wenn alles klappen würde, würde es sich am Ende lohnen. "Wie du meinst, ich würde es wie gesagt nicht tun und das sage ich dir als ehemaliger bester Freund", meinte Darek schulterzuckend.

"Hast du das restliche Geld dabei?", fragte er. Ich holte die 100.000$ aus meinen Taschen und legte sie auf den Tisch. Darek zählte es und zeigte mit einem Nicken, dass das Geld vollständig sei. Seine Männer steckten das Geld in eine riesige Tasche und schleppten es nach draußen. "Dann darfst du jetzt gehen", sagte Darek und bedeutete mir, rauszugehen. "Und wir sind jetzt wirklich miteinander fertig?", fragte ich nochmal sicherheitshalber nach, da Darek schon ziemlich hinterhältig war, als wir miteinander befreundet waren, und er jetzt weitaus schlimmer ist. "Aber sicher doch", meinte er, doch ich glaubte ihm nicht wirklich. Irgendetwas hatte er doch vor... "Okay, tschüss", verabschiedete ich mich verwirrt und lief die Treppen hinunter, durchs Casino und nach draußen. Ich hatte mich hier länger aufgehalten, als ich es wollte und musste mich somit beeilen, damit ich schneller wieder beim Auto und vor allem bei Julia wäre.

Etwas außer Atem kam ich an meinem Auto an und stieg schnell ein. Ich bemerkte, dass Julia mich komisch ansah und ich überlegte fieberhaft, was ich sagen sollte. "Wo warst du?", fragte Julia plötzlich und starrte mich erschrocken an, als sie bemerkte, dass sie ihre Gedanken gerade laut ausgesprochen hatte. Ich versuchte, mein schlechtes Gewissen zu unterdrücken und sah sie verwirrt an. Wie viel wusste sie? "Ich war bei der Apotheke, das weißt du doch", wich ich aus und hoffte, dass sie es dabei belassen würde. Aber nein, das konnte sie natürlich nicht. "Das weiß ich, aber ich wollte wissen, wo du sonst noch warst", sagte Julia misstrauisch.

Woher wusste sie da nur? Okay, ich war wirklich lange weg, dafür dass ich nur zur Apotheke wollte, aber das ist ja kein Grund, von so etwas auszugehen. Ich konzentrierte mich auf die Straße, damit ich gar nicht erst in Versuchung kam, ihr in die Augen zu sehen und mich in ihnen zu verlieren. Ich wollte nicht, dass sie jemals von Darek und seinen Leuten erfährt, es würde sie in Gefahr bringen. Als Julia neben mir aufseufzte, sah ich unwillkürlich in ihre Augen. Julia schien ziemlich genervt, aber auch verletzt zu sein. "Jetzt mal ganz ehrlich Jake, du möchtest, dass ich dir bedingungslos vertraue und dann sagst du mir selber nicht die Wahrheit?", sagte sie wütend, doch der Schmerz in ihrer Stimme war ebenso nicht überhörbar.

Es tat mir weh, sie so leiden zu sehen, anscheinend machten ihr meine Geheimnisse noch mehr aus, als ich dachte. Aber sie tut ja immer so, als ob ich der einzige mit Geheimnissen wäre. Sie ist kein bisschen besser als ich. Man sah es ihr doch an, dass sie etwas beschäftigte. "Ich werde es dir verraten, das verspreche ich dir, nur... noch nicht heute, okay?", bot ich ihr an. Ich meinte es komplett ernst, vielleicht würde ich ihr eines Tages davon erzählen... wenn Darek und seine Männer endlich hinter Gitter wären. "Meinetwegen", stimmte sie noch nicht ganz überzeugt zu, aber das reichte mir für den Moment aus.

"Gut. Da ich jetzt zu dir ehrlich war, würdest du mir bitte verraten, was dich beschäftigt?", fragte ich sie, nachdem ich in meinem Kopf die schlimmsten Szenarien durchgegangen bin. "Ich habe mir nur Sorgen um dich gemacht, weil du so lange weg warst", behauptete Julia und sah aus dem Fenster. Sie wich mir aus, genauso wie ich ihr vorhin ausgewichen bin und ich konnte es ihr eigentlich nicht übel nehmen, aber es störte mich doch sehr. Na gut, wenn sie es mir nicht verrät, werde ich es selber herausfinden.

Den restlichen Weg zu meiner Wohnung dachte ich darüber nach, wie ich Julia erklären sollte, dass ich demnächst für zwei Tage nach China muss und vor allem, dass ich vielleicht nicht mehr wiederkommen würde. Ich wusste nicht, ob ich da wieder lebend herauskommen würde, aber ich wusste, dass ich es versuchen würde, Julia zuliebe.

𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚈𝚘𝚞 𝙰𝚛𝚎 𝚃𝚑𝚎 𝙺𝚎𝚢Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt