Kapitel 21 - Tränen, Strand und Gemma

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Kapitel 21:                         Tränen, Strand und Gemma


E L E A N O R

Mein Herz raste und schlug wie wild gegen meine Brust, während mein Atem stoßweise ging. Ich schloss meine Augen, atmete tief ein und aus und versuchte mich wieder zu beruhigen. Ich drückte meinen Rücken gegen die Haustür und rutschte langsam das Holz entlang nach unten, denn meine Beine drohten mich nicht mehr zu halten. In mir drin herrschte pures Chaos und meine Gedanken und Gefühle drehten völlig durch. Noch nie hatte ich mich so aufgewühlt gefühlt, aufgrund einer Sache, die für mich falsch erschien, obwohl ich wusste, dass es die richtige Entscheidung war.

Ich wusste nicht, was Louis mit mir angestellt hatte und vor allem auch nicht wie, doch er hatte es geschafft, mich so weit zu bekommen, dass ich nicht mehr wusste, was richtig und was falsch war.

War es falsch ihm keine weitere Chance mehr zu geben oder war es klug von mir, Abstand zwischen uns zu bringen? War es richtig, dass ich jetzt hier drinnen saß und mir den Kopf darüber zerbrach, während Louis enttäuscht vor der Tür stand und darauf wartete, dass ich raus käme und ihn mit herein bat.

Doch irgendetwas in mir konnte nicht. Es ging nicht darum, dass ich ihm nicht verzeihen könnte, denn das hatte ich schon in der Sekunde, in der er die Worte ausgesprochen hatte. Damals wusste er nicht, was er damit anrichtete und dass seine Worte nur eine Meinung erbaut aus Lügen und Missverständnissen war.
Ich brauchte Zeit, um die geschehenen Dinge endgültig zu vergessen und Louis wieder als den Menschen zu sehen, der er war; frei und ausgelassen.

All die Erinnerungen von diesem Sommer, die ich so lange verdrängt hatte, fühlten sich jetzt wieder allgegenwärtig an und verfolgten mich. Wenn ich Harold sah, sah ich auch Dave. Und wenn ich an Dave dachte, dachte ich auch an Lindsay und das führte meistens dazu, dass ich mich wieder schlecht fühlte. Das Gefühl, das dann aufkam, konnte ich nicht beschreiben. Es war da und es ließ mich fühlen, als ob ich mein Leben, wie es jetzt war, nicht verdient hatte, als ob ich das Ziel, das ich seit meiner Geburt verfolgte, schon jetzt ins unerreichbare gebracht hätte.
Außer meiner Mutter und dem vielen Druck, der wegen ihr auf mir lastete, konnte ich mich nicht beschweren. Ich hatte Freunde, einen Platz zum Lernen und ich hatte sogar ein eigenes Haus, das vielleicht nicht das größte war, doch es reichte mir.   

Eine Träne floss über meine Wange, gefolgt von einem leisen Schluchzen. Doch ich wischte sie weg, stand auf und rieb meine Hände an meinen Hosenbeinen ab und öffnete die Haustür.
An der Stelle, an der vor ein paar Sekunden noch Louis gestanden war, lag jetzt ein Blumenstrauß, doch von ihm war nichts mehr zu sehen. Eine Träne kullerte über meine Wange, da ich wirklich unwissend war, was ich nun tun sollte.
Er hatte sich so viel Mühe gegeben, seinen Fehler wieder gut zu machen und trotzdem sagte etwas in mir, dass ich noch nicht bereit war, wieder wie gewohnt weiter zu machen. Ich brauchte Zeit und ohne diese waren Louis und ich schon bevor etwas zwischen uns entstehen würde zum Scheitern verurteilt.
Ich trat auf den kalten Steinboden und guckte, ob ich wenigstens sein Auto noch sehen konnte, das ich schon in dem Moment, in dem ich vorhin mit Max gmeinsam in die Straße gebogen war,  erkannt hatte.
Tatsächlich stand es noch da und Louis saß mit schlaffen Schultern drinnen. Er starrte mit den Händen in den Haaren auf das Lenkrad und richtete seinen Blick stur auf das schwarze Leder. Die Enttäuschung konnte man ihm ansehen.

Ich fühlte mich schrecklich, da ich ihn abgestoßen und zurückgewiesen hatte, doch ich hatte keine Wahl. Wenn ich ihm vergeben wollte, dann richtig.

Kälte umhüllte meine Arme, die ich mir um den Köper geschlungen hatte. Für einen kurzen Moment spielte ich mit dem Gedanken einfach an sein Auto zu rennen, die Tür aufzumachen und einfach los zu fahren. Ich würde die Tür offen lassen, strümpfig einsteigen und ohne einen Penny losfahren und sehen, was das Schicksal mit Louis und mir vor haben würde. Sehen, wohin es uns treibt, das tun, worauf wir Lust haben.
Weg von hier, weg von der Uni, weg von meinem monotonen Leben. Ich sah uns, wie wir am Meer standen, Arm in Arm auf das Blau des Ozeans starrten und uns frei fühlten.
Doch ich stellte den Gedanken hinten an, als mir die ganzen Sorgen und Probleme in den Kopf schossen, die das mit sich bringen würde. Ich verwarf den Gedanken nicht, sondern stellte ihn hinten an.

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