Ein paar Stunden vor der letzten Show in Berlin spazierte ich mit Toni an der Oranienstraße entlang und erzählte ihm den Vorfall mit meiner Mutter.
„Wie frech." echauffierte er sich. „Du hast auf keinen Fall überreagiert. Sowas geht gar nicht. Sie muss ja schon vorher gewusst haben, wer Felix ist."
„Mit Sicherheit. Das er finanziell gut da steht hat sie bestimmt nicht erst seit dem Blick auf die Rolex gewusst." erklärte ich sauer.
„Wie hat dein Göttergatte reagiert?" fragte er.
„Nicht so sauer wie ich, was mich wiederum noch saurer gemacht hat. Ich weiß ja, dass er einen kleinen Robin-Hood-Komplex hat. Wenn's nach ihm gegangen wär, hätte er meiner Mutter das Geld direkt Bar auf den Tisch gelegt." sprach ich und zündete mir eine Zigarette an.
„Irgendwie aber auch süß. Er kennt deine Mama ja gar nicht und möchte ihr trotzdem helfen." schwärmte Toni.
„Hm." gab ich knapp zurück. Natürlich war es süß von ihm und wären die Umstände anders gewesen, wäre ich ihm auch dankbar dafür. Aber es war nicht das erste Mal, dass meine Mutter mich nach Geld fragte. Für Lebensmittel, Miete, die sie nicht mehr bezahlen konnten oder für die Reparatur ihres alten VW Golfs. Nie war das Geld darein geflossen, wo es benötigt wurde.
„Lass uns mal hier rein gehen, ich brauche dringend einen warmen Pullover." Toni deutete auf die kleine Boutique vor uns.„Du arbeitest heute also das letzte Mal für deinen Schatz?" fragte er, als er durch eine Reihe Sweatshirts und Pullis an der Stange wühlte.
„Yep." gab ich ein wenig traurig zurück.
„Herr Bolters freut sich bestimmt schon auf dich." amüsierte er sich.
„Erinnere mich bitte nicht daran." Ich hatte wirklich keine Lust darauf, wieder für diesen Mann zu arbeiten. „Ich hatte noch nie so viel Spaß beim arbeiten wie die letzten Monate." erinnerte ich mich.
„Klar. Bei so einem heißen Chef würde mir das arbeiten auch Spaß machen." lachte Toni. „Kriegst du die „Überstunden" eigentlich auch bezahlt?"
Ich boxte ihm gegen die Schulter. „Du bist blöd."
Ich schaute durch den kleinen Laden auf der Suche nach etwas, dass auch mir gefallen könnte und wollte meinen Augen nicht trauen, als ich eine mir sehr bekannte Frau ein paar Meter weiter vor einem Spiegel stehen sah.
„Das darf doch wohl nicht wahr sein." entfuhr es mir und Toni schaute ebenfalls hoch.
„Ist das nicht deine Mutter?" fragte er erstaunt und ohne zu zögern ging ich auf sie zu.
„Was machst du hier?" fragte ich sie vorwurfsvoll. Sie erschrak und sah mich mit großen Augen an. „Olivia, was tust du hier?"
„Ich bin mit Toni unterwegs. Erklär du mir lieber was DU hier tust." ich nahm das Preisschild des Pullovers, welchen sie vor sich hielt, in die Hand. „Ich glaube nicht, dass du dir das leisten kannst."
„Dank deines sehr netten und hilfsbereiten Freundes kann ich das sehr wohl." gab sie zurück und meine Kinnlade fiel hinunter.
„Wie bitte?"
„Hat er dir das nicht erzählt? Dank ihm konnten wir unsere Stromrechnung bezahlen. Du hättest uns ja lieber im Dunkeln sitzen lassen." vorwurfsvoll blickte sie mich an.
Fassungslos stand ich da und wusste nicht, was ich sagen sollte.
„Sag ihm nochmal vielen Dank von uns. Er hat uns sehr geholfen." sprach sie, bevor sie sich von mir abwandte und mich sprachlos zurück lies.„Du hast WAS getan????" sauer stampfte ich vor Felix auf und ab.
„Es war wirklich nicht viel. 1700€. Das ist nichts für mich, aber alles für deine Eltern." verteidigte er sich, während er vor mir auf der Couch saß.
„Ich fasse es einfach nicht. Ich habe dir deutlich gesagt, dass du ihnen nichts geben sollst." verzweifelt hielt ich mir den Kopf.
„Man, ich weiß wie's ist keine Kohle zu haben, um seine Rechnungen zu bezahlen. Das ist scheiße und das hat niemand verdient."
„Das haben die beiden sich selbst zu zuschreiben! Sie hätten die Rechnung locker bezahlen können, wenn mein Vater nicht von jedem Euro den er in die Finger kriegt, Alkohol kaufen würde. Du hast ihn in seinem Tun jetzt nur bestärkt. Er wird niemals damit aufhören." vorwurfsvoll sah ich ihn an. „Verstehst du das nicht?"
„Ich bin nicht dumm, ich verstehe das." gab er angepisst wieder.
„Und trotzdem hast du es getan." erwiderte ich. „Ich gebe dir das Geld zurück."
Felix lachte laut auf. „Gar nichts tust du."
„Oh doch!"
„Oh Nein!" entgegnete er in einem lauten Ton. Ich starrte ihn nur an und er hielt meinem Blick stand.
„Es war meine Entscheidung, deinen Eltern zu helfen." machte er seinen Standpunkt fest.
„Wenn du denkst, dass das irgendwas an ihrer Lebensweise ändern wird, wirst du genau so enttäuscht werden, wie ich mein ganzes Leben lang."
„Ich habe keine Erwartungen daran." erwiderte er.
„Gut." gab ich knapp zurück.
„Gut."
Eine Weile lang sah ich ihn nur an. Keiner von uns sagte etwas. Als er aufstand und in die Küche ging, setzte ich mich aufs Sofa und atmete schwer aus.
Als er mit zwei Tassen Kaffee zurück kam, stellte er eine davon vor mich auf den Couchtisch.
„Es tut mir leid." sprach er und setzte sich neben mich.
„Gut. Du hättest meinen Wunsch respektieren sollen." entgegnete ich und nahm die Tasse Kaffee in beide Hände.
„Oh, das meine ich nicht. Das tut mir absolut nicht leid." gab er kühl zurück. „Ich meine, es tut mir leid, dass deine Eltern ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen und du dich damit rumschlagen musst. Das hast du nicht verdient."
Ich schluckte einmal heftig, um den Kloß, der sich in meinem Hals bildete, herunter zu kriegen.
„Ich hab das nicht für deine Eltern gemacht, sondern für dich. Egal wie abgeklärt du vorgibst zu sein, wenn es um sie geht. Es hätte dich zerrissen zu wissen, dass sie ohne Strom in ihrer Wohnung sitzen. Auch wenn du's niemals zugegeben hättest."
Ich starrte auf meine Hände, die fest um die Tasse geklammert waren und gab mir die größte Mühe, die Enttäuschung über meine Eltern und die Rührung über sein selbstloses Verhalten nicht in einer Welle der Tränen aus mir heraus sprudeln zu lassen.
„Danke." gab ich fast wortlos von mir. Seine Hand streichelte fürsorglich meinen Rücken.
„Es gibt noch etwas, was ich dich fragen wollte." sprach er nach einem Moment der Ruhe. „Was hältst du davon, weiterhin mit mir zu arbeiten?"
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Alles albern (Felix Lobrecht)
Fiksi Penggemar[...] Ich seufzte und wollte, ohne mich um zu sehen, auf die andere Straßenseite wechseln, als mich plötzlich ein Auto anhupte und mit quietschenden Reifen nur Zentimeter vor mir zum stehen kam. „Hey, pass doch auf!" rief ich erschrocken. „Samma?! D...