38 Australia beautiful

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Sandy und Martin schimpften über ihren Auftrag: zu langweilig, zu heiß, zu viel Laufen. Und dann auch noch die blöden leeren Häuser am Kastell, da sollten sie Grundrisse ausmessen und zeichnen! Die Vorstellung für etwaige Mithörer klang überzeugend. Immer noch maulend begannen sie ihr Tagwerk, und in ihrer Tasche befand sich wertvolle Fracht. Ihre Schatten folgten ihnen.

Kurz nach Mittag empfing Tom Bernd im Versammlungsraum im Erdgeschoss. Er signalisierte ihm, dass sie Mithörer haben könnten, wobei ihm siedend heiß einfiel, dass sie in diesem Raum am ersten Tag noch ganz offen gesprochen hatten. Er fing ein freundliches Gespräch unter Landsleuten an, das sich um die Insel, das Wetter und schließlich Frauen drehte. Bernd übergab ihm zwei dicke Aktenordner mit den Plänen der Tunnel, dazu Zeichnungen der von den Deutschen genutzten Gänge, zwei moderne Sicherheitsschlüssel und einen dünnen Ordner mit technischen Zeichnungen, deren Beschriftung codiert war.

Er ging mit Bernd vor die Tür und schärfte ihm ein:

„Kleine Planänderung. Geh zu dem Mann mit dem Mr. Schneider-Schild. Sprich ihn auf Deutsch an. Da ist ein Junge in der Nähe, der dann weggeht. Folge ihm unauffällig. Man bringt Dich zu meinem Chef in seinem Haus am Meer. Da sehen wir uns einen Tag später wieder, wenn alles glatt läuft. Mach's gut."

Bernd ging, und Tom versteckte seine Beute unter der Kleidung in seiner Tasche. Er würde das Institut bis zu ihrer Abreise nicht mehr verlassen können. Alles andere würde an Sandy und Martin hängenbleiben. Um sich die Zeit zu vertreiben, suchte er den Besprechungsraum akribisch nach Mikrofonen ab, zum Glück vergeblich. Er schwor sich, nie wieder Gespräche in einem Zimmer zu führen, ohne es vorher genau zu untersuchen.

Die beiden anderen hatten sich gegen drei Uhr zu der fraglichen Ruine vorgearbeitet. In einer Ecke fanden sie, versteckt unter Geröll und einem toten Busch, eine eiserne Luke. Martin öffnete sie und kletterte hinein, Sandy schloss sie wieder, tarnte sie mit dem Busch und maß die Räume aus.

Martin stieg an Eisen, die in den Fels eingelassen waren, die Taschenlampe zwischen den Zähnen, etwa vier Meter nach unten. Die Luft war frisch und roch keineswegs modrig. Er zählte seine Schritte und multiplizierte sie mit 0,8. Er ging 30 Meter einen schmalen, etwa 2 m hohen Gang entlang. Um ihn herum war nackter Fels. Dann gab es eine Abzweigung nach rechts, die zur Hälfte mit Steinen zugeschüttet war, das war die richtige. Nach 80 Metern teilte sich der Gang, er nahm den linken. Wenig später versperrte ihm ein weiterer Geröllhaufen den Weg, über den er bäuchlings kriechen musste. Dann knickte der Gang nach rechts ab, und er stand vor einer Stahltür.

Er schloss auf und fand sich in einer Felsenkammer, in der zwei Kleiderstangen standen. Wie Papa Gabriel ihm aufgetragen hatte, versteckte er die Pässe im aufgetrennten Futter eines Wintermantels. In einer Ecke waren etliche Kartons mit Lebensmitteln aufgestapelt. Neugierig öffnete er einen und fand unter Tüten mit Reis zwei Pistolen. Er schloss die Tür sorgfältig ab und machte sich auf den Rückweg. Eine halbe Stunde war er in der Unterwelt, dann klopfte es unter dem Busch, und Sandy holte ihn zurück ans Tageslicht.

Sie richteten das Haus wieder so her, wie sie es vorgefunden hatten, und gingen zum nächsten auf ihrer Liste. Nachdem sie zwei weitere Ruinen kartiert hatten, stiegen sie den Burghügel hinunter. Auf der Straße wurden sie von zwei älteren Militärpolizisten erwartet, die sie höflich, aber bestimmt um ihre Pässe baten. Martin und Sandy waren ganz ruhig. Sie hatten ja nichts mehr zu verbergen. Einer der Beamten meinte:

„Australia, beautiful. Why here? So boring. Kollege says, boring, too."

Sandy antwortete ihm im selben Kauderwelsch:

„Yes, boring, but we need money." Er rieb die Finger der rechten Hand zusammen.

„Yes, Mr. Australia, we must all live. We must all money."

Die richtigen Leute Band 2: Die Insel der SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt