Kapitel 23 - Herzenshandlung

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Kapitel 23: Herzenshandlung

Fast hätte ich ihre Nummer gewählt. Fast.

Ich hatte mich zurückgehalten, das Handy aus der Hand gelegt und mich den ganzen Tag beschäftigt. Versucht zu beschäftigen war wohl eher zutreffend. Ich war von einer Ecke des Hauses in die Andere gelaufen, hatte mich mit lauter Musik auf mein Bett geschmissen und versucht, nicht an sie zu denken und ihr den Freiraum zu geben, den sie sich sicherlich verdient hatte.

Nachdem Harold mir heutemorgen ausversehen erzählt hatte, dass Eleanor mit Gemma an die Südküste Englands gefahren sind, musste ich alles in mir stoppen und mich selbst aufhalten, nicht auch nach Cornwall zu fahren und dort so zu tun, als ob ich zufällig im selben Ort wie sie war. Oder in derselben Straße. Oder demselben Haus.

Harry hatte seit dem Vorfall nicht mehr mit mir geredet als es notwendig war. Ich konnte zwar gut verstehen, dass er sauer auf mich war, doch das Missverständnis war nun ganze Zwei Wochen her und ich glaubte kaum, dass er es schaffen würde, mir mein Leben lang nur solche Antworten zu geben. Außerdem hatte ich meine Lektion gelernt, da konnte er sich sicher sein.

Anfangs hatte es mich nicht gestört, dass er mich ignorierte, denn ich hätte es wahrscheinlich ganz genauso gemacht, wenn es andersherum gewesen wäre. Aber mittlerweile hoffte ich jeden Tag aufs Neue, dass er, wenn ich zum Frühstücken in die Küche kam, wieder mit mir reden würde oder wieder ganz der Alte sein würde. Aber das war er nicht. Zumindest war er zu mir immer noch wortfaul, abweisend und still.

Es war langweilig ohne ihn zu ärgern beim Frühstücken zu sitzen, es war absolut ätzend in Meetings zuhören zu müssen und nicht mit ihm über die ernsten Mienen der Geschäftsführer zu lachen und es würde im Studio mit Sicherheit nur halb so entspannt werden, wenn er sich nicht wieder normal verhielt.

In mir schrie jede Phaser meines Körpers, dass ich mich auf der Stelle ins Auto setzten sollte und schleunigst zu Eleanor fahren sollte, egal, wie lange ich brauchen würde. Ich wollte unbedingt zu ihr und musste es weiterhin versuchen, sie davon zu überzeugen, dass ich es bereute und es mir Leid tat, denn das tat es. Eleanor war mir zu wichtig, um sie gehen zu lassen, doch vielleicht war auch genau das, was sie jetzt brauchte. Sie brauchte Abstand, das war mir mittlerweile klar geworden, doch ich hatte etwas Angst davor, wie viel sie davon brauchte. Ich hatte Angst, dass sie sich dazu entscheiden würde, mich zu vergessen.

Ich konnte damit leben, wenn wir uns eine Woche nicht sahen, vielleicht würde ich sogar die zweite Woche hinbekommen, doch die dritte Woche ohne ein Lebenszeichen von ihr würde ich mit Sicherheit nicht überleben.
Ich war in letzter Zeit kurz vorm Durchdrehen gewesen, als ich nicht wusste, wie es ihr geht und vor allem auch, was sie machte. Ich wollte es mir nicht zugeben, doch ich hatte Gefühle für sie entwickelt, wie ich sie selten gespürt hatte.

Und so kam es, dass ich gelangweilt an einem Sonntagnachmittag auf meinem Bett saß und durchs Internet forstete. Ich hatte noch nichts anderes gemacht, als Musik zu hören und Twitter immer und immer wieder zu aktualisieren, doch leider passierte nichts Spannendes. Ich bin ein paar Fanseiten durchgegangen, habe Eleanors Twitter von oben bis unten durchgelesen ( doch nichts favorisiert, denn das würde sie vielleicht sehen und sich denken, dass ich ein Stalker bin, was ich ‚offiziell' nicht bin ). Ich habe mich sogar getraut, ihren Namen zu googeln und ihre alten Partyfotos anzusehen und jetzt, mit dem Wissen, wieso sie das alles getan hatte, wirkten sie nicht einmal mehr halb so schlimm wie vorher auf mich. Ich konnte sie in einer bestimmten Weise verstehen. Wenn man einen kompletten Sommer lang von einem Typen, der einfach nur Unterhaltung sucht, verarscht wird und man es dann auf eine solche Weise erfährt, musste man irgendwie versuchen, alles zu vergessen.

Daves Name war auch nicht unbemerkt geblieben und wenn ich könnte, würde ich zu ihm fahren und ihm gehörig meine Meinung sagen, doch das war wieder einmal eine Tat, die unter ‚ Im Moment leider nicht möglich, denn Eleanor braucht Abstand' fiel.

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