~74~

710 37 3
                                    

Die nächsten Tage war kaum was los. Jake war fast die ganze Zeit bei mir, obwohl man ihm ansah, dass er meinen Anblick kaum ertragen konnte, aber als ich ihm gesagt hatte, dass er nicht die ganze Zeit bei mir bleiben muss, hatte er darauf bestanden, trotzdem zu bleiben. Außerdem hatte er mir mittlerweile erzählt, weshalb er für mehrere Tage weggewesen ist. Als er mir erzählte, dass der Mörder seiner Mutter jetzt endlich angeklagt werden konnte, freute ich mich für ihn, denn auch wenn er nicht häufig darüber sprach, hatte ich bemerkt, wie sehr ihn das die ganze Zeit mitgenommen hatte. Er hatte mir auch gesagt, dass es jetzt nur noch einzelne Leute geben würde, die ihn verfolgen würden, weshalb er sich jetzt nicht mehr so krass verstecken müsste. Allerdings wusste er noch nicht, was er nun tun sollte, weil er sich strafbar machen würde, wenn er weiterhin hacken würde. 

Jake und ich hatten unsere Beziehung noch nicht wirklich offiziell gemacht, da wir erstens nicht danach gefragt wurden und Jake zweitens nicht wusste, ob er es schaffen würde, mit mir eine Beziehung zu führen. Wir waren momentan also in so einer Art Probephase. Aber ich würde ihm alle Zeit der Welt lassen, schließlich war das alles für ihn neu. Und für mich ja auch. Die Einzigen, die über uns Bescheid wussten, waren Lilly und Hannah und das auch nur, weil Jake am Boden zerstört war, als ich die ganze Zeit bewusstlos war und noch nicht sicher war, ob ich überhaupt überleben würde. Sie hatten ihn anscheinend dazu gedrängt, ihnen zu sagen, weshalb er so aufgelöst war, und er erzählte ihnen dann auch von unserem Telefonat. Hannah und Lilly hatten ihm empfohlen, mit mir darüber zu sprechen, sobald ich wach sein würde, doch er meinte, er würde darüber erstmal nachdenken. Lilly hatte Jake an dem Abend, an dem er mich fragte, ob wir zusammen sein wollen, eine Nachricht geschrieben, dass sie uns nicht stören wollten und deshalb gegangen sind. Hannah und Lilly hatten nämlich gesehen, dass ich aufgewacht war und wollten Jake und mir ein bisschen Zeit alleine geben.

Natürlich besuchten mich auch noch die anderen, aber Jake hielt sich in deren Gegenwart sehr zurück. Sie dachten alle, dass Jake nur Schuldgefühle hätte und es wieder gut machen wollen würde. Was ja auch zum Teil stimmte. Als Dan mal nebenbei erwähnte, dass Jessy wieder wach war, war ich erstmal ausgerastet, weil ich zu dem Zeitpunkt dachte, dass sie immer noch im Koma läge. Zugegeben, dass ich auch mal hätte nachfragen können, aber ich war in letzter Zeit so unkonzentriert gewesen. Einerseits weil Michael Hanson immer noch nicht gefunden wurde, andererseits weil ich mich in Jakes Nähe einfach nicht konzentrieren konnte. Und weil ich Angst hatte, dass Jake mich doch noch verlassen könnte. 

Ich richtete mich auf und wollte aufstehen, doch Jake hielt mich zurück. "Wohin willst du?", fragte er misstrauisch. "Wohin denn wohl? Zu Jessy natürlich", entgegnete ich und schob mich an Jake vorbei. Als ich leicht schwankte, weil ich bisher nur aufgestanden war, wenn ich auf die Toilette musste, und ich demnach Kreislaufprobleme hatte, fing mich Jake auf und schob mich wieder aufs Bett. Trotzig schob ich meine Unterlippe vor und verschränkte meine Arme. Jake verdrehte die Augen und meinte: "Ich frag mal deine Ärztin, ob es okay wäre, wenn du mal kurz zu Jessy darfst. Ihr" - er wandte sich an Dan, Hannah und Thomas - "passt darauf auf, dass Julia nicht einfach so abhaut." 

Dann ging er nach draußen und ließ mich ungeduldig mit den Dreien zurück, die jede meiner Bewegungen genaustens beobachten. Ich vergrub meine Hände in meinen Haaren und ignorierte den Schmerz in meinem linken Arm. Warum musste Jake mir das antun?! Als ob ich mich von denen aufhalten lassen würde! Ich werde nur noch darauf warten, dass Jake zurückkommt, dann werde ich zu Jessy gehen. Egal, ob die Ärzte mir das erlauben oder nicht. Dann liege ich eben zwei Tage länger im Krankenhaus, ist mir doch egal! Ich brauche auch mal wieder Bewegung. Sonst muss ich erstmal wieder laufen lernen, wenn ich hier endlich wieder herauskomme! 

Endlich kam Jake wieder zurück, er sah nicht begeistert aus. "Die Ärztin hat gesagt, dass du Jessy besuchen darfst, aber nur mit einer weiteren Person. Falls du zu starke Schmerzen, Kreislaufprobleme oder ähnliches hast. Und du sollst es erstmal langsam angehen, deine Wunden sind nicht einmal annährend verheilt", erklärte er mir. Hmm, immerhin besser als nichts. Ich stand diesmal langsamer auf und machte mich langsam auf den Weg. "Du solltest lieber einen Rollstuhl benutzen", meinte Jake besorgt, doch ich schüttelte entschlossen den Kopf. "Nein Jake, ich muss mich auch mal wieder bewegen. Hilfst du mir?", fragte ich, weil mir wieder leicht schwindelig wurde. Aber ich wollte Jessy unbedingt sehen. 

𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚈𝚘𝚞 𝙰𝚛𝚎 𝚃𝚑𝚎 𝙺𝚎𝚢Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt