An der Lichtung angekommen zwängte ich mich unter dem Absperrband hindurch und zog ich erstmal scharf die Luft ein, denn der Anblick nahm mich mit. Die Bäume waren genauso wie die Stände, Tische und Bänke halb abgebrannt, der ganze Boden war von Asche und getrocknetem Blut bedeckt. Sehr viel Blut. Mein Magen drehte sich um und ich blieb kurz stehen, um mich wieder zu beruhigen. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie der ganze Boden hier voller toter und schwerverletzter Menschen lag. Und das alles nur, weil ich nicht schnell genug regiert hatte... Ich schluckte die in mir aufkommenden Schuldgefühle hinunter und versuchte mich zu konzentrieren. Die Polizei hatte anscheinend die Bombensplitter als Beweismittel mitgenommen, von einem Zünder gab es auch keine Spur. Schade, aber ich hatte ja schon damit gerechnet, dass die Polizei alle Beweise mitgenommen hatte.
Ich sah mich um. Wo genau hatte ich den Mann ohne Gesicht nur gesehen? Jake und ich hatten getanzt, dann hat er mich geküsst... und dann hatte ich ihn aus den Augenwinkeln hinten im Wald gesehen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wo genau mich Jake hingezogen hatte. Wir standen zuerst an dem Stand, an dem Phil Getränke verkauft hatte. Welcher dieser Stände war es genau? Nach einigem Überlegen kam ich zu dem Schluss, dass es der rechts von mir sein musste. Okay, dann hatte mich Jake auf die Tanzfläche gezogen. Ich schloss die Augen, um mich besser erinnern zu können. Jetzt konnte ich es ganz genau vor mir sehen. Ich ging ein paar Schritte, bis ich an der Stelle stand, an der Jake und ich getanzt hatten. Und geküsst... bis ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Ich schlug die Augen auf und ging zielsicher in den Wald, direkt dorthin, wo ich ihn gesehen hatte. Das Gras war hier niedergetrampelt und an der Rinde eines Baumes klebte Blut. Er war wirklich hier gewesen, ich hatte es mir nicht eingebildet. Hatte die Polizei das Blut gesehen? So könnten wir doch sicher den Täter identifizieren! Wenn es überhaupt sein Blut ist... Er hat doch niemandem etwas angetan? Abgesehen vom Bombenanschlag meinte ich.
Ich ging zurück auf die Lichtung, denn schließlich hatte ich den Mann ohne Gesicht zweimal gesehen. Das andere Mal war unmittelbar vor dem Bombenanschlag gewesen, auf der Lichtung. Danach hatte ich ihn zwar aus den Augen verloren, aber ich war mir sicher, dass er in den Wald gegangen war, wohin denn auch sonst? Ich schloss wieder kurz die Augen und erinnerte mich an den Abend zurück. Jup, genau da hatte ich ihn zuletzt gesehen. Ich dachte zumindest, dass er es gewesen ist. Deshalb dachte ich auch, dass irgendetwas schlimmes passieren würde und habe meine Freunde vorgewarnt. Nur leider zu spät. Okay Julia, reiß dich jetzt zusammen. Diese Schuldgefühle bringen dich deinem Ziel auch nicht näher. Also ging ich auch noch an die zweite Stelle und überlegte, wie man am schnellsten von hier unbemerkt in den Wald kommt. Denn ich war mir sicher, dass der Mann ohne Gesicht von niemandem bemerkt wurde, obwohl er die Maske aufhatte.
Ich fühlte mich mal wieder beobachtet und sah mich um. Hatte ich da gerade eine Bewegung im Schatten wahrgenommen? Unvorsichtig, wie ich war, ging ich genau dahin, wo ich dachte, etwas gesehen zu haben und fand diesen Polizeiazubi... Wie hieß er noch gleich? Auf jeden Fall sah er nicht gerade erfreut aus, mich zu sehen. Hmm, ich war aber auch nicht gerade begeistert. "Was tun Sie denn hier?!", fragte ich verdattert. Der Polizeiazubi stand auf und klopfte sich den Staub und die Asche aus der Hose. "Dasselbe könnte ich dich auch fragen", entgegnete er. Okay, wenn er mich duzt, duze ich ihn eben auch. "Ich bin hier, weil die Polizei hier einige wichtige Beweise übersehen hat. Ihr macht euren Job ja alle super", fauchte ich wütend. "Eine junge Frau ist irgendwo da draußen", ich deutete mit meiner Hand in Richtung Wald, "und wartet darauf, dass ihr geholfen wird, aber hier tut einfach niemand etwas! Mittlerweile hat sogar ihre Familie die Hoffnung aufgegeben, weil die Polizei einfach nichts auf die Reihe kriegt! Und du? Was machst du denn jetzt hier?!", fragte ich aufgebracht. "Willst du mich dabei stören, Hannah zu finden? Oder beschattest du mich jetzt etwa? Wenn es das zweite sein sollte, dann tut es mir ganz und gar nicht leid, dir sagen zu müssen, dass du komplett versagt hast", schrie ich außer mir vor Wut.
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𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚈𝚘𝚞 𝙰𝚛𝚎 𝚃𝚑𝚎 𝙺𝚎𝚢
FanfictionJulia hält es nicht mehr aus. Nach einem verhängnisvollen Anruf lässt sie alles stehen und liegen und fährt mit dem nächsten Zug nach Duskwood, um vor Ort ermitteln zu können. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass ihr Aufenthalt in Duskwo...