Am Frühstückstisch besprachen Tom und Dave mit Basilis und Lydia, wie es nun weitergehen sollte.
„Ihr könnt nicht noch einmal mit der Vespa nach Souda fahren, das ist zu riskant," meinte Basilis.
„Wir sollten Sandy fragen, ob er uns fährt, dann können wir alles genauso machen wie geplant, nur dass an der Straße ein Auto und keine Vespa mit einer Panne steht," warf Dave ein.
„Gute Idee," meinte Basilis trocken, „die hatte ich auch schon, aber für den Tag drauf. Da muss nämlich abends Euer Freund Andreas aus Chania abgeholt werden. Der wird heute Nacht befreit. Unser Kontaktmann bringt ihn nach Chania und versteckt ihn, bis Ihr kommt."
Sie diskutierten, wie das möglichst unauffällig zu bewerkstelligen sei. Tom sah nur eine Möglichkeit:
„Wir brauchen ein zweites Auto. Sandy müsste in Rethymnon noch eins mieten, dann kann wenigstens nicht auffallen, dass derselbe Wagen zweimal in der Gegend auftaucht."
„Gut. Der Hotelbesitzer kann das sicher arrangieren. Ich kläre das mit ihm, wenn ich nachher mit den Australiern spreche."
Schließlich hatte er auch noch einen Vorschlag für ihren letzten Tag auf Kreta. Es gäbe eine Ausgrabungsanlage in Gortyn im Süden der Insel mit dem ältesten Gesetzestext der Welt auf Steintafeln, das wäre doch bestimmt für die Australier ganz interessant. Außerdem warteten da zwei Leute, britische Deserteure, auf ein Gratistaxi nach Iraklion. Tom und Dave registrierten, dass sie soeben Auftrag Nr. 4 bekommen hatten.
Aus dem Hobbyagententum wurde allmählich ein Vollzeitjob. Tom dachte an Sophia, aber es gelang ihm nicht, sich ihr Bild vorzustellen. Zäune, Motorroller, Funkgeräte, ein Rover, Andreas und desertierte Engländer geisterten in seinem Kopf herum und verstellten den Blick auf alles andere. Tunnelblick.
Tom und Dave bestiegen auf Lydias Rat hin einen Bus nach Agios Nikolaos im Osten der Insel. Außerhalb der Stadt breitete sich eine Küstenebene zu Füßen eines steilen Hangs aus, und bald fanden sie einen Sandstrand, wo sie bis zum frühen Nachmittag blieben. Die Australier freuten sich auf den Abstecher in den Süden. Gortyn gehörte zu den antiken Stätten, die die wenigsten ihrer Kommilitonen je gesehen hatten.
In Iraklion wurden Tom und Dave schon von Basilis erwartet.
„Ich habe alles mit Sandy und seinen Leuten abgesprochen," berichtete er. „Ihr trefft Euch heute um Mitternacht am Hotel. Morgen holt Ihr mit ihrem Opel Andreas in Chania ab."
„Seit wann weißt Du eigentlich, dass wir diese Deserteure fahren sollen?" fragte Tom.
„Seit vorgestern. Ich dachte, ich sollte Euch nicht zu viel auf einmal zumuten. Tut mir leid."
Die Australier hatten auch bei einem anderen, ziemlich heiklen Thema zugestimmt, berichtete er. Die Führung in Thessaloniki hatte ihm Anweisungen gegeben, wie Andreas und die Deserteure von Kreta aufs Festland geschafft werden sollten:
„Sie übernehmen die Schiffstickets von drei der Australier. Die fliegen auf unsere Kosten nach Athen. Andreas und die Briten können nicht fliegen, sonst werden sie garantiert geschnappt. Auf dem Schiff sollt Ihr genauso viele sein wie auf der Hinfahrt. Könnte ja sein, dass Ihr überwacht worden seid."
Tom und Dave gingen in ihr Zimmer und legten sich aufs Bett. Diese Neuigkeiten mussten sacken. Eine Besprechung war fällig. Waren sie vorsichtig genug? Konnten sie wirklich noch alle möglichen Probleme bedenken? Sie klopften ihren Plan auf Schwächen ab und fanden einige, die meist etwas mit Polizeikontrollen und CD-Fahrzeugen zu tun hatten. Die Ausreden, die ihnen spontan einfielen, überzeugten sie nicht. Am ehesten würde wohl „Sich dummstellen" funktionieren. Und gegen Zufälle halfen die besten Pläne sowieso nichts.
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Die richtigen Leute Band 2: Die Insel der Schreie
Teen FictionEin Jahr ist vergangen, seit Tom in Griechenland Menschen kennenlernte, die zugleich Opfer und Widerstandskämpfer der Militärdiktatur waren, seit er von der Geheimpolizei verhört und bedroht wurde, seit er neue Freunde fand und seit er Sophia ein Ve...