Kapitel 45 - No faith in Brooklyn
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, murmelte Harry nach einer halben Stunde erzählen und genauem berichten von der Gartenparty meiner Großmutter. Ich hatte nicht einen Augenblick ausgelassen, hatte ihm die Begegnung im Baumarkt geschildert und ihm erklärt, dass ich schon an diesem Abend das Treffen verfluchte. Dass Dave dann auch noch am nächsten Tag auf der Feier meiner Großmutter auftauchte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt zwar nicht wussen, doch das änderte trotzdem nichts daran, dass ich einen großen Fehler begangen hatte.
Er saß mit angewinkelten Beinen auf dem Bett und lehnte seinen Rücken an die hölzerne Stirn des Bettes, während ich ihn im Schneidersitz betrachtete und versuchte, die Emotionen aus seinem Gesicht abzulesen. Er schüttelte kaum merklich seinen Kopf und starrte auf seine Füße.
Dann hob er seinen Kopf an. „Hast du ihm das schon gesagt?“
Niedergeschlagen schüttelte ich meinen Kopf. „Ich hatte ja keine Gelegenheit dazu. Rufe ich ihn an, geht er nicht ran. Schreibe ich ihm, antwortet er nicht. Als ich die Hoffnung aufgegeben habe, hat Alana mir das Flugticket gebucht und gesagt, ich soll das hier in Ordnung bringen. Und deshalb bin ich jetzt hier. Ich habe ziemliche Angst, Harry. Er hat nicht einen meiner Anrufe beantwortet oder auf irgendeine Geset meinerseits reagiert.“
„Das wundert mich nicht. So ein Sturkopf“, schimpfte er und fuhr sich durch seine Locken, die er aufschüttelte. "Andererseits kann ich ihn verstehen, denn er kennt schließlich die Wahrheit nicht, El."
Mit hängengelassenen Schultern erhob ich mich von dem weichen Bett und tapste strümpfig ins Badezimmer, wo ich mir ein Papiertaschentuch holte und meine wenigen Tränen trocknete. Die Wimperntusche hatte fiese Spuren auf meiner Wange hinterlassen, die nun getrocknet waren.
Als ich zurückkam, saß Harry noch immer genau so auf dem Bett.
„Was machen wir jetzt?“, fragte ich ihn, da ich darauf hoffte, dass er mir helfen konnte, wieder alles einzubiegen. Harry sah mich mit einem schwachen Lächeln an, das zwar nur schwach war, aber es war ein Lächeln.
„Wenn du einen erstgemeinten Rat von mir hören willst, dann pass auf. Ich würde an deiner Stelle jetzt einfach rüber zu Louis gehen und ihm alles, was du mir gerade erzählt hast, genauso sagen. Lass ihn nicht dazwischen reden, sag ihm einfach alles klipp und klar.“
Harry brauchte nicht weiter erläutern, was ihm im Sinn war, denn ich war mir bereits sicher, wie ich die Beziehung wieder retten wollte. Ich seufzte erst, atmete anschließend tief durch und schloss meine Augen, sodass ich Louis wieder vor mir sah. Sein freches Lächeln, seine ozeanblauen Augen, seine schmalen Lippen.
Ich erhob mich von dem Bett, auf dem Harry noch immer saß und ich fragend anblickte und tapste erneut ins Badezimmer, um mir Harrys Haarbürste zu schnappen, die dem makellosen Aussehen nach zu urteilen noch nicht sehr häufig verwendet wurde, um meine Erscheinung etwas auf Vordermann zu bringen.
Harry, der sich hinter mir gegen den Türrahmen lehnte und seine Arme vor seiner Brust verschränkte, beobachtete mich misstrauisch. Ich beendete meine Prozedur und folgerte, dass ich wohl jetzt auf die Schnelle nichts besseres aus mir herausholen könnte.
„Passt das so?“, fragte ich Harry und drehte mich hoffnungsvoll zu ihm um. Er ließ seinen skeptischen Blick über mich fahren und blickte mir anschließend in die Augen.
Er verzog seine Lippen zu einem schmalen Grinsen und hob seinen Daumen an. „Perfekt“, antwortete er mir, was mich zum Lächeln brachte.
Ich war etwas aufgeregt, als ich die Zimmertüre öffnete und hinaus auf den kühlen Flur trat, in dem es mucksmäuschenstill war. Harry stand hinter mir und nickte mir aufmunternd zu. „Du machst das, Eleanor. Da bin ich mir ganz sicher!“
Ich schluckte schwer und schloss meine Arme fest um Harry. Es fühlte sich wie ein Abschied an, obwohl ich doch eigentlich nur eben zu Louis musste. Wobei das gut gesagt war. Die Zukunft meiner Beziehung zu Louis – meinem Louis – hängte am seidenen Faden.
Ich schloss die Tür, um den Abschied mit Harry nicht noch unnötigerweise herauszuzögern und dann womöglich doch noch Angst zu bekommen und folgte dem schmalen Gang. Meine Schritte waren kaum hörbar auf dem roten Teppichboden, mit dem der komplette Gang versehen worden war.
„987“, murmelte ich, als ich die in Goldfarben geschriebenen Ziffern auf der weißen Holztür sah und tief durchatmete. Ich straffte meine Schultern, um die Verkrampfung in mir zu lösen.
„Du schaffst das, Eleanor“, hauchte ich und hob meinen Arm an, um höflicherweise zu klopfen. Doch das war nicht nötig, denn die Tür öffnete sich bereits bevor ich überhaupt meine Augen öffnen konnte.
„Was machst du denn hier?“
Stürmisch wurde ich von Liam in eine Umarmung gezogen, der mich freudig lächelnd anblickte. Auf seinem Kinn erkannte ich leichte Bartstoppeln, die sich bis zu seinen Wangenknochen weiter verbreitet hatten. Er sah ziemlich glücklich aus und der neue Look stand ihm gut. Ich hatte ihn schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, doch in diesem Moment war ich einfach zu perplex um an irgendetwas zu denken.
Ich musterte ihn etwas verwundert und brauchte einige Momente, um wahrzunehmen, dass er hier mit Louis im Türrahmen stand und die beiden etwas überrascht aussahen. Liam war eher freudig überrascht, während Louis leicht überfahren aussah und sich eindeutig gekonnt im Hintergrund hinter seinem Freund hielt.
Ich lächelte leicht und brachte ein schüchternes „Hi“ heraus, was jedoch etwas im Lachen von Liam unterging. „Warum bist du denn so schüchtern?“, schmunzelte er und schüttelte seinen Kopf.
Louis räusperte sich, was auch Liam wahrnahm und ihm einen fragenden Blick zuwarf. „Ich lasse euch dann lieber allein“, murmelte er, als er mich wieder ansah. Ich nickte stumm und blickte auf den Boden. Als ich wieder aufblickte, war Liam verschwunden.
„Darf ich vielleicht reinkommen?“, fragte ich Louis mit zittriger Stimme und spielte nervös mit den Ringen an meinen Fingern. Louis verzog keine Mine und trat einen Schritt zur Seite, sodass ich eintreten konnte. Er schloss die Tür hinter mir, ehe er sich an mir vorbei quetschte und sich auf das große Bett setzte. Die Möbel in Louis‘ Hotelzimmer waren alle in einem schlichten Hellbraun gehalten, was den Raum größer und heller erscheinen ließ. Es war kein übermäßig großes Zimmer, jedoch punktete es ganz klar mit der atemberaubenden Aussicht auf New York, die sich mir bot, als ich an die Fensterwand gegenüber von seinem Bett trat. Wir waren so hoch oben, dass ich den Nebel an den Spitzen der Hochhäuser erkennen konnte, der sich um sie herumschloss und sie umzingelte.
Am Fuß der Aussicht blickte ich auf eine vielbefahrene Straße, auf welcher sich hauptsächlich schreiendgelbe Taxis tummelten.
Ich drehte mich wieder um, da ich nicht hier war, um die Aussicht aus dem Hotelzimmer zu bestaunen.
„Wir müssen reden.“
Mehr brachte ich nicht heraus. Louis saß auf dem Bett und musterte mich, ehe er nickte und etwas betrübt auf den Boden sah. Er war schweigsam, was mich sehr verunsicherte. Hatte er mit der Beziehung schon abgschlossen? Ich konnte mir doch kein Leben ohne atemberaubende Momente, die ich nur mit ihm verbrachte, vorstellen.
Ich bemerkte, dass Louis nichts dazu beitragen würde, weshalb ich mich räusperte und dann tief einatmete.
„Ich will dir alles erklären, aber dazu musst du mich ausreden lassen, ok?“, fragte ich ihn und versuchte stets, Augenkontakt zu ihm aufzubauen, was mir aber nicht gelang, da er mich nicht ansah.
Ich schluckte schwer, um die Enttäuschung zu verbergen. Ich hatte gehofft, dass er mich in seine Arme schließen würde, sobald er mich sah und dann in meine Haare flüstern würde, dass es ihm egal sei, weil er mich einfach nur vermisst hatte, doch nichts dergleichen war geschehen.
„Ich habe einen Fehler gemacht und das weiß ich. Als ich an dem Abend, an dem wir angekommen sind, in den Baumarkt gegangen bin, um nach Blumen für Grandma zu schauen, habe ich Dave getroffen, weil er dort arbeitet. Zuerst bin einfach weggelaufen, weil ich ihn nicht sehen und nicht hören wollte. Ich wollte einfach nichts mehr mit ihm zutun haben, weshalb ich erst einmal weggegangen bin. Natürlich ist er mir hinterher gelaufen und hat mich festgehalten, doch ich bin stark geblieben und habe ihm mehrmals gesagt, dass das Thema für mich durch sei und dass er sich von mir fernhalten soll.“
Ich warf einen unsicheren und fragenden Blick auf Louis, der seine Ellenbogen auf seine Knie gestützt hatte. Ich bemerkte etwas erleichtert, dass er mich mittlerweile sogar ansah und mir tatsächlich in die Augen blickte, was mich erst etwas aus dem Konzept brachte, da ich am liebsten auf ihn zu gelaufen wäre und ihn geküsst hätte, doch ich riss mich zusammen. Mittlerweie war ich mir nicht mehr sicher, ob es besser war, wenn er mir in die Augen sah, denn diese Sicht machte mich etwas sprachlos. Ich konnte die Emotionen praktisch aus ihnen herauslesen und das haute mich im ersten Moment etwas um.
„Schließlich hat er mir das Angebot gemacht, mich mit ihm zu treffen und dann würde er mir Antworten auf alle meine Fragen geben und ich hatte so einige. Ich wollte wissen, was mit Lindsey passiert ist, wie er damit umgegangen ist und noch vieles mehr. Also bin ich darauf eingegangen, in der Hoffnung, ich bräuchte dir nichts davon sagen, weil ich ja nur meine Antworten und dann mit dem Thema abschließen wollte. Ich dachte, wenn ich mit ihm reden würde, dann könnte ich vielleicht mit dem ganzen Thema abschließen und es würde mich nicht mehr so mitnehmen. Außerdem wollte ich dir den Ärger ersparen, weil das meiner Meinung nach eine Sache zwischen mir und Dave war und nichts weiter.“
Ich stoppte, um nach Louis Gesichtsausdruck zu sehen, der sich jedoch leider nicht verändert hatte. Ich bemerkte, wie sehr sich meine Stimmlange ständig veränderte und wie zittrig meine Hände wurden. Ich versuchte mich zu beruhigen, schaffte es aber nicht.
„Dave hat das dann einfach alles verdreht und ich schätze, er war eifersüchtig und wollte genau das zwischen uns erzielen. Ich hatte niemals auch nur einen Moment daran gedacht, Dave zu treffen im Sinne von zu daten, es ging mir einfach nur darum, das Thema Dave und Lindsay einfach abzuschließen. Ich hoffe, du weißt, dass ich niemals mit dem Gedanken spielen würde, dich zu hintergehen oder mich mit jemand anderem zu treffen, denn ich weiß, das macht keinen Sinn. Das einzige, was ich will, bist du. Ich war zu egoistisch, um zu bemerken, dass ich mich da in etwas verenne und dich dazu brauche, es durchzustehen. Ich habe einen Fehler gemacht und ich hoffe, dass du mir verzeihen kannst.“
Ich kam zum Ende und spürte, wie sich eine einelne Träne den Weg an meiner Wange nach unten bahne. Meine Hände zitterten noch immer und in mir ruhte ein Kloß aus Unsicherheit und Hoffnung. Louis sah mich mit großen Augen an und wippte mit seinem Bein. Ich wartete darauf, dass er auch etwas dazu sagen würde, doch er blieb still.
„Sag doch was“, bat ich ihn hoffnungsvoll und wiederstand dem Drang, mich jetzt neben ihn zu setzen und nach seiner Hand zu greifen, um ihn zu zeigen, wie ernst ich es meinte.
Wieder und wieder schluchzte ich und wischte mir stur mit meinen Fingern die Tränen von der Wange. Ich spielte unruhig mit meinen Händen, wippte mit meinem Bein vor mich hin, während meine Augen nicht eine Sekunde lang Louis' verließen.
Er wandte sich aus meinem Blick und seufzte kopfschüttelnd. Schließlich erhob er sich von dem himmlisch aussehnden Bett und stellte sich vor mich. Sekunden kamen wir vor wie Stunden. Als er schließlich seinen Mund öffnete, um mir zu antworten, war ich mir erst nicht sicher, ob ich überhaupt in diesem Raum anwesend war, doch die bestimmten Worte, die seinen Mund verließen, trafen mich härter als gedacht.
____________________________
Ups, Cliffhanger :D ♥♥
Wie waren eure Ferien? Meine waren echt entspannt :)
Liebste Grüße,
annhearts
DU LIEST GERADE
Eleanors Shoes
FanfictionWas ist Liebe? Es ist das stärkste Gefühl, das Menschen einander entgegenbringen können, verbunden mit Gefühlen wie Hass, Trauer und Schmerz, doch ebenso mit Vertrauen, Zufriedenheit und Geborgenheit. Es ist das starke Gefühl der Verbundenheit zu ei...