Tom und Sophia verbrachten so etwas Ähnliches wie einen Urlaubstag. Sie schlenderten durch Athen, machten viele Pausen in Ruinen, Parks, sogar im Museum, und besuchten Christina in der Kanzlei, die sich über die Einladung zur Abschiedsparty auf Euböa freute.
Am Nachmittag gingen sie zum Busbahnhof. Panos war nicht schwer zu finden. Sie luden ihn auf einen Kaffee ein und hockten sich mit ihm an die Fassade eines Cafés, was der Besitzer mit einem grimmigen Blick quittierte. Tom bat Sophia, die von dem ganzen Plan noch nichts wusste, zu übersetzen. Er erklärte dem Mann, der zwei Jahre älter als Manos war, also 24, was sie sich ausgedacht hatten.
„Eure Freunde, Sandy und Manos, würden mich in ihrem Haus aufnehmen? So einen wie mich?"
„Wir würden vielleicht im Lager sitzen, wenn Du uns nicht geholfen hättest. Und damit hast Du unserer ganzen Gruppe geholfen. Wenn sie einen von uns kriegen, haben sie uns alle."
„Ihr müsst mir von Eurer Gruppe erzählen. Aber seht mal, ich kann doch in Agios Andreas keine Armbänder verkaufen. Ich müsste das schon hier tun, hier sind immer viele Leute."
„Ein Freund von uns, der auch in Agios Andreas wohnt, hat ein Taxi. Er kann Dich morgens mit nach Athen nehmen, und nach seiner Schicht holt er Dich wieder ab."
Panos blickte stumm vor sich hin. Das klang alles sehr verlockend, und gut gemeint war es sicher. Aber er hatte sich vorgenommen, niemals in seinem Leben anderen Menschen zur Last zu fallen, und genau das würde er dann tun.
„Wissen Eure Freunde, dass ich nicht mal allein auf die Toilette gehen kann?"
„Ja, sie wissen, was auf sie zukommt. Sie sind zu dritt in dem Haus. Sie würden Dir alle helfen."
„Bitte versteht mich nicht falsch. Ich freue mich unendlich über Euer Angebot. Aber ich brauche etwas Zeit zum Nachdenken."
Tom gab ihm Jannis' Telefonnummer.
„Ruf an, wenn Du Dich entschieden hast."
„Bitte grüßt Eure Freunde von mir. Sagt ihnen danke."
Als Sophia und Tom Hand in Hand zur U-Bahn gingen, sah sie ihn halb spöttisch, halb verliebt von der Seite an:
„Manchmal seid Ihr ja doch zu etwas zu gebrauchen."
Sie küsste ihn, und das in aller Öffentlichkeit.
Dave, Jürgen, Martin und Xenia besuchten noch einmal ihre Freunde auf Salamis und luden sie und ihre Familien auch schon einmal zur Abschiedsparty auf der Euböa ein. Nikos fuhr Bernd nach Athen, wo er zwei Sätze Passfotos anfertigen ließ. Dann kehrten sie nach Agios Andreas zurück.
Sandy und Manos suchten als Erstes den Kunsthändler auf. Sie legten die Verkaufspreise der kleineren Figuren fest. Schon diese Summe würde ihren Lebensunterhalt für mehrere Monate sichern, wenn sie denn verkauft würden. Dann baute Manos ein Schachspiel auf dem edlen Schreibtisch des Händlers auf. Der begutachtete die Götterfiguren eingehend mit seiner großen Lupe. Schließlich sagte er:
„Ich weiß nicht, wie viel dieses Schachbrett einbringen wird. Ich werde einige Leute anrufen, die an so etwas Interesse haben, und mir ihre Gebote anhören. Wie kann ich Euch in den nächsten Tagen telefonisch erreichen?"
Sandy gab auch ihm Jannis' Telefonnummer.
„Gut, ich rufe Euch an, wenn ich ein paar Gebote gesammelt habe, und wir besprechen, was wir machen. Damit Ihr eine Vorstellung habt, von wie viel Geld wir hier reden: unter zehntausend Dollar wird das nicht verkauft. Das ist ein Unikat, und die Figuren sind absolut sensationell. Große Kunst."
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Die richtigen Leute Band 2: Die Insel der Schreie
Teen FictionEin Jahr ist vergangen, seit Tom in Griechenland Menschen kennenlernte, die zugleich Opfer und Widerstandskämpfer der Militärdiktatur waren, seit er von der Geheimpolizei verhört und bedroht wurde, seit er neue Freunde fand und seit er Sophia ein Ve...