Am nächsten Morgen wachte ich auf. War das alles nur ein Traum? Ich schaute zum Boden, auf dem mein Bademantel lag. Nein, kein Traum.
Wie sollte ich Felix heute gegenüber treten? Mir fielen auf der Stelle drei blöde Sprüche ein, mit denen er mich heute vor versammelter Mannschaft bloßstellen könnte.
Ich kann dem doch nie wieder in die Augen sehen.
Ich seufzte, stand auf und ging unter die Dusche. Immer mal wieder blitzten Bilder der letzten Nacht in meinen Gedanken auf und ich zwang mich dazu, mich zusammen zu reißen.
Vor dem Spiegel richtete ich meine Haare und legte etwas Make-Up über meine müde Haut, bevor ich in eine schwarze Jeans und eine schwarze Bluse schlüpfte. Ich sah noch mal in den Spiegel. Als würde ich zu einer Beerdigung gehen. Die Beerdigung meiner Würde.
Schnell schnappte ich mir noch meine Handtasche und ging vor das Hotel, um eine zu rauchen.
„Na schöne Frau?" begrüßte mich Julian grinsend, als ich aus der Tür in die warme Morgensonne trat. Warum grinst er so? Weiß er etwas?
„Guten Morgen." antwortete ich und lächelte ihm gequält zu.
„Hattest du noch Spaß gestern?" fragte er.
„Was? Ich? Nein. Spaß? Überhaupt nicht." stammelte ich und Julian sah mich skeptisch an.
Langsam werde ich paranoid.
„Was ist los mit dir?"
„Nichts, wieso?" stellte ich mich dumm.
„Ich dachte, du stehst auf Wellness." sprach er verwirrt.
„Ah! Ja klar, tue ich auch. Es war nur so, ich... ich konnte mich irgendwie nicht so richtig entspannen." das war nicht mal gelogen.
„Oh, das nächste Mal helfe ich dir beim entspannen." sprach er mitfühlend und grinste mich an. Ich versuchte so gut es ging mein Unwohlsein zu verbergen, als plötzlich Felix aus der Tür zu uns trat.
„Guten Morgen." sprach er melodisch und klang dabei, als würde ihm gleich die Sonne aus dem Arsch scheinen. Schnell schaute ich auf den Boden.
„Dickerchen, was war das eigentlich für ne Granate, die du da abgeschleppt hast, alter?!" stolz schlug Julian ihm auf die Schulter. „Er ist wieder da."
Ich hörte Felix lachen „Ja, er ist wieder da." amüsierte er sich. Vorsichtig schaute ich hoch und unsere Blicke trafen sich. Erst wollte ich mich schnell wieder von seinem Blick abwenden, doch ich wollte ihm auch nicht das Gefühl geben, er hätte jetzt irgendeine Macht über mich. Also hielt ich seinem Blick stand. Ich rechnete mit einem blöden Spruch oder zumindest einem dreckigen Grinsen, aber er sah mich einfach nur an.
„Ich wollte gestern Nacht eigentlich noch zu dir rüber kommen, aber ich dachte mir, dass du bestimmt schon schlafen würdest." wendete sich Julian zu mir.
„Ja, ich bin relativ schnell eingeschlafen." ich lächelte ihn an und konnte Felix starren Blick auf meiner Haut spüren.
„Na immerhin etwas. Sie konnte gestern nicht richtig entspannen, hat sie erzählt. Kannst du dir das vorstellen? Bei diesem krassen Wellnessbereich hier?" fragte er seinen Bruder und ich hätte mich am liebsten aus dieser unsagbar unangenehmen Situation rausgebeamt.
„Nein, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Woran lag's?" fragte Felix und legte seinen Kopf schief.
Warum befreit mich niemand aus dieser Hölle?
„Weiß ich nicht." sprach ich kleinlaut. Plötzlich klingelte mein Handy. Toni.
Gott sei dank.
„Sorry, da muss ich ran gehen." ich ging einige Meter aus der Hörweite und nahm das Telefonat an.
„Ich war noch nie so froh, deine Stimme zu hören." sprach ich erleichtert.
„Was ist passiert?" fragte mein bester Freund am anderen Ende verwirrt.
„Viel zu viel." fing ich an und erklärte ihm so kurz wie möglich, was die letzten 18 Stunden so passiert war.
„Hui." tönte es aus dem Hörer.
„Das ist alles, was du dazu zu sagen hast? Hui?" sprach ich aufgelöst.
„Du stehst ja voll auf deinen Chef."
Ich verdrehte die Augen. „Das ist also das, was du aus den letzten 3 Minuten Gespräch mit genommen hast?"
„Das ist das, was du mir grade gesagt hast. Nur mit anderen Worten." verteidigte er sich.
„Ich mag den doch gar nicht!"
„Man kann auch Sex mit Menschen haben wollen, die man eigentlich gar nicht mag. Vor allem, wenn sie so aussehen." schwärmte Toni und ich wunderte mich „woher weißt du, wie er aussieht?"
„Ich lebe nicht hinterm Mond. Ich habe gegoogelt, Schätzchen."
„Hmm." nickte ich.
„Wundert mich, dass du's überhaupt so lange ausgehalten hast, ohne ihn anzufallen. Wäre mir schwer gefallen."
„Naja, sagen wir's mal so. Unsere Sympathien füreinander taten ihr nötigstes." erklärte ich.
„Ist es möglich, dass er seine Tür gestern Nacht absichtlich nicht geschlossen hat?" fragte er mich plötzlich und ich überlegte.
„Hm, keine Ahnung. Warum sollte er das tun?"
„Um genau das zu erreichen, was letztendlich auch passiert ist. Das du ihm zusiehst. Laut deiner Aussage schien er ja nicht besonders schockiert darüber gewesen zu sein."
Ich schaute zu Felix und Julian rüber, die noch immer vor der Tür des Hotelzimmers standen und sich unterhielten.
„An deiner Stelle würde ich das Spielchen einfach mal mitspielen. Mal sehen, wie weit er geht. Das mit dir und seinem Bruder ist was lockeres, oder?"
„Ja, aber ich kann doch nicht... das ist mein Chef. ‚Never fuck the Company', weißt du noch?"
„Tut mir leid, dir diese Illusion nehmen zu müssen, aber dafür isses n' bisschen zu spät, findest du nicht auch?" amüsierte sich Toni und ich musste schmunzeln. Recht hatte er.
„Ich muss auflegen." sprach ich, als ich sah, wie Felix und Julian mich zu sich winkten.
„Tue nichts, was ich nicht auch tun würde." lachte Toni freudig.
„Es gibt nichts, was du nicht würdest." lachte ich ebenfalls und legte auf.
„Was gibt's?" fragte ich, als ich wieder bei den Jungs ankam.
„Wir würden schon mal los zur Venue fahren wollen, kommst du mit uns mit oder fährst du später bei Becci mit?" fragte Julian.
„Ich komme mit euch." antwortete ich und lächelte Felix freundlich an, der mit meinem Stimmungswechsel augenscheinlich nicht umgehen konnte und verwirrt auf den Boden schaute.
Ha! Diese Runde ging an mich.
Im Auto setzte ich mich extra so, dass ich Felix durch den Rückspiegel aus beobachten konnte und jedes Mal, wenn er mich ansah, schaute ich intensiver zurück. Ich merkte, wie er nervös mit dem Finger auf das Lenkrad tippte.
Fang kein Spiel an, dass du nicht gewinnen kannst, Felix.

DU LIEST GERADE
Alles albern (Felix Lobrecht)
Fanfiction[...] Ich seufzte und wollte, ohne mich um zu sehen, auf die andere Straßenseite wechseln, als mich plötzlich ein Auto anhupte und mit quietschenden Reifen nur Zentimeter vor mir zum stehen kam. „Hey, pass doch auf!" rief ich erschrocken. „Samma?! D...