7 Nun ist wenigstens Ordnung

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Die deutschen Geschwisterpaare entwickelten auf dem Rückweg einen Plan. Im Hotel erzählten sie ihren Eltern von den Teilen des Tages, die man älteren Menschen zumuten konnte. Dann überraschten sie sie mit der Ankündigung, morgen müssten sie sich dringend noch mal am Strand ausruhen. Am folgenden Tag wollten sie dann Korinth besuchen.

„Bei den Leuten, die wir kennengelernt haben, sind ein paar Kunstgeschichtsstudenten aus Australien. Die führen uns durch die antike Festung," erklärte Heike.

Das fand ihr Vater wiederum so spannend, dass er spontan entschied, auch die Eltern sollten an dem Ausflug teilnehmen. Womit für Heike klar war, dass ein weiterer Plan vonnöten war. Sie hoffte, ihre neuen Freunde würden eine Idee haben, wie der Ausflug noch zu retten war.

Am nächsten Tag traf sich eine bunte Truppe am Strand: Eine Griechin mit Gitarre, ihrem Bruder, ihrem deutschen Freund und zwei Freundinnen, ein Engländer mit Sonnenbrand, vier Australier, einer davon mit einer Gitarre, die er mit einem dicken Strick auf dem Rücken trug, und zwei deutsche Geschwisterpaare. Sie ließen sich am Rand des weitläufigen Geländes nieder. Sophia und Sandy berieten, welche Stücke beide spielen konnten, und probten alles mögliche. Sandy wollte unbedingt das griechische Lied lernen, das Sophia in Salamis gesungen hatte. Sie zeigte ihm die Akkorde, und schon nach kurzer Zeit klappte das Zusammenspiel.

Heike schilderte den anderen ihr Problem. Schwarmintelligenz war gefragt. Inspiriert von Toms Erlebnis im vergangenen Jahr, als Nikos und er unwissentlich zwei Geheimpolizisten entwischt waren, wurde ein Zwei-Punkte-Plan ausgetüftelt. Die erste Gelegenheit, die alten Leute loszuwerden, würde sich laut Tom ergeben, wenn sie überraschend genug vor der Kanalbrücke den Bus verließen und zu Fuß weitergingen. Sollte das nicht klappen, weil die Eltern zu schnell reagierten, würden sie in der Stadt ihre Chance suchen, indem sie, statt mit dem Bus zu fahren, querfeldein zur Festung hinaufwandern würden.

„Wie hoch ist denn der Berg, auf dem die Festung liegt?" wollte Dave wissen. Tom schätzte, dass sie etwa 400 Höhenmeter überwinden müssten, vielleicht auch 500. Daraufhin schlug Dave vor, möglichst früh loszufahren, denn in der Mittagshitze sollte man einen solchen Aufstieg nicht angehen. Sophia pflichtete ihm bei, konnte sich einen kleinen Seitenhieb aber nicht verkneifen:

„Dein erster richtiger Berg, Englishman?"

„Höher als alles, was ich kenne," musste Dave zugeben. „Aber Klettern müssen wir ja wohl nicht, oder?"

Tom war ein bisschen betrübt, dass Sophia stundenlang mit Sandy und seinem Freund Manny übte. Nicht, dass er eifersüchtig gewesen wäre; dafür gab es keinen Anlass. Er fürchtete vielmehr, schon wieder die Gelegenheit zu verpassen, mal eine Stunde mit ihr allein zu verbringen. Schließlich gingen sie in einen nahe gelegenen Park, und die anderen verstanden, dass sie ruhig am Strand bleiben durften.

Die gepflegte Grünanlage war ziemlich enttäuschend: zu viele Menschen, viel zu hell, mehr als Händchenhalten war nicht drin. Sie hatten zwar jede Menge Gesprächsstoff, doch Reden war jetzt nicht das, was sie eigentlich wollten. Ein bisschen traurig schlenderten sie zu den anderen zurück und kauften auf dem Weg eine große Tüte Gebäck.

Am Strand herrschte fröhliches Treiben. Tom und Sophia schwammen weit hinaus, und auf einmal waren sie doch ganz allein. Vom Ufer aus waren nur ihre Köpfe zu sehen, die sich verdächtig nahe kamen. Was ihre Hände unter Wasser machten, blieb ihr Geheimnis. So eng zusammen waren sie lange nicht gewesen, und es war schön. Georgios sah es und überlegte, ob er nicht einschreiten sollte, beschloss aber, großzügig zu sein.

Später versammelte sich der Chor um die Musiker, die eine neue Version von „Cottonfields" erarbeitet hatten, mit dem die Beach Boys gerade in den Charts waren. Sie gipfelte in einem Mundharmonika-Solo von Manny, der auch ein Intro für „In the summertime" gebastelt hatte. Er leitete das Stück mit der Mundharmonika-Melodie aus dem Film „Spiel mir das Lied vom Tod" ein, was ihm Applaus bescherte.

Die richtigen Leute Band 2: Die Insel der SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt