3 Der erste Geheimauftrag

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Es war fast eins, als sie die Terrasse verließen. Sie öffneten die Fenster, und ein leichter Hauch wehte in das Zimmer. Tom hatte immer noch keinen Blick nach draußen geworfen. Er zog eine Jalousie hoch. Ihr Zimmer befand sich über der breiten, steilen Treppe, die in die Stadt führte. Der Lärm der unterhalb verlaufenden Straße wirkte gedämpft.

Sie zogen sich bis auf die Unterhose aus und schlüpften nach einer kurzen Katzenwäsche unter die dünne Decke des weichen Doppelbetts. Einen Augenblick lagen sie schweigend im Halbdunkel, dann drehte sich Nikos zu Tom.

„Ich habe so lange auf Dich gewartet," flüsterte er.

Auch Tom drehte sich auf die Seite und blickte ihn stumm an. Nikos legte seine Hand auf Toms Schulter. Ein wenig unsicher lagen sie da und sahen sich in die Augen, die sie nicht sahen.

Sachte, und ganz langsam, zog Nikos ihn an sich. Leise küsste er ihn auf den Mund. Seine Hand umfasste Toms Hinterkopf und begann, in seinen Haaren zu kraulen. In Toms Nacken kribbelte es, dann breitete sich eine Gänsehaut über seinen ganzen Körper aus. Er überwand seine Angst und öffnete seinen Mund, einen Spalt nur. Ihre Zungen trafen sich.

Immer enger schmiegten sich die beiden Körper aneinander, zärtlich streichelten ihre Hände den Körper des anderen. Tom spürte eine Hand, die nicht seine war, an dem Körperteil, der bisher nur seine Hand kannte. Ein heißkaltes Ziehen zerrte an seinen Eingeweiden, und unweigerlich suchte seine Hand das entsprechende Gegenstück. Wie Nikos ihn, so massierte er seinen Freund. Nikos stöhnte leise, und als Tom merkte, dass seine Hand feucht wurde, gab es auch für ihn kein Halten mehr.

Eine Weile lagen sie mit klopfenden Herzen schweigend nebeneinander, dann sprang Tom auf und schnappte sich ein Handtuch, um die gröbsten Spuren zu beseitigen. Er benetzte seine Finger mit Wasser und spritzte es auf Nikos, der gleich aufsprang und sich revanchierte. Lachend fielen sie zusammen zurück auf das Bett. Tom angelte die Zigarettenschachtel, Streichhölzer und den Aschenbecher vom Nachttisch, und während sie rauchten, begannen ihre freien Hände eine weitere Tour über den Körper des anderen. Dann kamen auch die beiden anderen Hände hinzu. Dieses Mal dauerte es ein bisschen länger, und es war auch noch ein bisschen schöner.

Als Tom aufwachte, hatte er die Nacht erlebt, auf die er ein ganzes Jahr gewartet hatte. Nur nicht mit der Frau, von der er all die Zeit geträumt hatte. Vorsichtig setzte er sich auf und drehte sich Nikos zu, der ihn breit angrinste:

„Das war besser als Esel oder Ziege."

„Weißt Du das oder glaubst Du das?"

Nikos sah auf seine Uhr und sprang aus dem Bett.

„Ich muss telefonieren, um zehn muss ich telefonieren," rief er, zog sich an und war verschwunden.

Toms Kopf fing augenblicklich an zu hämmern. Er war nicht mal 24 Stunden in Athen, und schon hatte er ein verdammt großes Problem. Er stand auf und ging zum Waschtisch. Das kalte Wasser im Gesicht weckte ihn erst richtig auf. Aus dem Spiegel grinste ihn ein anderer Tom an, der anscheinend etwas sagen wollte. Diesen Tom kannte er noch nicht.

„Dann sag's doch," ermunterte er sein Gegenüber.

„Okay, wie Du willst. Du bist ja der Glückspilz aller Zeiten.

Die schönste Frau von Groß-Athen Deine Freundin und..."

„Okay, okay. Ich weiß selber, dass ich Mist gebaut habe."

Sein Spiegelbild hörte nicht auf zu grinsen und hätte vermutlich noch einiges zu sagen gehabt, wenn nicht eine tiefe Stimme von der Tür ertönt wäre:

„Hey, Gangster, mit wem redest Du? Mikrofon im Rasierapparat?"

„Ja, ja, muss eben meinen Bericht durchgeben. Hey, Du warst schnell wieder da."

Die richtigen Leute Band 2: Die Insel der SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt