Nur Arbeitskollegen

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Nachdem uns Julian unsere Zimmerkarten brachte, trotteten Felix und ich von der Hotellobby durch die langen Flure des Hotels.
„Hab ich eigentlich n' Magnet am Arsch oder warum läufst du mir die ganze Zeit hinterher?" fragte Felix vor mir genervt, ohne sich auch nur umzudrehen.
„Ich kann nichts dafür, dass unsere Hotelzimmer scheinbar auf dem selben Flur sind." verteidigte ich mich, während ich mir mit meinen zwei Koffern einen abschleppte.
Abrupt blieb er stehen, drehte sich zu der Tür links von ihm und öffnete diese mit seiner Zimmerkarte. Ich schaute auf die Karte in meiner Hand. 132. Dann schaute ich auf die Tür vor mir. 132. Spitze. Unsere Zimmer waren genau nebeneinander.
Kannste dir echt nicht ausdenken.
Felix genervter Blick, als ihm klar wurde, dass wir Zimmernachbarn sind, war mir nicht entgangen. Ich ignorierte ihn und verschwand durch die Tür in mein Zimmer.
Ich war grade dabei, mir ein Outfit für den Abend rauszulegen, als es an meiner Tür klopfte.
„Ja?" rief ich und Julian kam herein.
„Bist du beschäftigt?" fragte er, so als würde er mich für irgendetwas brauchen.
„Nicht wirklich, warum?"
„Hast du Bock, dir ein bisschen die Stadt anzusehen? Ich wollte grade n' Kaffee trinken gehen." er sah mich etwas unsicher an.
„Klar, gerne." lächelte ich ihm zu und schnappte meine Handtasche.

„Ey, nur damit du Bescheid weißt, dich mit auf Tour zu nehmen, war wirklich nicht meine Idee. Nicht, dass du denkst, nur weil wir-„
„Schon gut." unterbrach ich ihn. „Ich weiß, dass das auf Felix Mist gewachsen ist."
Wir saßen außerhalb eines kleinen Cafés in der Leipziger Innenstadt.
„Das Ding ist, wir hatten schon viele Probleme bei der Orga der Veranstaltungen und mit dir lief alles so problemlos ab. Auch wenn ihr euch nicht leiden könnt, sieht Felix deine gute Arbeit. Da stellt er seine persönliche Meinung auch mal hinten an." erklärte Julian mir und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. „Ist komisch für dich, die ganze Situation, oder?"
„Ein bisschen." lachte ich. „Als mein Chef mich in sein Büro zitierte dachte ich erst, Felix hätte ihm das mit uns beiden gesteckt und ich würde jetzt safe meinen Job verlieren."
„Nein man. So ist er nicht." verteidigte er seinen Bruder und ich zuckte mit den Schultern. „Hätte ja sein können."
Ich spürte Julians starre Blicke auf mir.
„Hör mal," fing ich an und rührte vor Nervosität mit dem Löffel in meinem Kaffee herum. „Das was da zwischen uns lief... das sollten wir lieber nicht noch mal wiederholen. Jetzt, wo wir miteinander arbeiten." ich sah zu ihm hoch und erwartete schon eine Diskussion, aber seine Reaktion war eine andere als erwartet. Er lächelte.
„Mach dir keine Sorgen, alles gut. Ab heute sind wir nur noch Arbeitskollegen." er hielt mir die Hand entgegen und ich nahm sie an. „Ja, nur Arbeitskollegen." lächelte ich ihn an.
„Komm, wir müssen langsam zurück ins Hotel und danach zur Venue. Es ist schon 16 Uhr." sprach Julian.

Mit einem Klemmbrett bewaffnet lief ich durch den Backstagebereich.
„Liv! Ich weiß, das ist eigentlich nicht deine Aufgabe, aber kannst du dieses Shirt für mich bügeln?" fragte Kawus und lächelte mich unsicher an.
„Klar, gib her." ich nahm ihm das Shirt ab. „In 5 Minuten hast du es gebügelt wieder."
„Ey vielen Dank!"
Schnell bügelte ich ihm das Shirt in einem kleinen Nebenraum und brachte es ihm zurück.
„Du bist die Beste." freute er sich.
„Ich weiß." lachte ich. „Soweit alles klar hier drin?"
Felix lag auf dem kleinen beigen Sofa in der Ecke und war mit seinem Handy beschäftigt, zeigte mir aber freundlicherweise kurz einen Daumen nach oben.
„In 15 Minuten ist Kawus dran." informierte ich die beiden und lies sie im Backstage zurück.
Die Show lief super und alle waren zufrieden. Sogar Felix schien endlich mal gute Laune zu haben, denn auf dem Weg zurück zum Hotel alberte er mit Julian im Auto herum. „Also ich werde gleich auf jeden Fall noch an die Hotelbar gehen. Wie sieht's mit euch aus?" fragte Felix.
Euch? Hatte er grade ‚euch' gesagt?
„Bin dabei. Was ist mit dir Liv?" Julian sah erwartungsvoll zu mir nach hinten.
„Seid mir nicht böse, aber ich bin echt müde." entschuldigte ich mich.
„Komm schon. Ein Drink." versuchte er mich zu überreden.
„Guck mich nicht so an mit deinem Hundeblick." lachte ich. „Na gut. Einen einzigen!"

Natürlich blieb es nicht bei einem Drink und obwohl Felix' Laune besser war als sonst redete er so gut wie kein Wort mit mir. Hin und wieder erwischte ich ihn dabei, wie er mich mit einem Blick ansah, den ich nicht wirklich deuten konnte, aber er schaute immer schnell wieder weg. Dieser Mann war ein einziges Rätsel für mich.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon 3 Uhr war und ich jetzt wirklich langsam in's Bett gehen müsste. Am nächsten Morgen würde es schon früh in die nächste Stadt gehen und wir wissen ja alle, wie gut ich darin war, zu verschlafen.
„Okay Jungs, ich werde jetzt in's Bett gehen." informierte ich Julian, Kawus und Felix. Julian sprang von seinem Stuhl auf „Ich bring' dich zu deinem Zimmer."
„Das finde ich bestimmt auch gut alleine." lachte ich.
„Ja Julian, sie wird das auch alleine finden." untermalte Felix mit zynischer Stimme meine Aussage. Anscheinend gefiel es ihm nicht, wie gut ich und sein Bruder uns verstanden und es machte mir eine riesige Freude, ihn dahingehend so richtig zu provozieren.
„Obwohl, wenn ich es mir jetzt so recht überlege... vielleicht finde ich es doch nicht. Der Vodka Lemon haut ganz schön rein." spielte ich und hielt mir den Kopf. Felix böser Blick brannte auf mir.
Julian und ich liefen den langen Flur zu meinem Zimmer entlang.
„Es macht dir richtig Spaß, ihn zu provozieren, oder?" lachte er.
„Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr." sprach ich und zückte meine Zimmerkarte aus meiner Handtasche, als wir vor meiner Tür zum stehen kamen.
„So,-„ fing ich an, um mich von Julian zu verabschieden, der mich mit gläsernen Augen ansah. „Ich werde dann jetzt mal in's Bett gehen." ich deutete auf die Tür.
„Ja, mach das." sprach er leise und sein Blick wanderte an mir rauf und runter.
„Ja, mache ich auch." ohne mich auch nur einen Zentimeter zu bewegen, sah ich ihn weiter an.
Er ging einen Schritt näher auf mich zu, drehte mich mit dem Rücken zu ihm, nahm meine Hand in der ich die Zimmerkarte hielt und legte diese auf das Lesegerät der Tür. Es klackte und die Tür öffnete sich einen Spalt. „Na los. Geh in's Bett." flüsterte mir Julian ins Ohr und über meinen Körper legte sich eine Gänsehaut. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihm in die Augen. Ach, scheiß drauf.
Meine Lippen legten sich auf seine und wir küssten uns in der selben Intensität wie schon beim letzten Mal.
„Was ist mit unserer Abmachung?" fragte er in unsere Küsse hinein, während seine Hände bereits unter meiner Bluse verschwunden waren.
„Scheiß auf die Abmachung." stöhnte ich und wir verschwanden in meinem Zimmer.

Alles albern (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt