29

6.5K 164 7
                                    

Mit langsamen Schritten ging ich durch die Türe und kam in einen großen Teil der Lagerhalle an. Ich sah ihn sofort auf einem Stuhl sitzen. Er war Blut überströmt und dem Tode deutlich nahe. Mein Beruf war es Menschen Leben zu retten, aber hier und jetzt verspürte ich keinen Drang danach.

Einige Meter neben ihm stand ein Tisch mit Folterwerkzeugen. Bei diesem Anblick rebellierte mein Magen und ich schaute flüchtig zu Dario. Er war kein Mann den man als Feind haben wollte. Wie konnte er zwei so verschiedene Seiten haben? Er war zwar aufbrausend, hatte mir aber nie so etwas angetan.

Kaum merklich schüttelte ich meinen Kopf und wand mich wieder dem Kerl zu. Sein Kopf hing erschöpft nach unten, als ich langsam auf ihn zu ging. Ich schnappte mir einen Metall Stuhl und zog ihn quietschend über den Boden. Sein Kopf schnellte hoch während er sich umsah. Hinter mir lachten die Brüder auf, was mich irgendwie bestärkte.

Als er mich entdeckte grinste er tatsächlich. Also stellte ich den Stuhl mit etwas Abstand zu ihm hin und setzte mich ihm gegenüber. Da er nicht sprach, legte ich meinen Kopf schief und übernahm es kurzerhand. „Hat es dir die Sprache verschlagen?"
Jetzt lachten wieder die Brüder bevor Silvio redete. „No, wir haben ihm die Zunge rausgeschnitten, weil er so viel gebettelt hat."

Auch wenn ich ein wenig schockiert war, ließ ich es mir nicht anmerken. „Hmm ich schätze es ist kein großer Verlust, wenn man bedenkt wie du gleich endest."
Sein grinsen verschwand, da ich ihn wohl daran erinnerte. „Oh hast du jetzt keinen Spaß mehr? Das tut mir wirklich leid. Das letzte mal ist unser Treffen deutlich lustiger ausgefallen." gab ich gespielt traurig.

Als er in meine Richtung spuckte hörte ich Dario neben mir wütend knurren, aber ich stand lachend auf. „Nicht mal das kannst du richtig. Gibt es noch etwas was du sagen willst?... Oh ja richtig das kannst du auch nicht."
Wieder lachten die Brüder hinter mir und gaben mir damit Kraft, nicht anzufangen zu zittern.

Dieser Mann zeigte selbst jetzt keine Reue, also sollte ich ihm kein Mitleid schenken. Als er wieder spuckte und diesmal mein Oberteil traf, da ich ihm näher stand, grinste er mich dreckig an. Ohne wirklich darüber nachzudenken, ballte ich meine Hand zur Faust und schlug ihm mit aller Kraft gegen die Nase. Ein lautes knacken erfüllte den Raum und er schrie schmerzverzerrt auf.

Er versuchte irgendwas zu sagen, doch verstehen konnte man kein Wort davon. Ich beugte mich etwas zu ihm runter und sprach mit kalter Stimme auf Deutsch. „Brenn in der Hölle." Damit ging ich auf Dario zu, der kein Gefühl auf seinem Gesicht zeigte, aber seine Augen sprachen Bände. Er war stolz darauf wie stark ich geblieben bin. Er musste es nicht sagen, denn ich sah es.

„Ich bin fertig." erklärte ich. Dario nickte und legte einen Arm um meine Taille. „Beendet es. Wir fahren jetzt nach Hause."
„Mit Vergnügen." Ertönte Salvador neben ihm und ging zum Tisch mit den Folterwerkzeugen.
Dario schob mich aus der Halle raus, ohne weiter zu sprechen. Als wir draußen ankamen öffnete er ein Auto und hielt mir die Beifahrertür auf.

Er drückte mich auf seitlich auf Sitz, so das meine Füße noch den Asphalt berührten. „Mi reina du bist verletzt." Begann er zu sprechen. Verdutzt sah ich ihn an und verstand nicht was er meinte. „Deine Hand."
Ich hob meine Hände und sah das die Rechte tatsächlich aufgeplatzt war von dem Schlag. Er nahm sie sanft und betrachtete sie kurz.

„Lass mich sie kurz sauber machen, dann fahren wir."
Immer noch starrte ich auf unsere Hände und spürte ein Prickeln an der Stelle wo seine Haut meine berührte.
Er löste sich von mir und öffnete den Kofferraum. Kurz darauf kniete er sich vor mich und träufelte etwas auf einen Mulltupfer.

„Das wird etwas brennen." Erklärte seine warme Stimme. Langsam blickte ich ihm in seine Augen. „Okay."
Einen leichten Schmerz nahm ich wahr, aber ich wand meinen Blick von ihm nicht ab. Sein Kiefer spannte sich immer wieder an während er sich um meine Hand kümmerte. Als er fertig war sah er mich wieder. Ertappt blickte ich schnell auf meine Hand. „Da— Dankeschön."

Er führte meine Hand zu seinen Lippen und küsste sie flüchtig. Danach richtete Dario sich auf und ich setzte mich richtig in das Auto. Nachdem er die Türe geschlossen hatte und ums Auto gelaufen war, setzte er sich und startete den Wagen.
Mein Blick glitt wieder zu meiner Hand die Notdürftig mit einem zwar schlecht gelegten Verband versorgt war, aber zumindest seinen Zweck erfüllte.

Aus dem Augenwinkel sah ich wie er mich immer wieder betrachtete. „Mi reina, geht es dir gut?" Mein Blick glitt zu ihm rüber. „Ich denke schon." Antwortete ich ehrlich.
„Gut." Sein Blick verdunkelte sich. „Warum zur Hölle bist du ohne meine Erlaubnis raus?! Auch wenn ich dich immer beschützen werde, hast du eine Zielscheibe auf dem Rücken, da du meine Verlobte bist. Um uns zu verletzen, nehmen sich die Feinde immer die Frauen aus der Familie!" Er sprach laut und wütend, während er sichtlich um seine Beherrschung kämpfte.

„Das wusste ich nicht. Außerdem hättest du mich nie mitgenommen, hätte ich gefragt." Jetzt wurde ich lauter, da er mich wieder wie ein Kind behandelte.
„Dios doch nur weil ich dich beschützen will."
„Das kann ich selber! Mein Leben lang schon kümmere ich mich um mich selbst. Ich brauchte nie jemanden und nie hat jemand meine Kämpfe ausgeführt." Schrie ich ihn an.

„Jetzt bin ich aber da. Du musst nichts mehr alleine durchstehen." Erklärte er etwas ruhiger. „Ich wollte einfach nur damit abschließen können, weil es genug Dinge gibt mit denen ich bis heute nicht abschließen durfte."
Er sah mich überrascht an. „Warum willst du mir nicht erzählen was du so krampfhaft Geheim hältst, dich aber offensichtlich belastet? Vielleicht kann ich dir helfen, wenn du mich lässt."

Vermutlich hätte er das gekonnt. „Weil es mein Kampf ist." Gab ich leise zu und wand mich bestmöglich ab.

***

Am Anwesen angekommen begleitete er mich zum Schlafzimmer, nur um wieder zu verschwinden. Erschöpft ging ich unter die Dusche und glitt die Wand herunter. Irgendwie war es passiert das ich Dario nicht mehr als Feind sah, aber trotzdem wollte ich ihm nicht diese eine Sache anvertrauen.
Es war das, was mich die letzten Zwei Jahre bewegt hatte.
Nach einer Weile stand ich auf und fiel einfach ins Bett. Völlig erschöpft fiel ich in den Schlaf.

FEAR - Dario Mendoza II MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt