Kapitel 36 - Tiefste Schuldgefühle
Schlaff hingen die Köpfe der Blumen herunter und zeigten hoffnungslos auf den Boden, während ich mit hängengelassenen Schultern vor der Haustüre stand und den Himmel betrachtete.
Tausende von Sternen hingen am Himmelszelt. Und es war dasselbe auf der ganzen Welt. In Indien, Amerika, Australien, Neuseeland, England und Holmes Chapel.Meine Gedanken fühlten sich wie leer gefegt an, als wären meine Probleme unerreichbar weit weg, doch ich vermutete, dass es sich nur so anfühlte, da sich die Gedanken so sehr überschlugen, dass ich keinen einzelnen mehr hören konnte.
Kaum merklich rannte eine heiße Träne meine Wangen entlang und bahnte sich den Weg nachunten, bis sie an meinem Kinn hing und auf den Kragen meiner Jacke tropfte.
Ich schniefte leise und zwang mich, endlich mit dem Heulen aufzuhören und mich zusammenzureißen. In meiner anderen Hand hingen die Schlüssel zu Grannys Haustür, die ich, nachdem ich energisch aus dem Auto ausgestiegen war, schon in der Hand bereit hielt, damit ich nur noch in das Gästezimmer stürmen konnte und den ganzen Abend mit Musik und Fragen über Fragen, die sich alle um Dave und meine Entscheidung drehten, verbringen würde.Aber dann erinnerte ich mich an Louis, der wahrscheinlich in diesem Moment nichtsahnend auf dem Bett saß und mit überkreuzten Beinen den Fernseher anblickte, während er sich fragte, wo zur Hölle ich nur steckte.
Ich kannte mich gut genug, um mit Sicherheit sagen zu können, dass ich ihm nicht in die Augen blicken können würde, wenn ich ihn heute Abend sähe. Die Schuld würde mich wie eine Welle überrollen und mich in sich verschlucken, sodass ich zwar die Oberfläche sah und genau wusste, dass ich das Problem lösten könnte, wenn ich dorthin schwamm, doch trotzdem würden meine Arme still bleiben und schlaff an mir herunterhängen, weil ich sie nicht bewegen können würde.
Die Kälte hatte sich mittlerweile schon einen Weg durch die Ärmel meiner Winterjacke gesucht und kroch meine Arme immer weiter nach oben und hinterließ an den nackten Stellen, die sie streifte, eine Gänsehaut.
„Was machst du da, Schätzchen?“
Ich zuckte zusammen und fiel bildlich gesehen aus meinen Gedanken. Mit raschen Bewegungen strich ich über meine Augen und wischte die entstandenen Tränen hastig weg, ehe ich mich langsam zu meiner Großmutter umdrehte, die im Türrahmen stand. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck durch das spärliche Licht nicht erkennen, weshalb ich nervös lachte und nach einer passenden Ausrede suchte.„Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen“, erklärte ich ihr schulterzuckend und lief auf sie zu.
Um das Thema zu ändern und weil sie ihre Blumen jetzt schon gesehen hatte, drückte ich sie ihr in die Hand und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
„Jetzt hast du sie ja schon gesehen. Sehe sie als ein frühes Geburtstagsgeschenk an“, riet ich ihr und nahm sie kurz in den Arm, ehe sie in die Küche eilte, um eine Vase für ihren Strauß zu holen.Ich schlüpfte aus meinen Schuhen, stellte diese an der Garderobe ab und schälte mich fröstelnd aus meinem Mantel. Erst jetzt bemerkte ich wirklich, wie kalt mir die ganze Zeit gewesen war. Ich war zu beschäftigt gewesen, um die Kälte richtig wahrzunehmen.
Obwohl ich nun nicht zu Louis in unser Zimmer gehen wollte, da mich ein schlechtes Gewissen plagte, stieg die hölzernen Treppenstufen nach oben. Ich irrte durch den dunklen Flur, in dem ich mich problemlos zurecht fand, da ich praktisch mehrere Wochen im Jahr hier gewohnt hatte.Vorsichtig drückte ich die kalte Türklinke nach unten und spähte in den einladenden Raum und stellte fest, dass dort weder Licht brannte, noch sich irgendeine Person darin befand. Offenbar war er noch bei meinen Verwandten im Wohnzimmer, worauf ich nun wirklich keine Lust hatte. Erleichtert atmete ich aus und schaltete zuerst das Licht ein, ehe ich nach kurzem Überlegen aus meinen Klamotten schlüpfte und meinen Pyjama anzog. Nachdem ich das Bett aufgeschlagen und das Licht wieder ausgeschalten hatte, legte ich mich müde und ausgelaugt auf die warme Matratze.
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Eleanors Shoes
FanfictionWas ist Liebe? Es ist das stärkste Gefühl, das Menschen einander entgegenbringen können, verbunden mit Gefühlen wie Hass, Trauer und Schmerz, doch ebenso mit Vertrauen, Zufriedenheit und Geborgenheit. Es ist das starke Gefühl der Verbundenheit zu ei...