Golden Retriever

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„Alter, war das ne' beschissene Show." Felix schmiss sich genervt auf's Sofa im Backstagebereich. „Richtige Schweinepisse."
„So schlimm fand' ich's gar nicht. Der Hackler war nur nervig, du warst trotzdem gut." erklärte ich ihm und setzte mich daneben.
„Nein, man. Ich glaube, man hat richtig gemerkt, wie sehr mich dieser Typ genervt hat und das hat sich durch die komplette Show gezogen." er schaute auf die Uhr an seinem Handgelenk. „In 20 Minuten muss ich nochmal raus, Fotos machen."
„Du siehst fertig aus." bemerkte ich.
„Ich bin müde." erklärte er und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Ich fing an, seinen Kopf zu kraulen.
„Mach mir nicht die Frisur kaputt." murmelte er.
„Ich kann auch aufhören." sprach ich und wollte grade meine Hand wieder runter legen, als er sie packte und wieder auf seinen Kopf legte.
„Nein. Weitermachen." protestierte er.
„Du wirst ja richtig niedlich wenn du müde bist." lachte ich und er grummelte zufrieden.
Ich dachte über das Gespräch mit Julian vorhin nach. Sollte ich ihn jetzt darauf ansprechen oder nicht? Würde er sauer werden, weil Julian mir die Wahrheit erzählt hatte? Oder zumindest das, was er als Wahrheit hinstellte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mich anlügen würde, aber man kann Menschen auch immer nur vor den Kopf gucken.
Nach kurzer Zeit traf ich eine Entscheidung.
„Du? Felix?" begann ich.
„Hm?"
„Was war wirklich der Grund, weshalb Julian das mit mir beendet hat?"
Er setzte sich auf und sah mich an. Ich legte meine Hand zurück in meinen Schoß.
„Was hat er dir erzählt?" fragte er.
„Das spielt keine Rolle. Ich möchte es von dir hören." erwartungsvoll sah ich ihn an.
„Er dachte, ich hätte Gefühle für dich."
„Hat er recht?"
„Nein... Ja... Keine Ahnung." nervös blickte er durch den Raum. „Ich war eifersüchtig." gab er zu.
„Warum? Ich meine, du könntest jede andere haben."
„Ich weiß." stolz grinste er mich an und ich rollte mit den Augen.
„Ich wollte aber dich." antwortete er ernst.
„Wolltest?" mit einem skeptischen Blick sah ich ihn an.
„Will." berichtigte er sich. „Ich will dich." er drehte sich leicht zu mir. „Pass auf, ich bin nicht gut in sowas. Ich habe dir gesagt, dass ich gerne schauen würde, wohin das mit uns führt und das meinte ich ernst. Wenn ich dich nur einmal hätte vögeln wollen, hätte ich das auch genau so kommuniziert und würde jetzt hier sicher nicht so mit dir sitzen und mir den Kopf kraulen lassen wie so'n Golden Retriever."
Ich musste schmunzeln.
„Reicht dir das als Antwort?" fragte er.
Ich nickte. „Ja. Ich will dich ja nicht überfordern." sprach ich und wuschelte ihm über den Kopf.
„Aaaaalter, meine Haare!" beschwerte er sich, richtete seine Frisur und blickte mich böse an.
„Nicht knurren, Lassie." amüsierte ich mich.
„Samma?!?!" empört sah er mich an, musste dann aber auch schmunzeln. Sein Blick intensivierte sich und innerhalb eines Augenblicks lagen seine Lippen auf meinen. Mit einem Ruck zog er mich auf seinen Schoß. Unsere Küsse wurden leidenschaftlicher und mein Herz schlug schneller. Mein Körper sehnte sich nach ihm. Unsere letzten gemeinsamen Stunden waren noch gar nicht lange her, aber es war, als würde ich nicht genug von ihm bekommen können. Er war mein Heroin und ich wollte mir unbedingt den nächsten Schuss setzen. Mit seinen Händen fuhr er in meine Jeans und knetete meinen nackten Po. Unter mir spürte ich seine Erregung. Mein Herz fing an, schneller zu schlagen, als seine Hände nach vorne wanderten, um meine Hose zu öffnen.
„Felix? 2 Minuten noch." rief Becci durch die geschlossene Tür. Zögernd lösten sich seine Lippen von meinen. „Ich komme!" rief er zurück.
Ich atmete tief ein und aus. Versuchte, meine Erregung zu kontrollieren und sah ihn mit leicht verzweifeltem Blick an.
„Dit is' jetzt n bisschen eskaliert." lachte er. Ich stieg von ihm runter und schloß den Knopf meiner Hose. „Ein bisschen." erwiderte ich und grinste. Er stand auf und ging zum Waschbecken, wo er sich kaltes Wasser in's Gesicht spritzte. „Was machst du mit mir?" fragte er, eher rhetorisch, grinste und kam wieder auf mich zu. „Was machst du später?"
„Ich muss noch ein paar Mails bearbeiten und" - ich sah ihn an und las in seinem Blick den Grund der Frage. „Aber das kann ich eigentlich auch morgen früh erledigen." warf ich schnell hinterher. Seine Lippen formten ein breites Grinsen und er beugte sich zu meinem Ohr herunter. „Wir machen dann später weiter." flüsterte er und die Haare in meinem Nacken stellten sich auf. Ich nickte langsam und er verschwand durch die Tür hinter mir. Mit weichen Knien setzte ich mich zurück auf's Sofa. Meine Augen wanderten durch den kleinen, grauen, stickigen Raum und ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Die letzten Tage, - nein; die letzten WOCHEN waren eine emotionale Auf-und-Abfahrt und so langsam realisierte ich, was eigentlich alles geschehen war. Noch vor ein paar Tagen wollten Felix und ich uns bei jeder Begegnung fast zerfleischen und auf einmal waren wir uns so nah. Körperlich und emotional. Ich hatte mich ihm geöffnet. Ihm Dinge erzählt, die ich bisher nur Toni erzählt hatte. Ich fühlte mich plötzlich sicher bei ihm. Wann genau dieser Wendepunkt kam, konnte ich nicht genau ausmachen, egal wie oft ich die letzten Tage in meinem Kopf Revue passieren ließ. Zum ersten Mal seit langer Zeit vertraute ich darauf, dass alles gut sein wird und darauf, dass ich mich fallen lassen konnte. Ich dachte nicht darüber nach, was vielleicht passieren könnte oder welche Probleme auf mich, auf uns, zu kommen könnten. Ich wollte es einfach nur genießen. Den Spaß, die Zuneigung, den Sex.
Scheiß auf das „Was wäre wenn...?"

Alles albern (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt