48 Ein Anruf, der alles verändert

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Mit den ersten Sonnenstrahlen erwachte das Lager zum Leben. Keiner wollte eine kostbare Minute ihres Urlaubs mit Schlafen vergeuden. Nach einem Bad und dem Frühstück liefen sie los, Spiros gab den Takt vor. Erst trabten sie durch den Sand, dann hüpften alle auf der Stelle, dann liefen sie. Spiros streute kurze Sprints ein, schließlich ließ er sie rückwärts laufen.

An der Taverne hielt sie der Wirt auf. Er bat Nikos in die Küche, und kurz darauf präsentierten sie der Gruppe einen prächtigen Thunfisch, den ein Fischer aus dem Nachbardorf am frühen Morgen gefangen hatte. Am Abend würde es gegrillte Thunfischsteaks geben, für alle eine Premiere.

Bernd war froh, dass er mit den Jungen mithalten konnte, doch Aris fand sich zu seiner Schande in der Mädchengruppe wieder und erreichte nur deshalb gleichzeitig mit den Jungen das Camp, weil die Mädchen kurz nach der Taverne umdrehten. Er nahm sich vor, an seiner Fitness zu arbeiten, ein Vorhaben, das an Dringlichkeit gewann, als er merkte, dass ihm die meisten auch beim Krafttraining etwas vormachen konnten.

Dann fanden sich sekundenschnell Trainingspaare, die unter Spiros' Anleitung Ringergriffe übten. Bei einigen sah das ziemlich professionell aus. Er hatte sich eigentlich vorgenommen, den kleinen Phil nicht zu hart anzugehen, schließlich war der viel jünger als er. Er musste umdenken, als er sich unversehens in einem Würgegriff wiederfand, der Sternchen vor seinen Augen erscheinen ließ.

„Willst Du Dich gefälligst mal ein bisschen anstrengen," motzte der Grieche ihn an, „wehr Dich endlich," und boxte ihn in den Magen. Spiros ermahnte ihn:

„Wir sind noch beim Ringen, halt Dich mal zurück."

„Der hampelt hier rum wie ein alter Mann," erwiderte Phil. „Man muss ihn doch wecken, oder nicht?"

Spiros gab ihm recht. Aris versuchte, seinen Trainingspartner zu bändigen, aber Phil war flink und dachte überhaupt nicht daran, die engen Regeln des Ringens einzuhalten. Am Ende war Aris klatschnass und völlig außer Atem.

Der Mann von der Euböa erinnerte Martin an ihren aufgeschobenen Kampf. Der Nürnberger war froh, vor dem Match gegen seinen entthronten Vorgänger als Strandkönig noch mit einem starken Gegner trainieren zu können. Er bat Manos, ihn zu fragen, ob er mit der härteren Variante einverstanden sei. Die Antwort war ein gemein-schiefes Grinsen. Der Grieche konnte sich gut erinnern, was Martin meinte.

Er beschimpfte Martin, was dieser trotz seiner beschränkten Griechischkenntnisse sehr wohl verstand. Die Ladung Sand, die dann in seinem Gesicht landete, bildete den Auftakt einer wüsten Prügelei. Bernd vermutete, die beiden müssten noch eine sehr große Rechnung offen haben, denn sie setzten selbst die übelsten Tricks ein, die in den Hinterhöfen von Dortmund-Eving verpönt waren. Mit schnellen Strichen zeichnete er, was das Zeug hielt.

Schließlich fand sich Martin in einem Würgegriff, der ihm jegliche Luft nahm. Der Grieche forderte ihn auf, aufzugeben, aber Martins Plan war ein anderer. Er wollte Spiros in Sicherheit wiegen und weigerte sich standhaft. Seine Kräfte schwanden, er konnte kaum noch einen Arm anheben, aber er gab nicht auf. Da entließ ihn sein Gegner aus dem Griff, zerrte ihn hoch, donnerte ihm zwei Rechte an die Schläfe, und Martin fiel um.

Xenia holte ihn mit einem Becher Wasser zurück ins Leben und half ihm hoch. Etwas tapsig umarmte er seinen Partner freundschaftlich. Xenias Kuss war die Mühe wert, fand er.

Bernd flüsterte seinem Nachbarn zu:

„Man sollte vorsichtig sein, wenn man sich mit denen anlegt." Aris nickte. Er hatte es eben am eigenen Leib ziemlich schmerzhaft erfahren. Stück für Stück verstand er, wie es diese Kinder geschafft hatten, seinen Vater aufs Kreuz zu legen. Oder ein paar Straßenräuber in die Flucht zu schlagen. Oder einen Spion umzudrehen. Nicht nur, weil sie ziemlich clever waren und weil sie zuschlagen konnten, sondern weil sie danach zusammen lachen und singen und tanzen konnten.

Die richtigen Leute Band 2: Die Insel der SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt