Frohes neues Jahr

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Drei Gläser Vodka Lemon und zahlreiche Tequila-Shots später fühlte ich mich einigermaßen bereit, meine Würde an der Theke abzustellen und mit Felix auf die Tanzfläche zu gehen. Dieser hatte auch bereits einiges an Alkohol runter gekippt und wurde immer aufgedrehter.
„Darf ich um diesen Tanz bitten, schöne Frau?" er hielt mir seine Hand hin und schaute mich erwartungsvoll an.
„Du hast keine Ahnung, worauf du dich einlässt." lachte ich und legte meine Hand in seine.
„Du auch nicht." zwinkerte er mir zu.
„Ich schaue mir das von hier hinten aus an. Gib alles, Liv!" rief Tommi und schnipsfingerte in meine Richtung.
Unsicher lächelte ich ihm zu, als Felix mich hinter sich her schleifte.
„Also." begann er. „Erstmal musst du die Basics können. Das heißt, du gehst mit dem rechten Fuß nach vorne und stellst ihn vor deinen linken. Dann wieder zurück und das gleiche mit dem linken Fuß. Dabei hüpfst du ein bisschen. Langsam gezeigt sieht's dämlich aus. Am Ende sollte es ungefähr so aussehen." er tanzte mir den Move vor und ich schaute ihn mit hoch gezogenen Augenbrauen an. „Ich habe High Heels an." sprach ich.
„Dann zieh sie aus." lachte er. „Komm, du kannst das."
„Ich sehe bestimmt total bescheuert aus." quengelte ich, zog mir dann aber meine Schuhe aus und stellte sie beiseite.
„So ungefähr?" ich führte den Move so aus, wie Felix ihn mir zeigte.
„Ja, genau!" freute er sich. „Siehst du. Du kannst das."
„Ich fühle mich trotzdem bescheuert." lachte ich.
„Der nächste Move ist vom Aufbau her gleich, nur dass du den Step nicht nach vorne, sondern zur Seite machst. So." wieder führte er mir den Move vor und ich zog nach.
„Von wegen, du kannst nicht tanzen." lachte er.
„Ich dachte ja auch eher an sowas Dirty Dancing mäßiges." sprach ich.
„Ah. Du meinst sowas?" bevor ich richtig reagieren konnte, hob er mich an meiner Taille hoch und hielt mich oben.
„Hey, lass mich runter." beschwerte ich mich lachend.
„Vertraust du mir?" fragte er und ich nickte, ohne einen Moment darüber nachzudenken.
Mit einem Schwung drehte er uns, wendete seinen Blick nicht von mir ab. Er blieb stehen und mit dem Schwung den ich aufgenommen hatte warf ich meine Beine um seine Hüfte. Seine Hände rutschten an meinen Rücken, mein Oberkörper fiel nach hinten und blieb, nur von seinen Händen gestützt, über dem kalten Vinylboden in der Waagerechten stehen.
Nach ein paar Sekunden wurde mein Oberkörper von seinen starken Armen wieder nach oben gedrückt und ich starrte ihm schnell atmend in die Augen. Unsere Lippen waren nur ein paar Zentimeter voneinander getrennt. Um uns herum fingen die Leute an, von 10 runter zu zählen. Ich merkte nicht, dass es schon so spät war.
„Hattest du dir sowas vorgestellt?" fragte er, leicht außer Atem. Seine Augen hielten meinem Blick stand. „Das war krass." antwortete ich und fühlte mich wie auf Droge.
„4... 3... 2... 1... FROHES NEUES JAHR!" riefen alle um uns herum.
Felix und ich nahmen die anderen kaum war. Es fühlte sich an, als wären wir in einer Art Blase. Geschützt vor allen anderen.
„Frohes neues Jahr, Olivia." sprach er mir ruhig zu. „Frohes neues Jahr." antwortete ich ihm. Er setzte mich zurück auf den Boden. Meine Beine fühlten sich an wie Pudding und konnten mich kaum halten. Ich knickte weg und Felix hielt mich fest. „Alles okay?" fragte er.
„Ich glaube, ich brauche frische Luft." sprach ich. Er nahm mich auf den Arm und trug mich raus. Dort setzten wir uns auf eine kleine Bank direkt vor dem Gebäude.
„War jetzt der Alkohol das Problem oder die kleine Tanzeinlage?" fragte er, als ich auf seinem Schoß saß, meine Arme um seinen Hals gelegt.
„Ein bisschen von beidem, schätze ich." antwortete ich und lachte. „Vielleicht bist auch einfach du das Problem."
Geschockt sah er mich an.
„Nein, nicht so wie du jetzt vielleicht denkst." beruhigte ich ihn leicht lallend. „Du hast einfach diese Wirkung auf mich."
„Was für eine Wirkung?" fragte er neugierig.
Fasziniert wie ein kleines Kind und als würde ich ihn zum ersten Mal berühren, streichelte ich seine Wange, den Hals hinunter und blieb mit meinem Finger an dem Kragen seines Hemdes stehen. „Olivia?"
„Ich würde so gerne mit dir schlafen." sprach ich. Der Alkohol lockerte wohl etwas zu sehr meine Zunge. „Ich halte das nicht mehr aus."
„Du bist betrunken." machte er klar, so als ob ich das nicht selber wusste.
„Du auch." entgegnete ich. „Willst du nicht mit mir schlafen?"
Felix lachte verzweifelt auf. „Du hast ja keine Ahnung."
„Dann lass uns gehen."
„Du kannst doch gar nicht mehr gehen." lachte er.
„Dann trag mich."
„Was ist, wenn du das morgen früh bereust?" fragte er vorsichtig.
„Werde ich nicht. Die Zukunfts-Liv wird der Gegenwarts-Liv seeeehr dankbar sein." grinste ich ihn an. „Und dir auch." ich küsste seinen Hals bis runter zu seinem Schlüsselbein und spürte seinen schweren Atem. „Komm schon, du willst es auch. Ich spüre das."

Alles albern (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt