22 Kurz und schmerzhaft

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Nach einer Nacht, in der deutlich mehr geschlafen wurde als in den Nächten zuvor, und nach einem wunderbaren Frühstück in der einsamen Sandbucht mit türkisfarbenem Wasser, unter wolkenlos-blauem Himmel und in milder Morgenluft rannten alle am Strand entlang. Spiros verlängerte die Strecke um ein gutes Stück über die Taverne hinaus. Der Wirt holte seine Frau und seine Mutter nach draußen, um ihnen die jugendlichen Spitzensportler zu zeigen.

„Heute Abend werden die hungrig sein," prophezeite er.

Auch bei den weiteren Trainingseinheiten zog Spiros die Zügel an. Fast alle Jungen machten mit, denn heute übten sich die Mädchen mit Kapitän Dave im Wasserskilaufen. Mittags waren alle völlig ausgelaugt. Einige legten sich im Schatten schlafen, andere kühlten sich in dem lauwarmen Wasser ab, und Nikos und Tom zogen sich mit einer von seinen Spezialzigaretten in die Dünen zurück.

Nikos jammerte über Heikes Anhänglichkeit:

„Das ist ja schön und gut, wenn man eine Frau hat, mit der man jede Nacht schlafen kann. Aber ganz ehrlich, die meckert so viel an mir rum, die will mich keinen Augenblick mehr alleinlassen. Ich wette, sie sucht mich jetzt schon wieder. Ich weiß nicht, ob ich noch Lust habe, das mitzumachen."

Sie philosophierten eine ganze Weile in der Mittagshitze. Die Wirkung der Kräuter half, das Problem von allen Seiten zu beleuchten. Keiner sprach die logische Konsequenz aus, das hätte irgendwie nicht in die friedvolle Stimmung gepasst, aber beiden war klar, dass Sandy nicht der Einzige bleiben würde, der in diesem Paradies seine Beziehung beendete.

Tom wechselte das Thema:

„Martin hat mich herausgefordert. Dieses ganze Training macht Spaß. Auch das Ringen und Boxen. Das wird ganz schön eng heute Abend. Wieso bist Du eigentlich nicht dabei? Du machst das Krafttraining mit, und dann bist Du immer weg."

„Ja, weißt Du, ich bin für die alle viel zu stark. Ich will ja keinem weh tun."

„Wenn Du so stark bist, wieso nimmst Du Dir nicht mal den kleinen Spiros vor? Ich finde, wenn ich mich heute verprügeln lassen muss, kannst Du das auch," wiegelte Tom ihn auf. Das konnte Nikos natürlich nicht auf sich sitzen lassen.

Das Nachmittagstraining war schweißtreibend, denn Spiros verlangte immer mehr. Trotzdem murrte keiner. Wer wollte schon als Erster zugeben, am Ende seiner Kräfte zu sein? Spiros und Nikos kämpften hart, aber ohne unfaire Tricks. Nikos wehrte sich nach Kräften, und davon hatte er einige, aber gegen den durchtrainierten Ringer konnte er nur verlieren. Kaum landete er mal eine Faust an Spiros' Kopf, schon war er in einem eisenharten Klammergriff gefangen und kassierte die dreifache Menge Treffer. Ein paar Minuten hielt er mit, dann musste er sich geschlagen geben.

Martin war klar im Vorteil, solange sie standen, am Boden war Tom aber geschickter. Das Resultat war ein ausgeglichener Kampf, der verbissener wurde, je länger er dauerte. Beide waren sich in einem Punkt einig: Aufgeben kommt nicht in Frage. Tom kassierte eine böse Faust mitten ins Gesicht. Seine Nase fing an zu bluten. Dann traf er krachend, und nicht wirklich beabsichtigt, Martin mit dem Ellenbogen an der Stirn, und dessen Augenbraue platzte auf. In diesem Moment ging Spiros dazwischen:

„Schluss! Morgen könnt Ihr weitermachen, aber dann mal richtig zuschlagen, verstanden? Und jetzt ab ins Salzwasser, das ist gut für die Wunden."

Alle gingen gemeinsam schwimmen. Dass es für diesen Zweck extra geschneiderte Kleidungsstücke gab, hatten sie längst vergessen, auch die Mädchen. Dann zogen sie das Boot auf den Strand und machten sich für das Abendessen fein, soweit das möglich war. Das Essen mit parallelem Duschen zog sich bis nach zehn. Der Fisch war köstlich, und das gebratene Gemüse wurde kiloweise verzehrt. Der Preis war mehr als fair. Die Gitarristen hatten ihre Instrumente dabei und brachten dem gastlichen Haus zum Abschied ein Ständchen, was die Wirtsleute verzückte. Es sollte Auswirkungen haben.

Die richtigen Leute Band 2: Die Insel der SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt